Sechs Minuten – so viel Zeit hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), als sie beim US-Sender Fox News Rede und Antwort stand. Während ihr Besuch in den USA selbst kaum wahrgenommen wurde, sorgten ihre Aussagen in Deutschland für einige Fragezeichen.
„Sie scheint wirklich der Meinung zu sein“Baerbock sorgt mit Auftritt bei Trump-Sender Fox für Verwunderung
Irgendwo zwischen der Berichterstattung über Hunter Biden und die aktuelle Anklage gegen den Sohn des US-Präsidenten und einem Report über Außerirdische erscheint das Gesicht von Baerbock auf den Bildschirmen in den US-Wohnzimmern: Während ihrer US-Reise spricht sie in der Sendung „Special Report with Bret Baier“ über den Krieg in der Ukraine, spricht aber auch direkt die Befindlichkeiten der US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner an.
Der rechtskonservative Sender Fox News war lange Zeit der Haus- und Hofsender von Donald Trump, der derzeit versucht, erneut ins Weiße Haus zu gelangen. Dass Baerbock nicht etwa zum Beispiel zu CNN geht wie der Bundeskanzler, sondern zu Fox, hat einen ernsten Hintergrund. Gleichzeitig sorgten ihre Aussagen dort in Deutschland für einige Fragezeichen.
USA: Baerbock wirbt für Ukraine-Unterstützung
In Europa ist der Krieg in der Ukraine und die Unterstützung des Landes in ihrem Kampf gegen Putin und die russische Armee eines der wichtigsten Themen. In den USA hingegen ist die Ukraine-Unterstützung vor allen Dingen unter den Hardcore-Republikanerinnen und -Republikanern alles andere als populär.
Die Grand Old Party blickt zunehmend skeptisch auf den Support. Der Grund dafür ist Donald Trump, der dafür gesorgt hat, dass sich zwischen seinem, dem populistischen Teil der Partei, und den Gemäßigteren eine tiefe Kluft aufgetan hat. Trumps russlandfreundliche und NATO-skeptische Haltung ist bereits in vielen Teilen der Republikanischen Partei wiederzufinden, der Argwohn über die Unterstützung der aktuellen Regierung sitzt dort tief. Nicht nur Trump, auch sein Widersacher Ron DeSantis oder Vivek Ramaswamy, ebenfalls Teil der Trump-Basis, sprachen sich bereits gegen weitere Hilfen aus.
USA: Baerbock will bei Fox Stimmung erspüren
Steht Europa nach den Präsidentschaftswahlen also womöglich allein da? Es ging Baerbock wohl inmitten des US-Vorwahlkampfes auch darum, diese Stimmung unter den Republikanerinnen und Republikanern zu erspüren, ein Interview mit Fox könnte dabei helfen. In ihren sechs Minuten setzte sie sich sehr für die weitere Unterstützung der Ukraine ein, erklärte auch, warum das für die US-Interessen wichtig ist – eine Strategie, die in Deutschland bei einigen für Verwunderung sorgte.
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„Putin bekämpft auch Demokratien weltweit und deshalb müssen wir zusammenstehen“, erklärte die Grünen-Politikerin. Man sei stärker „als die brutale Aggression von Putin.“ Sie sprach über ihren Besuch in der Ukraine, über das Elend dort. „Kinder, die nicht mehr in die Schule gehen können, Kinder, die nach Russland deportiert wurden.“ Die Menschen wollten in einer „freien Welt“ leben.
Der Begriff „Freie Welt“ zeigt schon, dass Baerbock versucht, die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner an den Bildschirmen mitzunehmen: „Wenn Putin diesen Krieg gewinnt“, sagt sie weiter, „was für eine Botschaft wäre das für andere Diktatoren in der Welt – wie Xi, den chinesischen Präsidenten?“ China gilt als große Bedrohung für die USA, nicht nur für die Republikanische Partei.
USA: Kritik an Baerbock-Aussagen kommen aus Deutschland
In der Politik gehe es um Menschen, erklärte sie dem TV-Publikum. Menschen, die früh aufstehen, zwei Schichten arbeiten, abends die Kinder versorgen. „Und ich wollte die Vielfalt dieses wunderschönen Landes sehen.“ Sätze, die beim Fox-News-Guckenden gut ankommen dürften – in Deutschland hingegen für Verwunderung sorgten.
In den sozialen Medien wurden Ausschnitte aus dem Interview rege geteilt. Die Kritik von vielen Userinnen und Usern: Baerbock betreibe US-Wahlkampf, von einigen wird sie als „amerikanische Außenministerin“ bezeichnet. Sie äußerten Unverständnis darüber, dass sie ausgerechnet bei Fox News sprach.
„Grotesk: Baerbock gibt Fox-News ein Interview, in dem sie an die US-Republikaner appelliert, an Waffenlieferungen in die Ukraine festzuhalten. Sie scheint wirklich der Meinung zu sein, die US-Politik und den Vorwahlkampf beeinflussen zu können“, heißt es dort. „Ist Baerbock jetzt eigentlich deutsche Außenministerin oder die Assistentin des Präsidenten der Ukraine?“, fragt eine weitere Userin.
Dabei geht es Baerbock jedoch vor allem um eines: Zu verhindern, dass Europa und die Vereinigten Staaten nach Jahrzehnten des Konsenses verschiedene Wege einschlagen. Es geht ihr auch darum zu verhindern, dass die NATO angesichts eines längeren Krieges in der Ukraine nach der Präsidentschaftswahl bröckeln könnte.