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Flut in Erftstadt und AhrweilerDas sind die Folgen für die Psyche

Mit Schlamm verschmierte Helfer und Helferinnen gehen durch Altenahr nach Hause.

Helferinnen und Helfer gehen mit schlammverschmierter Kleidung durch Altenahr nach Hause. Auch sie stehen unter den Eindrücken der furchtbaren Flutkatastrophe.

Flut in Ahrweiler und Erftstadt: Zerstörungen durch das Hochwasser in NRW und dem Ahrtal (Rheinland-Pfalz) sind furchtbar. Es sind nicht nur Gebäude zerstört, auch für die Psyche der Betroffenen und der Helfer ist die Situation schwer verkraftbar.

von Stefanie Monien  (smo)

Köln. Die Flutkatastrophe in NRW sowie dem Ahrtal und die verheerenden Folgen: Immer noch ist das Geschehene für viele nicht zu begreifen. An vielen Orten sind die Aufräumarbeiten bereits in vollem Gange: Häuser werden ausgeräumt, Straßen von Schutt freigemacht.

Doch die Flutkatastrophe hat nicht nur sichtbar große Schäden angerichtet, sondern auch in den Seelen der Menschen, die betroffen sind. Die ihr Hab und Gut – womöglich liebe Menschen – verloren haben. Und auch an den vielen selbstlosen Helfern gehen die Eindrücke vor Ort nicht spurlos vorbei. Was macht die Katastrophe mit den Opfern? Wie sieht die so dringend benötigte Hilfe für die Seele in diesen Zeiten aus? EXPRESS hat den Diplom-Psychologen Michael Thiel um eine Einordnung gebeten.

Flutkatastrophe löst starke Lebensangst aus

„Das Leben der betroffenen Menschen ist von einem Moment auf den anderen unsicher geworden. Das Unglück kam so plötzlich, es hat Psyche und Körper in einen Angst- und Stresszustand versetzt – man spricht auch von Lebensangst“, erklärt Michael Thiel. Selbst wenn man mit dem Leben davongekommen sei, sitze diese Angst noch lange im Nervensystem fest. Viele Betroffene hätten womöglich ein Trauma erlitten.

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Es gebe, so Thiel, in einer Krise Notfallreaktionen von Körper und Seele. Die zeigten sich beispielsweise durch diese Faktoren:

  1. Depersonalisierung: das Leben fühlt sich nicht echt an, der Alltag wird wie durch Watte wahrgenommen
  2. schlechter Schlaf
  3. Alpträume (von Wassermassen, vom Wegrennen)
  4. Im Alltag starke innere Unruhe und Angst
  5. Gefühlstaubheit: man lacht nicht mehr, hat kaum noch Gefühle

Es gebe, so Michael Thiel, Menschen, die ein Trauma ohne Hilfe überwinden könnten. „Stellt man nach einiger Zeit, nach rund drei Wochen, fest, dass man nicht zur Ruhe kommt, die schlimmen Ereignisse immer wieder hochkommen, sollte man sich professionelle Hilfe suchen.

Psychologische Hilfe für Betroffene der Flutkatastrophe

Als Sofortmaßnahme hatte der Berufsverband Deutscher Psychologen eine Krisenhotline für Betroffene eingerichtet. Kurz nach der Flutkatastrophe hatte das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) 100 Therapieplätze für die Akutbehandlung zur Verfügung gestellt und richtete ehrenamtlich Telefonsprechstunden eingerichtet.

Flutkatastrophe in Deutschland: Psychologe sagt, wie jeder in der Krise helfen kann

Was aber kann „im Kleinen“ für die Psyche von Betroffenen und auch Helfern, die unter dem Eindruck der Katastrophe stehen, getan werden? „Reden“, sagt Michael Thiel, „einfach reden. Wer Sorgen teilt, wer über seine Ängste spricht, nimmt ihnen viel von ihrem Schrecken.“ Zudem sei es auch aus psychischer Sicht gut, anzupacken, etwas zu tun. „Wenn ich aktiv werden kann, ist das gesund für die Seele.“

Der aus dem TV bekannte Psychologe Michael Thiel hat für den EXPRESS die seelischen Folgen der Flutkatastrophe eingeordnet.

Diplom-Psychologe Michael Thiel hat die psychischen Auswirkungen der Flutkatastrophe auf Betroffene und Helfer eingeordnet.

Thiel rät, auch wenn das in der gegenwärtigen Situation hart und unmöglich erscheinen mag, auf sich zu achten: „Trotz allen Elends, trotz aller schlimmen Sorgen um Gesundheit und Existenz: Sowohl Betroffene als auch Helfer sollten einmal am Tag wenigstens ganz kurz abschalten. Die Lieblingsmusik hören, mit anderen sprechen – und durchaus auch mal gemeinsam lachen. Und auf ausreichend Schlaf und Essen achten, damit Körper und Seele nicht schlapp machen!“

Zusammenhalt in der Krise ist wichtig für die Seele

Und eines, so Michael Thiel, gibt der Seele derzeit in vielen Fällen Auftrieb: Zu sehen, wie überwältigend Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft sind. Heldenhaft sei es, um Hilfe zu bitten und sie anzunehmen. Und nicht zu glauben, alles alleine bewältigen zu können. Vor allem nicht psychisch. (smo)