„Unbegründet und nicht fair“Bonns neuer Stadtdechant über Kritik an seiner Ernennung
Bonn – Am 1. März tritt Pfarrer Dr. Wolfgang Picken sein neues Amt als Bonner Stadtdechant und Münsterpfarrer an. Die Reaktionen auf seine Ernennung durch Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki sind unterschiedlich (hier mehr dazu lesen). EXPRESS sprach mit dem Geistlichen.
EXPRESS: Wie empfinden Sie selbst die Reaktionen auf ihre Ernennung, ob im Positiven wie im Negativen?
Picken: Es erreichen mich zahlreiche Briefe und Mails mit Gratulationen und guten Wünschen. Nicht wenige sprechen mich unterwegs an. Ich habe den Eindruck, dass sich viele freuen und große Bereitschaft zeigen, mit mir gemeinsam etwas für die Kirche und die Stadtgesellschaft zu bewegen. Diese Rückmeldungen motivieren mich sehr. Dass es auch kritische Stimmen gibt, finde ich normal. Ich würde mich freuen, wenn diese sich konstruktiv an den zukünftigen Entwicklungen beteiligen. Das kann das Miteinander nur bereichern.
Wie gehen Sie vor allem mit denen um, die Ihre Ernennung scharf kritisieren? Lässt Sie das kalt oder werden Sie auch das Gespräch suchen?
Wenn ich es richtig sehe, sind es im Wesentlichen drei Personen. Zwei von ihnen bin ich meines Wissens noch nie begegnet. Ich finde ihre Kritik unbegründet und nicht fair. Aber ich bleibe zum Dialog bereit. Schließlich geht es mir als Seelsorger um die Menschen.
Haben Sie schon erste Gespräche mit Mitarbeiten des Dekanats geführt? Es geht ja auch darum, Stellen wieder neu zu besetzen.
Ich habe Gespräche mit der Vorsitzenden des Katholikenrates und den meisten leitenden Pfarrern geführt. Die anderen folgen. Es stehen Begegnungen an mit Haupt- und Ehrenamtlichen am Bonner Münster und dem Stadtdekanat, sowie in der Ökumene. Mir geht es zuerst darum, zuzuhören und einen ersten Überblick zu gewinnen. Ich bin schon jetzt von der kirchlichen Lebendigkeit und Vielfalt und dem persönlichen Engagement vieler beeindruckt.
Entscheidungen stehen keine an, zumal der Dienstbeginn erst im März ist. Mein Hauptaugenmerk liegt aber darauf, den Abschied in Bad Godesberg, dem größten Seelsorgebereich im Erzbistum Köln, vorzubereiten. Mein Superteam soll dort gut weitermachen können, bis ein neuer Pfarrer kommt.
Viele glauben, dass der Finanzskandal ums Bonner Münster und der Rücktritt des Stadtdechanten Monsignore Wilfried Schumacher im Mai vergangenen Jahres zu einer Krise der Kirche in Bonn geführt haben. Sehen Sie das ähnlich – und wenn ja, welche Möglichkeiten sehen Sie, Vertrauen allgemein zurückzugewinnen?
Jeder Skandal schadet. Ich hoffe deshalb, dass der um Pfarrer Schumacher bald einen möglichst versöhnlichen Abschluss findet. Man muss erwarten dürfen, dass die Kirche korrekt mit Geld umgeht. Entsprechend braucht es zukünftig nicht nur einen verantwortlichen Umgang mit Finanzmitteln, sondern auch Transparenz und unabhängige Kontrolle.
Nur wenn Kirche so handelt, wird sie mit der Zeit Vertrauen zurückgewinnen können.
Die Aufarbeitung des Finanzskandals obliegt dem Bistum. Doch Fakt ist, dass die Kassen leer sind. Für die Bürgerstiftung Rheinviertel haben sie über Jahre erfolgreich die Werbetrommel gerührt. Können Sie sich vorstellen, dass solche „Promi-Maßnahmen“ auch für das Bonner Münster denkbar wären?
Der Charme der Bürgerstiftung Rheinviertel war es, dass sich sehr viele Bürger, nicht nur Promis, für das eingesetzt haben, was sozial bedeutsam und für ein lebendiges Gemeindeleben wichtig war.
Überall wird es zukünftig nötig sein, also nicht nur am Bonner Münster, Menschen für die gemeinsame Sache in Gesellschaft und Kirche zu gewinnen. Also werde ich mich bemühen, Menschen für ein Mitmachen zu begeistern. Wie genau, das werde ich mit denen gemeinsam überlegen, die sich dort bereits engagieren.