Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf eine Gruppe von Demonstranten in München gehen Ermittler von einem islamistischen Motiv des Autofahrers aus.
Anschlag von MünchenEr war Bodybuilder und Ladendetektiv: Das wissen wir über den 24-Jährigen
Auf einer Pressekonferenz in München haben Polizei und Generalstaatsanwaltschaft am Freitag, 14. Februar 2025 zum aktuellen Stand der Ermittlungen im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Anschlag von München geäußert.
Demnach gehen die Ermittler von einem islamistisch motivierten Anschlag aus. Das sagte die Leitende Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München, Gabriele Tilmann, bei einer Pressekonferenz.
Täter war bislang nicht vorbestraft
Die Generalstaatsanwaltschaft München will nun Haftbefehl unter anderem wegen versuchten Mordes gegen den mutmaßlichen Fahrer des Wagens beantragen. Entscheiden werde über eine Untersuchungshaft im Laufe des Tages ein Ermittlungsrichter, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft mit.
Der Täter hinter dem Anschlag von München war nach Auskunft der Behörden bislang nicht vorbestraft. Der 24-Jährige habe keine Vorstrafen, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann.
Es habe nur einmal in Bayern ein Verfahren wegen Arbeitsamtsbetrugs gegeben. Er habe sich arbeitslos gemeldet, dann eine Tätigkeit begonnen und sich nicht rechtzeitig wieder abgemeldet, sagte Tilmann. Das Verfahren sei gegen eine Geldauflage eingestellt worden, weil es nur ein sehr kurzer Zeitraum gewesen sei. Dies sei das einzige Ermittlungsverfahren in Bayern gewesen, das es gab.
Was ist über den Festgenommenen bekannt?
Der Tatverdächtige ist 24 Jahre alt und seit Ende 2016 in Deutschland. An seiner Identität gibt es bislang keinen Zweifel. Bekannt ist, dass er sich zuvor in Italien aufgehalten hatte und einen Reisepass vorlegte, den die Behörden als echt einschätzten.
Kurz nach seiner Ankunft in Deutschland wurde bei dem damals 15-Jährigen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Das ist bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten nicht selten. Die Ursachen dafür liegen oft in Erlebnissen im Herkunftsland - etwa Kriegsgeschehen - oder in den Umständen der Flucht.
In sozialen Medien zeigt er sich als Bodybuilder, der auch an Wettkämpfen teilnimmt. Er teilt auch islamische religiöse Inhalte. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat der junge Afghane eine Schule besucht, eine Berufsausbildung gemacht und dann als Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen gearbeitet.
Wie lebte er in München?
Der Mann arbeitete laut Generalstaatsanwaltschaft bis zuletzt im Sicherheitsgewerbe und wohnte in einer Mietwohnung. Am Vortag war die Wohnung im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses im Stadtteil Solln durchsucht worden.
Das Auto, mit dem er die Menschen überfuhr, gehörte ihm. Nachbarn sagten, sie kannten ihn nicht. Vorbestraft war er nicht. In Bayern gab es nach Angaben der Behörden – wie bereits erwähnt – ein Verfahren wegen Arbeitsamtsbetrugs, weil er sich nach dem Ende seiner Arbeitslosigkeit wohl nicht rechtzeitig wieder abgemeldet hatte. Das Verfahren wurde eingestellt gegen eine Geldauflage.
Welchen Aufenthaltsstatus hatte er?
Der junge Afghane hatte nach Angaben Herrmanns einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis. „Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmäßig“, sagt Herrmann. Nach Angaben der Polizei verfügte er über eine sogenannte Fiktionsbescheinigung als Übergang zwischen zwei gültigen Aufenthaltsgenehmigungen.
Zugleich berichten die Ermittler, dass der Mann nach neuesten Erkenntnissen und entgegen erster Informationen vom Donnerstag nicht wegen Ladendiebstählen und Drogendelikten auffällig geworden war. Seine Tätigkeit als Ladendetektiv habe zu diesem Missverständnis geführt. Laut Polizei war er in entsprechenden Verfahren Zeuge gewesen und hatte selbst Anzeigen erstattet.
Nach Herrmanns Worten beantragte der Afghane Asyl. Sein Antrag wurde abgelehnt. Mit einer Klage dagegen scheiterte er vor Gericht. 2020 wurde sein Asylverfahren endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise. Die Landeshauptstadt München habe dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid erlassen und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis, heißt es.
Was ist über ein mögliches Motiv bekannt?
Das, was der Tatverdächtige nach seiner Festnahme sagte, „lässt auf eine religiöse Tatmotivation schließen“, sagt Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann. Nach seiner Festnahme habe er „Allahu akbar“ (Gott ist groß) gesagt und gebetet. Laut Innenminister Herrmann gibt es keinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit der laufenden Münchner Sicherheitskonferenz hochrangiger internationaler Politiker. „Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Zielgruppe hier, dass die Opfer aus den Reihen dieser Verdi-Demonstration eher zufällig waren“, sagt er. „Aber auch dem muss natürlich nachgegangen werden.“
War der Mann als potenzieller Extremist bekannt?
Nein. Der Tatverdächtige sei „wohl bislang eher unauffällig“ gewesen, sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Aus Sicherheitskreisen heißt es, auch ein Blick auf das Umfeld des Tatverdächtigen habe bislang keine Kontakte zu islamistischen Kreisen ergeben. Er war religiös, betete, ging regelmäßig in eine Moschee, die laut Staatsanwaltschaft nicht für extremistische Prediger bekannt ist. Dass sich der junge Afghane als Bodybuilder leicht bekleidet in sozialen Medien zeigte, spricht eher gegen ein geschlossenes islamistisches Weltbild.
Nach Angaben der Polizei waren bei der Tat am Donnerstag 36 Menschen verletzt worden, einige schwer. Den Beamten zufolge war der Verdächtige, ein 24-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan, in das Ende eines Demozugs gefahren. Die Polizei nahm ihn fest. Laut Polizei waren 1.500 Menschen unterwegs zur Schlusskundgebung am Königsplatz, als das Auto in die Menge raste. (dpa)