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Homo-freie ZonenSo krank grenzt Polen Schwule aus

Polen_CSD

Bei einem LGBT-Marsch für Gleichberechtigung am 10. August 2019 in Plock (Polen) kam es zu Spannungen zwischen Teilnehmern und Konservativen. 

von Julia Bauer  (jba)

Warschau – Es ist eine besorgniserregende Entwicklung, die Polen seit einigen Jahren zeigt. Neben dem Rechtsruck, der sich nicht nur in dem osteuropäischen Land vollzog, wird es auch für die LGBT-Community in Polen immer gefährlicher.

Im Süden und Osten des Landes bezeichnen sich mittlerweile hundert Gemeinden als „LGBT-Ideologie-freien“ Zonen (Stand: Juli 2020).

Atlas des Hasses

Fünf von 16 Regierungsbezirke in Polen haben ihr Gebiet zu „LGBT-freien Zonen” (hier rot markiert) erklärt. 

LGBT ist die Abkürzung für die englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual und Transexuell/Transgender (dt.: lesbisch, schwul, bisexuell und transsexuell/transgender). Oft wird das Kürzel auch mit „I“ für intersexuell und „Q” für queer erweitert: LGBTIQ.

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Hass auf Homosexuelle: Polen führt „LGBT-freie Zonen” ein

In „LGBT-freien Zonen” in Polen sind homo-, bi-, trans- und intersexuelle Menschen offenkundig nicht erwünscht. Die drei politischen Aktivisten Jakub Gawron, Paulina Pająk und Paweł Preneta haben die Bereiche in ihrem „Atlas des Hasses” grafisch dargestellt.

An vielen polnischen Orts- und Landkreisschildern liest man mittlerweile den Schriftzug „Strefa wolna od LGBT“, was übersetzt „LGBT-freie Zone“ heißt. Insgesamt bekennt sich damit fast ein Drittel des Landes offiziell zu seiner Homo- und Transphobie. Wenngleich die Zonen juristisch keine Bedeutung haben, ist die symbolische und politische Botschaft dahinter klar.

Plock_Polen_Ausschreitungen

Das hässliche Gesicht von Polen: Aggressive Demonstranten störten im August 2019 eine LGBT-Veranstaltung in Plock (Polen). Etwa tausend Menschen nahmen an der von LGBTQ-Aktivisten organisierten Veranstaltung teil, während Hunderte von Hooligans und Nationalisten versuchten, die Veranstaltung zu unterbrechen. Einige der Gegendemonstranten wurden von der Polizei verhaftet.

Die Aktivisten, die den „Atlas des Hasses” ins Leben gerufen haben, leben alle in „LGBT-freien Zonen”. Dem „Tagesspiegel” berichtet etwa Jakub Gawron, dass es in seiner Gegend täglich homophob motivierte Angriffe gebe.

Polnische Polizei bleibt bei homophoben Angriffen tatenlos

Polizei und Staatsanwaltschaft würden nichts gegen Täter unternehmen, da sie darin kein Problem sehen. Im entsprechenden Paragrafen zu Hassverbrechen werde die sexuelle Orientierung nicht thematisiert. Damit begründe die Polizei, nicht einzugreifen, so Gawron.

CSD_Warschau

Vertreter von LGBT-Organisationen (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle) und ihre Unterstützer nehmen 2019 an der friedlichen „Equality Parade” in der Warschauer Innenstadt teil. Zum ersten Mal hatte der Warschauer Stadtpräsident Trzaskowski die Schirmherrschaft der Parade übernommen.

Die Einführung „LGBT-freier Zonen” in Polen sorgt auch international für Diskussionen und Aufruhr. Erst Anfang Februar 2020 hatte die EU-Gleichstellungskommissarin Helena Dalli gewarnt: „Es darf keine LGBTI-freien Zonen geben.” Damit übte sie direkte Kritik an der polnischen Regierung. Solche Zonen könnten schnell auch zu körperlicher Gewalt gegen Minderheiten führen. Traurige Realität: Damit sollte sie Recht behalten.

Die EU-Kommission werde laut Dalli auch nicht dabei zusehen, wenn Sticker gegen queere Menschen verteilt würden, wie das Portal „queer.de” berichtete. Die EU könne dies nicht zulassen.

Polen: Magazin verteilte LGBT-feindliche Aufkleber

Hintergrund: Im Sommer 2019 hatte das regierungsnahe rechtskonservative Politik-Magazin „Gazeta Polska” in sozialen Netzwerken angekündigt, seiner nächsten Ausgabe Aufkleber mit durchgestrichener Regenbogenflagge und dem Aufdruck „LGBT-freie Zone” beizulegen.

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Am Ende gab es tatsächlich Sticker, wenn auch mit leicht abgeändertem Text: „LGBT-Ideologie-freie Zone”. Ein Gericht stoppte Ende Juli 2019 die Verbreitung der Aufkleber.

Auslöser für die Aktionen gegen LGBT-Rechte soll in Polen der liberale Bürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski, gewesen sein. Er habe laut „heise.de” Anfang 2019 eine Aufklärungskampagne zum Schutz sexueller Minderheiten vorgestellt.

Warschau_Buergermeister

Rafał Trzaskowski ist seit 2018 Stadtpräsident von Warschau. 

Polen: Regierungspartei schürt Hass gegen sexuelle Minderheiten

Dadurch hätten sich Konservative provoziert gefühlt. Die Regierungspartei PiS (dt.: „Recht und Gerechtigkeit”) schürt ohnehin Hass und homophobe Stimmung im Land. Partei-Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski warnt zum Beispiel vor einer angeblichen „Demoralisierung der Kinder“ – Homosexuelle würden eine „Bedrohung“ für das Land darstellen.

Vor allem die katholische und erzkonservative Stiftung „Ordo Iuris“ macht bei den lokalen Regierungen Stimmung gegen Schwule und Lesben. Deren Initiative nennt sich „Stoppt die Pädophilie“ – und setzt damit Homosexualität mit Pädophilie gleich.

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Seit der Initiative habe die Aggression gegen Mitglieder der LGBT-Community „deutlich zugenommen”, sagte etwa Magdalena Swider von der polnischen „Kampagne gegen Homophobie“ gegenüber „heise.de”.

„Atlas des Hasses”: Katholische Stiftung will Aktivisten verklagen

In Polen stehen die Aktivisten und „Atlas des Hasses”-Initiatoren zunehmend unter Beschuss.

Die Stiftung „Ordo iuris“ soll laut Jakub Gawron eine Klage gegen die Aktivisten auf den Weg bringen. Zehn Kommunen wollen damit erreichen, dass sie wieder von der „Hass-Karte” verschwinden.

Polen_Ministerpraesident

Mateusz Morawiecki (PiS) ist seit dem 11. Dezember 2017 Ministerpräsident der Republik Polen.

Attacken auf Lesben und Schwule in Europa nehmen zu

Für Polen verweist das Auswärtige Amt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen für LGBT-Menschen auf die „International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association” (ILGA).

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Der jährliche ILGA-Report kommt zum Schluss: Nicht nur in Polen, in ganz Europa haben physische Attacken auf Menschen aus der LGBT-Community „stark zugenommen”.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung dürften jedoch vor allem in Polen die Ressentiments gegenüber Schwulen und Lesben deutlich zu spüren sein. Das Wissen, dass selbst die Polizei bei homophoben Angriffen oft tatenlos bleibt, sorgt bei Menschen aus der LGBT-Gemeinschaft für berechtigte Beunruhigung und Angst. (jba/dpa)