„Er kann tun, was auch immer er will“Neuer Beschluss zugunsten Donald Trumps sorgt für Alarm

Donald Trump (hier Mitte Juni in Palm Beach) will die Verurteilung in New York aufheben lassen.

Donald Trump (hier Mitte Juni in Palm Beach) will die Verurteilung in New York aufheben lassen.

Donald Trump hat guten Grund zur Euphorie. Vier Tage nach seinem Triumph über Joe Biden im TV-Präsidentschaftsduell hat ihm das oberste US-Gericht einen weiteren großen Erfolg beschert, indem es ihm als Ex-Präsidenten teilweisen Schutz gegen Strafverfolgung gewährte.

Während Trump einen „großen Sieg für die Verfassung und Demokratie“ bejubelt, beklagen Kritiker das genaue Gegenteil: eine unzulässige Begünstigung Trumps sowie eine gefährliche generelle Ausweitung der Macht von US-Präsidenten.

Das von konservativen Richtern dominierte Gericht gewährte dem mit vier Strafverfahren konfrontierten Trump weitreichende Immunität für seine früheren Amtshandlungen als Präsident. Demnach besteht eine „absolute Immunität“ von US-Präsidenten für Tätigkeiten, die sie im Rahmen ihrer von der Verfassung festgesetzten „Kernbefugnisse“ ausüben, erläuterte der Gerichtsvorsitzende John Roberts. Für alle anderen Amtshandlungen gelte zumindest eine „mutmaßliche Immunität“.

Biden zu Beschluss: „Dann könnte er tun, was auch immer er will“

Solcher Schutz sei notwendig, damit ein Präsident „seine verfassungsmäßigen Pflichten ohne ungebührliche Vorsicht ausüben“ könne, entschied das Gericht. Für „inoffizielle Handlungen“ gilt die Immunität jedoch nicht.

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Oberster Kritiker der Supreme-Court-Entscheidung ist Präsident Joe Biden, der bei der Wahl im November erneut antreten will. Sollte sein Rivale Trump die Wahl gewinnen, würde dieser sich ermutigt sehen, „zu tun, was auch immer er will“, sagte Biden. Der Beschluss schaffe einen „gefährlichen Präzedenzfall“, da er wohl bedeute, „dass es keine Grenzen für das gibt, was ein Präsident tun kann“.

Auch der Supreme Court selbst war gespalten: Der Beschluss wurde von dessen sechs konservativen Richtern gegen die Stimmen der drei linksliberalen Richter gefällt. Für das konservative Übergewicht an dem Gericht hatte Trump selbst gesorgt, indem er während seiner Präsidentschaft drei erzkonservative Richter für den Supreme Court ernannte.

Das bedeutet die Entscheidung für die Verfahren gegen Trump

Für die linksliberale Minderheit formulierte Richterin Sonia Sotomayor eine scharfe Gegenposition, die sie mit „Angst um unsere Demokratie“ begründete. Der Präsident sei nun „ein König über dem Gesetz“, kritisierte sie. Ob er einer Eliteeinheit die Ermordung eines Rivalen befehle, einen Militärputsch organisiere oder sich für eine Begnadigung bestechen lasse - er sei „immun, immun, immun“.

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Zunächst einmal hat Trump weitere Zeit gewonnen. Die höchstrichterliche Entscheidung bezieht sich im konkreten Fall auf die Anklage gegen den Ex-Präsidenten vor einem Bundesgericht in Washington wegen Verschwörung gegen die Wahl von 2020 - also seine Versuche, seine Niederlage gegen Biden nachträglich zu kippen.

Der Prozess dazu sollte eigentlich schon Anfang März beginnen, war aber wegen der ungeklärten Immunitätsfrage ausgesetzt worden. Nun spricht alles dafür, dass der Prozess nicht vor der Präsidentschaftswahl im November beginnen wird. Denn der Supreme Court erteilte der Bundesrichterin Tanya Chukan den komplizierten Auftrag, die „offiziellen“ und „inoffiziellen“ Handlungen des Ex-Präsidenten betreffenden Teile der Anklage auseinanderzudröseln. Chukans Entscheidung könnte wiederum langwierige Berufungsverfahren auslösen.

Was der Beschluss grundsätzlich bedeutet

Der Supreme Court hat die strafrechtliche Verfolgung ehemaliger Präsidenten erheblich erschwert, da in jedem Einzelfall zwischen „offiziellen“ und „inoffiziellen“ Handlungen unterschieden werden muss. Dies könnte von künftigen Amtsinhabern ausgenutzt werden, warnen Experten.

Sie könnten einer Strafverfolgung vorbeugen, indem sie potenziell rechtswidriges Verhalten „mit offiziellem Regierungshandeln verflechten“, sagt etwa der Rechtsprofessor Steven Schwinn von der University of Illinois in Chicago. (afp)