Viel Reue ist bei ihm nicht herauszuhören: Ein Influencer hat in Berlin-Neukölln eine Silvesterrakete in ein geöffnetes Fenster geschossen und das Ganze auf TikTok veröffentlicht. Er hat sich anschließend selbst zu Wort gemeldet. Mittlerweile sitzt er in U-Haft.
„Denken die, ich bin ein Flüchtling?“Influencer schießt Rakete in Kinderzimmer und spottet über Deutschland – jetzt sitzt er in U-Haft
Das Video ist nur ein paar Sekunden lang: Der Influencer Atallah Younes (24) steht vor einem mehrstöckigen Wohnhaus in Berlin, trägt eine weiße Daunenjacke und eine Pelzmütze. In seiner Hand hält er eine Silvesterrakete.
Er zündet die Rakete für das „new year“, das neue Jahr, wie er auf Englisch sagt, an. „Pass auf, dass die Rakete sich nicht dreht“, warnt ihn noch eine Männerstimme. Younes zielt mit der Rakete auf das Haus, der Feuerwerkskörper fliegt aus seiner Hand in ein offenes Fenster und explodiert. Ein heller Lichtschein ist zu sehen. Im Video sieht man, wie Younes wegrennt.
Polizei ermittelt gegen den TikTok-Influencer – er sitzt in U-Haft
Später wird bekannt: Die Rakete ist ein Kinderzimmer geflogen, nur durch Glück wurde niemand verletzt.
Die Folge: Die Berliner Polizei ermittelt gegen den 24-Jährigen – wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung. Der Influencer ist am Flughafen BER an seiner Ausreise gehindert worden und wurde am Samstag (4. Januar) festgenommen.
Gegen den 23-Jährigen wurde am Sonntag (5. Januar) ein Haftbefehl erlassen. Er kommt in U-Haft. Das sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Petzold, der Deutschen Presse-Agentur.
Atallah Younes, der nach eigenen Angaben aus dem Westjordanland kommt und als Tourist nach Deutschland kam, hat das Video auf TikTok bereits gelöscht und erklärte anschließend, dass er sich bei dem betroffenen Anwohner in der Wohnung entschuldigt habe. Doch er zeigt wenig Verständnis für die Ermittlungen gegen ihn – und spottet über deutsche Behörden.
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Gegenüber der „Zeit“ erklärt Younes, dass es ein Fehler gewesen sei, was er gemacht hat. Das Ganze sollte ein Spaß für seine Follower sein – als Influencer postet er vor allem Comedy.
„Was will die Polizei denn von mir? Denken die, ich bin ein Flüchtling?“
Zwei Wochen lang sei er in Deutschland, um in Berlin und München Beiträge zu produzieren. Er habe viele Freunde im Land, viele von ihnen Palästinenser. Er kenne die deutschen Gepflogenheiten nicht, so Younes „Ich weiß auch nicht, wie eine Rakete funktioniert.“ Er habe sie in einem Laden gekauft, um Silvester auch mal zu erleben. Der Gefahr sei er sich nicht bewusst gewesen, sagt er. „Ich wollte niemanden absichtlich verletzen.“ Es tue ihm sehr leid.
Auch die heftigen Reaktionen in der Kommentarspalte habe er nicht kommen sehen, denn nach der Veröffentlichung des Videos habe er Hassnachrichten bekommen, sei er rassistisch beleidigt worden. „Ich war geschockt“, sagt er. „Das erste Mal erlebe ich Rassismus.“
Younes habe sich mit dem betroffenen Anwohner, einem kurdischen Libanesen, getroffen und ihn um Entschuldigung gebeten. Ein Video von dem Treffen hat er auf TikTok gepostet. „Wir haben das persönlich geklärt“, sagte er in der „Zeit“ über das Gespräch. „Von Araber zu Araber, von Angesicht zu Angesicht.“
Deshalb frage er sich nun, was „die Deutschen und die Behörden“ noch von ihm wollen. „Was will die Polizei denn von mir? Denken die, ich bin ein Flüchtling?“ Und weiter: „Ach, ya alman“ – Mann, ihr Deutschen. Dass er eine Straftat begangen haben könnte, scheint ihm noch nicht bewusst zu sein. Younes erklärt, er wolle den Vorfall schnell vergessen und Deutschland verlassen. Es sei sein vorerst letzter Besuch gewesen. Jetzt allerdings dauert sein Aufenthalt länger als geplant – in U-Haft.