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Hochwasser-Lage in SüddeutschlandVon Unwetter überrascht: Frau harrt zweieinhalb Tage auf Baumkrone aus

Der Regen hat nachgelassen. Doch die Schäden der Überschwemmungen in Süddeutschland werden immer sichtbarer. Das fünfte Todesopfer des Hochwassers ist bekannt geworden. Und besonders an der Donau steht das Wasser noch hoch.

Die Hochwasser-Lage ist in Teilen Bayerns weiter kritisch. Besonders stark betroffen sind Gebiete an der Donau. An mehreren Pegeln entlang des Flusses werden am Dienstag (4. Juni 2024) die Scheitel erwartet, also die höchsten Wasserstände des Hochwassers. In Baden-Württemberg entspannt sich die Hochwasserlage dagegen deutlich. Doch die Folgen des verheerenden Hochwassers werden immer stärker sichtbar.

Im Unterallgäu wurde eine Frau tot aus ihrem Auto geborgen. Sie war laut Polizeiangaben am Montag in Markt Rettenbach mit ihrem Wagen von einer Straße ins Wasser gerutscht. Damit stieg die Zahl der bekannten Todesopfer infolge des Hochwassers in Bayern und Baden-Württemberg auf fünf.

Hochwasser in Schwaben: Frau rettet sich zweieinhalb Tage auf Baumkrone

In Schwaben hat sich eine Frau rund zweieinhalb Tage lang in der Krone eines Baums vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht und so überlebt. Die 32-Jährige wurde schließlich am Dienstagmittag mittels einer Suchdrohne entdeckt und dann gerettet, wie die Polizei berichtete. Sie war seit der Nacht zum Sonntag im überfluteten Silberwald bei Neu-Ulm vermisst worden. Die Frau sei weitgehend unverletzt, teilten die Einsatzkräfte mit. Die geschwächte und dehydrierte 32-Jährige wurde in ein Krankenhaus gebracht.

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Sie war in der Nacht von Samstag auf Sonntag in dem Wald unterwegs gewesen, als das Wasser immer weiter stieg. Gegen Mitternacht habe sie noch selbst mit dem Handy in der Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst anrufen können, sagte Polizeisprecher Holger Stabik. Zudem habe ein Bekannter von ihr Vermisstenanzeige bei der Polizei erstattet.

Danach war die Frau über ihr Mobiltelefon nicht mehr erreichbar, möglicherweise wegen eines leeren Akkus. Die Helferinnen und Helfer begannen mit den Suchmaßnahmen. Nach dem Notruf hatte sich die Frau in die Krone eines umgestürzten Baumes retten können. In der Baumkrone harrte sie dann Tag und Nacht rund zwei Meter über dem Wasser aus. Als die Einsatzkräfte sie schließlich fanden, stand die Flut noch immer etwa brusthoch unter dem Baum.

Vorerst keine Unwetter mehr erwartet

An der Donau sollen die Wasserstände am Dienstag zwar die höchsten Werte des aktuellen Hochwassers erreichen, aber unter früheren Werten bleiben, wie der Hochwassernachrichtendienst am Morgen mitteilte. Zwischen Kelheim und Passau sollen die Pegelstände bis einschließlich Mittwoch oberhalb der Meldestufe 4 liegen. Städte und Landkreise stemmen sich dort seit Tagen mit Schutzmaßnahmen gegen das Hochwasser.

Zusätzliches Wasser von oben soll es nicht oder nur kaum geben: Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) werden am Dienstag keine unwetterartigen Niederschläge mehr erwartet. Lediglich an den Alpen bestehe gegen Nachmittag und Abend ein geringes Risiko für Gewitter mit Starkregen um 15 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit.

An den Donauzuflüssen ging das Hochwasser am Morgen zurück. Im Bereich Isar und Inn hätten jedoch die Starkregenfälle vom Montag zu kurzzeitig starken Anstiegen der Pegelstände geführt. Tausende Helfer sind weiter im Einsatz. An zahlreichen Schulen in Bayern fiel auch am Dienstag der Präsenzunterricht aus.

In Oberbayern rutschten Teile der Burg Falkenstein angesichts des Dauerregens ab. Unterhalb der Burg seien 50 Anwohnerinnen und Anwohner in Sicherheit gebracht worden, teilte der Landkreis Rosenheim mit. Die Burgruine unweit der Autobahn an der Grenze zu Österreich gilt als Wanderziel, die Hauptburg wurde um 1300 erbaut. Wie groß das Ausmaß der Schäden an der Ruine ist, war zunächst nicht bekannt.

Im Landkreis Rosenheim ist die Hochwasser-Lage weiter angespannt. Bürgerinnen und Bürger sollten möglichst zu Hause bleiben. „Es besteht eine akute Gefahr für Leib und Leben“, hieß es in einer Mitteilung der Behörde am Montagabend: Die Menschen sollten den Aufenthalt im Freien vermeiden, sich von offenen Gewässern fernhalten und die Rettungskräfte nicht bei ihrer Arbeit behindern.

Straßen mit Schlamm bedeckt, Autos mitgerissen

Auch in Baden-Württemberg fallen die Wasserstände an den meisten Gewässern der Hochwasservorhersagezentrale zufolge wieder. „Lediglich an der baden-württembergischen Donau ab dem Pegel Berg flussabwärts, am Bodensee und am Oberrhein flussabwärts von Kehl sind noch steigende Tendenzen zu verzeichnen“, hieß es am Dienstagmorgen.

Unter anderem der Rems-Murr-Kreis war besonders betroffen. Dort seien in der Gemeinde Rudersberg die Aufräumaktionen in vollem Gange, hieß es am Dienstag aus dem Rathaus der Stadt. Durch den Starkregen waren die Straßen mit Schlammmassen und weggespültem Hausrat bedeckt worden, auch Autos waren von Wassermassen mitgerissen worden.

Nach Einschätzung von Landesinnenminister Thomas Strobl ist die teils dramatische Lage nach den Überflutungen im Griff. „Wir sind im Bevölkerungsschutz in Baden-Württemberg gut aufgestellt“, hatte der CDU-Politiker am Montagabend in Ebersbach an der Fils südöstlich von Stuttgart mitgeteilt. Wassermassen hatten in der Kommune im Kreis Göppingen Straßen überflutet. Zahlreiche Gebäude waren evakuiert worden.

Züge fallen weiter aus, Schülerinnen und Schüler bleiben daheim

Bahnreisende müssen sich wegen der Lage weiter auf Einschränkungen und Zugausfällen einstellen. Züge konnten unter anderem München aus Richtung Stuttgart nicht anfahren, wie die Deutsche Bahn mitteilte. „Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab und empfehlen, nicht notwendige Reisen zu verschieben“, teilte die Bahn mit.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte den von den Fluten betroffenen Menschen in Süddeutschland verlässliche Unterstützung zu. „In den Hochwassergebieten steht jetzt nur eins im Vordergrund, Leib und Leben zu retten. Das ist der Imperativ der Stunde. Den Menschen in den Überschwemmungsgebieten muss aber auch beim Wiederaufbau geholfen werden“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

Dass die Überschwemmung weiter Landstriche häufiger als in der Vergangenheit aufträte, sei eine Folge der Erderwärmung. „Zurückdrehen können wir sie nicht, aber ich glaube, dass die fürchterlichen Ereignisse dieser Tage die Debatte darüber anregen werden, wie ernst wir den Klimaschutz nehmen“, sagte Habeck.

Verbände forderten unterdessen mehr Investitionen in den Hochwasserschutz. Der Deutsche Städtetag rief Bund und Länder zu höheren Ausgaben für den Hochwasserschutz auf. „Hochwasser, wie derzeit in Bayern und Baden-Württemberg, kommen in immer schnellerem Takt. Deutschland muss sich besser darauf vorbereiten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Einsatzkräfte bräuchten dafür die bestmögliche Ausstattung und Infrastruktur. „Bund und Länder müssen deshalb die Mittel für den Hochwasser- und Katastrophenschutz wieder deutlich ausbauen – und zwar dauerhaft und nicht ad hoc über Sonderprogramme.“ Er wies auf die wachsenden Ausgaben der Städte und Gemeinden für Maßnahmen wie Dammbau, Begrünung und Bewässerung hin, die durch die Erderwärmung nötig würden.

Die Präsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ mit Blick auf nötige Investitionen: „Wir liegen mit rund 400 Millionen Euro für das laufende Jahr noch ein Stück über dem Niveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, umgerechnet sind das etwa vier Euro pro Bundesbürger und Jahr, also nicht wirklich viel. Innenministerin Nancy Faeser sagt ja selbst, dass es erheblicher Investitionen bedürfe. Insofern ist die Politik in der Pflicht.“

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Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte: „Das aktuelle Hochwasser zeigt ebenso wie das Hochwasser zur Jahreswende, von dem vor allem Niedersachsen und Sachsen-Anhalt betroffen war, dass der Katastrophenschutz in Deutschland prinzipiell gut aufgestellt ist.“ Beeindruckend sei „insbesondere die Zahl der vielfach ehrenamtlichen Helfer, die in kurzer Zeit aktiviert werden konnten“.

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Gleichzeitig forderte auch er mehr Geld. „Die aktuellen Geschehnisse im Süden stehen aber auch dafür, dass sich Deutschland noch besser als bislang auf extreme Wetterereignisse vorbereiten muss. Erforderlich ist insoweit insbesondere eine bessere Finanzausstattung.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte am Montag bereits ein neues Gesetz zum besseren Schutz vor Hochwasser in Deutschland angekündigt. „Es wird immer deutlicher, dass wir uns gegen die Folgen der Klimakrise besser schützen müssen“, teilte die Ministerin mit. „Dafür brauchen wir auch ein neues Hochwasserschutzgesetz.“ (dpa)