In diesem Jahr wird in Russland der 80. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus begangen. Während Putin die Ukraine in Schutt und Asche bombt, behauptet weiter, den Faschismus im Land erneut besiegen zu müssen. Wer in die Vergangenheit der Familie Putin schaut, meint, es könnte auch persönlich sein.
Ist er deshalb so barbarisch?Die schreckliche Geschichte über Wladimir Putins Mutter

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Wladimir Putin auf dem Schoß seiner Mutter Maria (rechts, 1958). Und im Kreise seiner Familie (oben, 2.v.l.), zusammen mit Vater Wladimir in St. Petersburg (1985).
80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg führt Russland weiter unerbittlich seinen Krieg gegen die Ukraine. Präsident Wladimir Putin sorgt für zahllose Opfer und eine riesige Zerstörung im Land.
In diesem Jahr wird der „Sieg des sowjetischen Volkes im Großen Vaterländischen Krieg“ auch in Russland begangen – und Putin wird sein Narrativ weiter vorantreiben. Für ihn ist Deutschland zu einem Hauptgegner geworden, immer wieder verweist er auf die Verbrechen der Nazis, um zu zeigen, wie wichtig sein eigener angeblicher Kampf gegen den Faschismus ist, gegen die Ukraine. Seit Jahren läuft die Propagandamaschinerie auf Hochtouren.
Wladimir Putin: Das Trauma seiner Familie
Daneben gibt es noch eine andere historische Dimension – und die ist in der Vergangenheit von Putins Familie zu suchen. Sie war nämlich Opfer der Blockade von Leningrad (heute Sankt Petersburg), die ein Teil des deutschen Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion war. Die Nazis entschieden, die Stadt nicht einzunehmen, sondern auszuhungern. Fast 900 Tage lang.
Putin hat im Zweiten Weltkrieg seine Großmutter und seinen Bruder verloren, sagte er vor vielen Jahren im russischen Fernsehen. Er selbst wurde 1952 geboren.
Besonders dramatisch: Seine Mutter sei während der Blockade Leningrads beinahe von einem Beisetzungskommando lebendig begraben worden. Nur die vorzeitige Rückkehr seines Vaters aus dem Lazarett rettete seiner Mutter das Leben.

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Im von der deutschen Wehrmacht belagerten Leningrad wird eine Leiche zur Beisetzung gezogen.
Es müssen schreckliche Wochen und Monate gewesen sein, die die Menschen in Leningrad erlebten: Bei minus 43 Grad Celsius trugen Familien ihre Toten die schneebedeckten Straßen entlang, die meisten verhungert. Vielen fehlte schlicht die Kraft, den im Winter gefrorenen Boden aufzubrechen. Es fehlte an allem, viele aßen Katzen, Hunde, Ratten, die Tapete von den Wänden.
Eine dieser Frauen soll Maria Iwanowna Putina gewesen sein, die Mutter von Putin. Auch sie lag bereits unter den Leichen. Putins Vater Wladimir, der in Leningrad verwundet worden war, sei dann rechtzeitig aus dem Lazarett gekommen, um zu verhindern, dass seine Frau begraben wird. Er bemerkte, dass sie noch atmete. „Sie lebte noch, war aber bewusstlos“, erzählte Putin Jahre später. „Er brachte sie wieder auf die Beine, so blieb sie am Leben.“
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Wer nicht überlebte, war Putins älterer Bruder. Er soll im Kindesalter verstorben sein, an den Folgen des Hungers. Die wohl mörderischste Blockade der Geschichte, die seine Mutter zusammen mit vielen anderen Menschen erleben musste, hat das Leben nachträglich verändert. Heute ist es Putin selbst, Kind einer vielfach traumatisierten Familie, der den Krieg und albtraumhafte Szenen in die Ukraine gebracht hat.
Welche Auswirkungen die tragischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs auf Psyche und Vita des russischen Präsidenten haben, darüber lässt sich nur spekulieren. Immer wieder behaupten Texte, Putins Krieg sei eine Form der Kompensation. Deshalb habe er sich früh dem russischen Geheimdienst und dem „Kampf gegen alle Feinde Russlands“ angeschlossen. Fest steht aber: Deutschland ist für Putin zu einem Hauptgegner geworden. Und 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Frieden so brüchig wie lange nicht mehr in Europa.