Nach Pleite des Drogeriemarkt-ImperiumsWas macht eigentlich Anton Schlecker?
Ehingen (Donau) – In seinen Glanzzeiten herrschte er über ein Imperium von europaweit 15.000 Filialen mit rund 50.000 Mitarbeitern – davon rund die Hälfte in Deutschland.
Drogeriemarkt-König Anton Schlecker, der 2011 laut „Manager Magazin“ mit seinem Milliardenvermögen auf der Liste der 500 reichsten Deutschen Platz 56 belegte.
2012 kam es dann zum große Knall – eine der größten Pleiten der deutschen Wirtschaftsgeschichte – und ein echter Krimi.
Zehntausende Schlecker-Mitarbeiter verloren ihre Jobs
Schlecker, der am 28. Oktober 75 Jahre alt wird, meldete im Januar 2012 Insolvenz an. Alle Rettungsversuche waren fehlgeschlagen.
Das Aus für Europas größte Drogeriemarktkette. Zehntausende Frauen verloren ihren Arbeitsplatz.
Anton Schlecker: Vom Metzger zum Milliadär
Der kometenhafte Aufstieg Anton Schleckers vom Metzgermeister aus dem baden-württembergischen Ehingen zum Milliardär beginnt 1974, als die Preisbindung im Einzelhandel fällt.
Schlecker legt das Fleischermesser weg und spezialisiert sich auf günstige Drogerieartikel in großem Stil. 1975 eröffnet er seine erste Filiale in Kirchheim/Teck. Zwei Jahre später hat er schon mehr als 100 Geschäfte – und so geht es Schlag auf Schlag weiter.
Seine Läden mit dem blau-weißen Logo sind bald an jeder Ecke zu finden. Die meisten Deutschen kennen die Marke. Der Erfolg basiert auf einem neuem Geschäftsmodell: spartanisch eingerichtete Läden, wenig Personal, unschlagbare Discounterpreise – und eine riesige Marktmacht. Eine Art „Drogerie-Aldi“, bei dem nur einer das Sagen hatte: Anton Schlecker.
Anton Schlecker hörte nur auf eine – seine Frau
Das Cleverle aus dem Ländle achtet auf jeden Cent und entscheidet alles alleine. Wenn Schlecker überhaupt auf jemanden hört, dann auf seine Frau Christa, die manche als resolut, andere abfällig als „Drachen“ beschreiben.
Schlecker selbst bleibt ein Phantom. Nur wenige kennen ihn. Spätestens seit der Entführung der Kinder Meike (damals 14) und Lars (damals 16) im Dezember 1987 meiden die Schleckers die Öffentlichkeit noch mehr als ohnehin schon.
Schlecker-Kinder wurden entführt – Vater verhandelte Lösegeld nach
Drei maskierte Männer hatten die Kinder vor der Villa im heimischen Ehingen gekidnappt. Auch in dieser Situation reagiert Schlecker wie ein knallharter Geschäftsmann. Die geforderten 18 Millionen Mark Lösegeld handelte er herunter – auf 9,6 Millionen Mark.
Nach der Übergabe des Geldes können sich die unversehrten Kinder selbst befreien. Die Gangster werden Jahre später geschnappt – und 1999 zu langen Haftstrafen verurteilt.
dm und Rossmann erobern den Markt
Vorbei mit Schleckers Erfolgssträhne ist es aber ab 2003. Viele Filialen schreiben erstmals rote Zahlen – unter anderem, weil Konkurrenten wie dm und Rossmann mit modernen Konzepten immer mehr Marktanteile erobern.
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Warnungen ignoriert der Schlecker-Boss. Er ist beratungsresistent. Er will die alleinige Kontrolle behalten, auch als seine Kinder in der Firma anheuern. So geht es noch ein paar Jahre weiter. Finanzlöcher werden notdürftig gestopft – auch mit Millionen aus dem Privatvermögen.
Anton Schlecker haftet mit seinem Privatvermögen
Doch all das nutzt nichts. Spätestens als die Lieferanten keine Zahlungsaufschübe mehr gewähren und sich die Regale leeren, ist Schluss. Der Gang zum Insolvenzrichter im Januar 2012 ist nicht mehr zu vermeiden.
Schlecker haftet persönlich mit allem, was er besitzt – weil er seine Firma wie ein Unternehmer vom alten Schlag in Form eines eingetragenen Kaufmanns geführt hatte.
Alle deutschen Filialen machen schrittweise dicht, noch vorhandene Ware wird verramscht. Die Schlecker-Frauen stehen auf der Straße – vor einer ungewissen Zukunft.
Anklage wirft Schlecker-Kindern Untreue vor
Doch das ist noch nicht der Schlusspunkt. Ab März 2017 müssen sich Anton, Christa, Lars und Meike Schlecker vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Die Anklage wirft Anton vorsätzlichen Bankrott vor, seinen Kindern Untreue, Insolvenzverschleppung und Beihilfe zum Bankrott.
Schlecker, so der Vorwurf, habe Millionen kurz vor der Pleite beiseite geschafft. Dabei ging es u. a. um Geschenke in Höhe von je 200.000 Euro an seine vier Enkel.
Meike und Lars Schlecker müssen ins Gefängnis
Anton Schlecker bekommt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldstrafe in Höhe von 54.000 Euro. Als das Urteil verkündet wird, gibt es Buhrufe. Seine Tochter Meike (45) soll für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis; Sohn Lars (47) noch einen Monat länger – beide ohne Bewährung.
Ihre Revision hat der BGH zurückgewiesen, reduzierte die Strafe aber um einen bzw. zwei Monate. Auch Lars und Meike hatten noch kurz vor der Insolvenz Millionen aus der Firmenkasse abgezogen. Geld, das die Familie zwar an den Insolvenzverwalter zurücküberwiesen hat, doch das ersparte ihnen die Haftstrafe nicht.
Ihre Strafen verbüßen sie inzwischen in Berlin – im offenen Vollzug. Das Verfahren gegen Christa Schlecker wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Was macht Anton Schlecker heute?
Der offiziell als mittellos geltende Ex-Drogeriemarkt-König wohnt noch immer herrschaftlich – abgeschottet wie eh und je in der von einer hohen Mauer umgebenen Familienvilla in Ehingen, die er 2008 seiner Frau überschrieben hatte.
Das Anwesen war damit raus aus der Insolvenzmasse. Sie hatten Gütertrennung vereinbart. Insider vermuten, dass die Familie noch über Millionen verfügt – außer Schlecker selbst natürlich.
Er soll, so heißt es, den Untergang seines Imperiums nie verwunden haben. Das Mitleid darüber dürfte sich bei den Frauen, die ihren Schlecker-Job verloren haben, in Grenzen halten.