Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin erlassen. „Bedeutungslos“ nannte der Kreml die Entscheidung. Dabei ist sie alles andere, findet unser Autor. Sie markiert den Anfang vom Ende für Putin.
KommentarDas ist der Anfang vom Ende für Wladimir Putin
Der Kampf zwischen Diktatur und Demokratie, das war ein Phänomen des 20. Jahrhunderts in Europa – so zumindest war die Hoffnung der meisten westlichen Nationen. Es schien, als seien die zerstörerischen Mächte überwunden, als sei Nationalismus, der Kampf um Grenzen, zumindest weitestgehend beendet. Ein „Auf zu den Waffen“ schien im aktuellen Jahrhundert in Europa undenkbar. Frieden, Stabilität – das wurde zu wichtigen Pfeilern.
Doch nun, rückblickend, scheint es, als sei das zumindest in Teilen eine Illusion gewesen. Als habe das Ende des Kalten Krieges, das Ende der Sowjetunion und der Spaltung Europas nicht nur Probleme gelöst – sondern auch neue geschaffen. Und ein Ungeheuer hervorgebracht, das denkt, es könnte die europäischen Errungenschaften nach all den Kriegen und all dem Leid der Vergangenheit mit neuem Krieg, neuem Blutvergießen niederreißen.
Wladimir Putin: Haftbefehl bedeutet den Anfang vom Ende
Die Geschichte hat gezeigt: Despoten, Diktatoren und ihre Ideologien werden auf Dauer nicht bestehen können. Auch Wladimir Putin und die Vorstellung „seines“ Russlands nicht. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehl erlassen – das bedeutet für Putin den Anfang vom Ende.
Zwar kann er sich noch sicher fühlen in seiner Burg namens Russland – doch die Mauern bröckeln. Die Welt ist mit dem Haftbefehl für Putin deutlich kleiner geworden, er kann keinen Schritt mehr in den meisten Ländern tätigen – derzeit 123 Staaten. Während früher ein amtierendes Staatsoberhaupt noch vor Strafverfolgung geschützt war, hat sich das geändert: Es gibt keine Immunität für Putin.
Nicht nur, dass Putin sein Land immer mehr in die Arme Chinas treibt und immer mehr zum Mündel Xi Jinpings wird – er wird sich international nicht mehr frei bewegen können.
Putin: Haftbefehl ist ein wichtiges Zeichen mit immenser Kraft
Der Haftbefehl ist nur ein erster Schritt hin zu einem Prozess. Noch wird ihm kein Völkermord vorgeworfen, kein Anzetteln eines Krieges. Und er ist auch keine Garantie dafür, dass Putin zur Rechenschaft gezogen wird: Aus früheren Verfahren wird deutlich, wie schwer das ist: In über 20 Jahren gab es lediglich fünf Verurteilungen wegen „Kernverbrechen“. Bei keinem der Verurteilten handelte es sich um obere Vertreter eines Machtapparats. Doch am Ende geht um viel mehr.
Dennoch ist der Haftbefehl ein klares, wichtiges Zeichen mit immenser Kraft: Ein Despot wie Putin kann sich in diesem Jahrhundert, auf dieser Welt nicht verhalten wie die Axt im Walde. Er kann nicht morden, zerstören und Grenzen verschieben, wie es ihm beliebt. Und Völker und Rechte mit Füßen treten. Es muss Gerechtigkeit geben, auch um zukünftige Verbrechen zu verhindern - sonst könnte Putins Angriffskrieg womöglich noch eine Blaupause für andere Herrscher werden.
Verbrechen gegen den Frieden oder die schrecklichen Kriegsverbrechen in der Ukraine werden Putin nicht zur Last gelegt – noch nicht. Den Haag wirft ihm die Deportation von Kindern aus den okkupierten Gebieten der Ukraine nach Russland vor. Das Entscheidende dabei: Putins Schuld wird für alle sichtbar, der Präsident ist geächtet. Und sein Platz in der Geschichte ist ihm damit sicher: Er reiht sich ein in die Riege der verbrecherischen, skrupellosen Machthaber.