Bundestagswahl 2025Merz siegt, Scholz am Boden: Was das Wahlergebnis jetzt für uns bedeutet

Linken-Chefin Ines Schwerdtner, Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek und Parteichef Jan van Aken jubeln bei der Wahlparty der Partei Die Linke.

Linken-Chefin Ines Schwerdtner (von links), Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek und Parteichef Jan van Aken jubeln bei der Wahlparty der Partei Die Linke.

Deutschland hat gewählt und es gibt einen klaren Sieger. Die Regierungsbildung könnte trotzdem schwierig werden. Aber die Zeit drängt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist krachend gescheitert und seinem Herausforderer Friedrich Merz (CDU/CSU) deutlich unterlegen.

Deutschland steht knapp vier Monate nach dem Bruch der Ampel-Koalition vor einem Regierungswechsel. Was die ersten Ergebnisse der Bundestagswahl bedeuten:

Wer ist der große Sieger?

Die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Merz an der Spitze hat zwar deutlich schwächer abgeschnitten als erhofft. Mit 28,5 bis 29 Prozent (Prognosen ARD/ZDF von 18.00 Uhr) sind CDU/CSU trotzdem die klaren Wahlsieger und haben den Auftrag zur Regierungsbildung.

Merz hat nun beste Chancen, der zehnte Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden - wenn bei der Regierungsbildung nichts schiefgeht.

Wer ist der klare Verlierer?

Kanzler Scholz hat das Wunder von 2021 nicht wiederholen können. Damals hat er im Wahlkampf etwa 15 Prozentpunkte Rückstand auf die Union aufgeholt und war mit einem knappen Vorsprung ins Ziel gekommen.

Diesmal sind die Sozialdemokraten im Umfragetief stecken geblieben. Mit 16,0 bis 16,5 Prozent stehen sie nun vor ihrem schlechtesten Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Bisher hielt Martin Schulz den Negativrekord, der 2017 auf 20,5 Prozent kam.

Wer wird dafür geradestehen?

In erster Linie Olaf Scholz als Kanzlerkandidat. Seine Tage als Regierungschef sind gezählt. In möglichen Koalitionsverhandlungen dürfte er keine maßgebliche Rolle mehr spielen. Wie groß die Erschütterungen in der SPD-Spitze sein werden, ist noch unklar.

Was ist mit den anderen Ampel-Parteien?

Die zerbrochene Ampel-Koalition hat vom Wähler die Quittung für drei Jahre Dauerstreit bekommen: 2021 kamen SPD, Grüne und FDP zusammen noch auf 52 Prozent, jetzt sind es 33,5 bis 34,4 Prozent. Die FDP lag 2021 noch bei 11,4 Prozent und kämpft nun mit der Fünf-Prozent-Hürde. Vergleichsweise glimpflich kommen da noch die Grünen davon: Sie fallen von 14,7 auf 12 bis 13,5 Prozent.

Wer hat sonst noch gewonnen?

Die AfD hat ihr Ergebnis von 10,4 Prozent auf 19,5 bis 20 Prozent etwa verdoppelt. Noch nie war eine vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextremistisch eingeschätzte Partei so stark im Bundestag vertreten. Koalieren will aber weiter niemand mit ihr. Auch Wahlsieger Merz, der zuletzt mit Hilfe der AfD einen Migrationsbeschluss im Bundestag erreichte, ist um Eindeutigkeit bemüht. Seine Absage sei „endgültig“, bekräftigte er schon vor der Wahl.

Was ändert sich durch das Ergebnis der AfD?

Die AfD ist bei der Wahl zur zweitstärksten Partei geworden und wird damit wie 2017 bis 2021 wohl wieder stärkste Oppositionskraft im Bundestag. Das hat nicht nur symbolische Bedeutung. Die AfD wird künftig zuerst auf Regierungserklärungen antworten und die Generaldebatten zum Haushalt eröffnen. Unklar war auch, ob sie eine andere wichtige Marke erreicht: Sollte sie ein Viertel der Abgeordneten stellen, könnte sie alleine Untersuchungsausschüsse einsetzen.

Wer ist die große Überraschung?

Die Linke hatten viele schon abgeschrieben. Nach den Erfolgen des BSW von Sahra Wagenknecht auf Landesebene wurden ihrer Ex-Partei nur noch geringe Chancen bei der Bundestagswahl eingeräumt. Die Diskussion um die „Brandmauer“ zur AfD und eine clevere Kampagne hat ihr aber ein Comeback ermöglicht. Mit 8,5 bis 9 Prozent steht sie nun auf Platz fünf. Das BSW muss dagegen um den Einzug ins Parlament bangen. Eine Regierungsbeteiligung der beiden Parteien gilt aber ohnehin als ausgeschlossen: Für ein Bündnis von SPD, Grünen, der Linken und dem BSW reicht es nicht.

Welche Regierungskoalitionen sind denn möglich?

Die große Frage ist: Kommt die Union bei der Regierungsbildung mit nur einem Koalitionspartner aus oder braucht sie zwei, um auf eine Mehrheit zu kommen? Nach den ersten Prognosen ist das noch unklar. Vor allem weil offen ist, ob FDP und BSW in den Bundestag kommen.

Mit wem würde Merz am liebsten regieren?

Die erste Wahl für die Union und Merz wäre ein Zweierbündnis mit der SPD. Eine Koalition mit den Grünen hat die CSU ausgeschlossen. Für Merz wäre es aber hilfreich, eine solche Option in der Hinterhand zu haben. Das würde seine Verhandlungsposition mit der SPD stärken.

Passen Union und SPD zusammen?

Ein Selbstläufer würde das nicht. Die SPD stellt Merz seit seinem umstrittenen AfD-Manöver im Bundestag als einen Mann dar, dem man nicht trauen kann. Allerdings will man ihn auch nicht in die Arme der AfD treiben. In den Kernfragen Wirtschaftspolitik und Migration stünden sehr harte Verhandlungen an. Merz will in beiden Feldern einen echten Politikwechsel. Außerdem will er eine Reihe von Ampel-Entscheidungen rückgängig machen. Die massiv geschwächte SPD hat aber ein Druckmittel: Die Basis wird dem Verhandlungsergebnis auf einem Parteitag oder einem Mitgliedervotum zustimmen müssen.

Was ist, wenn es keine Mehrheit für ein Zweierbündnis gibt?

Dann wird es kompliziert. Es gibt zwei Optionen: Eine sogenannte Deutschlandkoalition (benannt nach den Landesfarben) von Union, SPD und FDP wäre Merz dann wohl am liebsten. Die Sozialdemokraten wären eher für eine Kenia-Koalition von Union, SPD und Grünen. Dass Union, Grüne und FDP zusammengehen ist nicht vorstellbar. Die FDP hat ein Bündnis mit den Grünen sogar per Parteitagsbeschluss ausgeschlossen.

Was wird aus Olaf Scholz nach seiner Kanzlerschaft?

Er hat schon vor der Wahl klar gesagt, dass er einer Regierung eines Kanzlers Merz nicht angehören wird. Auch in den Koalitionsverhandlungen dürfte er keine wesentliche Rolle mehr spielen.

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Seine politische Karriere ist aber wahrscheinlich noch nicht ganz beendet. Wenn er seinen Wahlkreis in Potsdam gewinnt, will er bis zur nächsten Wahl im Bundestag bleiben. „Das höchste Amt, in das man in Deutschland direkt gewählt werden kann, ist das des Abgeordneten im Deutschen Bundestag“, sagt er. (dpa/mg)