Moderator Horst Lichter hat mit EXPRESS.de über die wahre Bedeutung von Freundschaft und ein mögliches Ende bei „Bares für Rares“ gesprochen.
„Bares für Rares“Horst Lichter wird emotional: „Ich habe da schon heftige Dinge erlebt“
So einen wie ihn gibt es kaum einen anderen in der deutschen Fernseh-Landschaft: Horst Lichter (62) kocht, trödelt, fährt Motorrad, plaudert über Gott und die Welt – und immer ist die Kamera dabei, und immer sieht und hört man ihm gern zu.
Jetzt ist der Mann mit dem riesigen Schnäuzer und den tiefen Lachfalten mit neuem Projekt unterwegs: Gerade erschien sein Buch „Zeit für Freundschaft“, das sofort in den Bestsellerlisten landete. Ein guter Grund, sich mal wieder mit ihm zu unterhalten.
Horst Lichter: Freundschaften in sozialen Netzwerken gibt's nicht
Freund und Freundschaften – ein unerschöpfliches Thema. Wie sind Sie darauf gekommen, ein Buch darüber zu schreiben?
Horst Lichter: Ganz ehrlich? Es war gar nicht meine Idee, sondern die des Verlags. Als der mir das Thema vorschlug, fand ich das spannend, merkte aber schnell, dass ich eine falsche Vorstellung hatte. Ich glaubte, ich könnte ein witziges, mit vielen Erinnerungen gespicktes Buch schreiben. Doch als ich mich ernsthafter mit dem Thema befasste, wurde daraus ein Arbeitsprozess, der fast eineinhalb Jahre gedauert hat. Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, wir haben philosophiert, dabei gelacht und geweint. Es gab plötzlich so viel Stoff, dass ich dreimal so viel hätte schreiben können.
Im Klappentext des Buches heißt es „Freund oder nicht Freund – das ist hier die Frage“. Warum ist das eine Frage?
Horst Lichter: Man benutzt heute viele Wörter inflationär, ohne genau zu wissen, was sie wirklich bedeuten. Da sagt dir jemand ganz plötzlich am Tresen: „Wir sind doch Freunde – oder?“ Doch natürlich sind wir keine Freunde, nur weil wir mal einen schönen Abend in der Kneipe hatten. Ich möchte erreichen, dass man in der Sprache genauer wird.
In der heutigen Zeit, in der unendlich viel über die sozialen Medien läuft, hat man massenhaft Menschen, die sich Freunde nennen – wie passt das zusammen?
Horst Lichter: Wenn man meint, das sind wirklich Freunde, halte ich das für kompletten Schwachsinn. Quatsch. Das sind Follower, Beobachter, das hat nichts mit Freundschaft zu tun. Eine wahre Freundschaft ist etwas Zwischenmenschliches. Dazu gehört, dass man sich in die Augen schaut, den anderen in den Arm nimmt, mit ihm Tränen lacht, ohne zu wissen, worüber, oder mit ihm weint.
Haben Sie einen besten Freund?
Horst Lichter: Zweimal in meinem Leben habe ich gedacht, dass ich einen hätte, aber dem war dann nicht so. Seit diesen Erfahrungen bin ich sehr vorsichtig, jemanden als besten Freund anzuerkennen. Ich habe Menschen, denen ich vertraue, bei denen ich weiß, sie würden jederzeit für mich da sein. Ich habe einen wunderbaren großen Freundeskreis, alles Menschen, die ich sehr mag. Aber Freunde? Eine Handvoll. Richtige Freunde oder ein Freundeskreis – das ist ein großer Unterschied.
Sind Sie selbst bester Freund von anderen Leuten?
Horst Lichter: Ich glaube, dass einige sagen „Horst ist einer meiner besten Freunde“! Oder sogar: „Er ist der Beste“!
Im Lied „Echte Fründe“ der Höhner heißt es, dass echte Freunde selten sind – viele, die sich in guten Zeiten „beste Fründe“ nennen, sind plötzlich verschwunden, wenn das Glück verloren geht: „Minsche, die dich vürher jot jekannt, jevven dir noch nit ens mih de Hand.“ Ihr Leben ist nicht immer geradlinig verlaufen und erinnerte manchmal an eine Achterbahnfahrt – Sie müssen es wissen: Ist das wirklich so?
Horst Lichter: Ja, das ist so. Ich habe da schon heftige Dinge erlebt. Wenn du durchstartest und Erfolg hast, heften sich sofort andere Menschen an dich und möchten am Ruhm teilhaben oder erhoffen sich finanziell etwas. Aber wenn du abstürzt, ist keiner mehr von ihnen zu sehen, und du bist ganz allein auf weiter Flur. Ich habe aber auch immer wieder darüber nachgedacht, woran das bei den einzelnen Menschen wohl gelegen haben könnte und dann festgestellt, dass ich in meiner Beurteilung der Menschen auch mal falsch lag.
Wie meinen Sie das?
Horst Lichter: Nachdem mein Kind gestorben war und ich nach einigen Wochen zurück zur Arbeit kam, nahm mich ein damaliger Freund in den Arm und sagte: „Mensch, Horst, was soll ich sagen? Nimm es nicht so schwer. Es ist nicht mehr zu ändern – mach doch ein neues!“ In dem Moment hätte ich ihm einen Tritt geben mögen. Jetzt ist mir klar, dass er es nicht so gemeint hat. Er wollte mich trösten, doch er war mit der Situation überfordert.
Horst Lichter erklärt, wo Wikipedia sich irrt
Haben Sie noch Freunde aus der Kindheit und Jugend?
Horst Lichter: Ich habe viele verloren. Doch wenn man was Wertvolles verliert, kann man auch was Wertvolles wiederfinden. Das ist mir gerade passiert: Nach meiner Rückkehr ins Rheinland habe ich einen ehemaligen Schulfreund wiedergetroffen, der mir sehr nahestand, den ich aber aus den Augen verloren hatte. Doch jetzt haben wir wieder Kontakt, wir werden uns in Kürze wiedersehen. Ich bin sehr gespannt, was daraus wird.
Sie selbst haben eine ungewöhnliche Freundes-Geschichte. Wenn man Wikipedia glaubt, war Ihre Ehefrau Nada einst die Frau Ihres besten Freundes …
Horst Lichter: So war das nicht, da irrt Wikipedia. Nadas erster Mann war Stammgast in meiner Oldiethek, sie arbeitete bei mir als Kellnerin. Ich habe die beiden miteinander verkuppelt, es entstand eine ganz große Liebe. Doch dann ist er an Krebs gestorben. Nada und ich sind uns danach nähergekommen. Aber es dauerte noch sehr lange, bis wir uns verliebten.
Was glauben Sie: Ist es richtig, wenn Eltern zu Freunden ihrer Kinder werden wollen?
Horst Lichter: Nein. Ich verstehe, wenn Eltern die gleichen Hobbys wie die Kinder haben: Aber es wird schwierig, wenn Mütter und Väter wie ihre Kinder aussehen und sein wollen. Schließlich haben Eltern einen Erziehungsauftrag, sie müssen sich darum kümmern, dass ihr Kind vernünftig durchs Leben kommt. Da kann man nicht sagen, ich bin dein Freund, ich mache das gern, was du gern machst. Zum Beispiel kann ich mit meinem Sohn viel Spaß haben, wir können zusammen Motorrad fahren. Aber wenn er mir zu wild fährt, werde ich ihn als Vater tadeln: „Lass das sein!“ Einem Freund würde ich sagen: „Alter, die Kurve hast du aber geil genommen!“
Sie gehörten viele Jahre zu den populärsten TV-Köchen. Sind aus dieser Zeit Freunde geblieben?
Horst Lichter: Freundschaften im tieferen Sinn sind da nicht entstanden. Wir waren Arbeitskollegen, hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit. Es gibt auch den einen oder anderen, den ich lieber mochte und immer noch mag, aber es gibt auch den einen oder anderen, der mich mal enttäuscht hat.
Lassen Sie uns zum Schluss noch mal auf ein ganz anderes Thema kommen: Sie machen „Bares für Rares“ schon über zehn Jahre – wie lange wird es das noch geben?
Horst Lichter: Solange, wie es mir Freude macht. Ich fahre morgens nach Pulheim, schalte die Kaffeemaschine ein, dann kommen die ersten „Bares für Rares“-Kumpels und Kollegen, wir trinken einen Kaffee, erzählen uns was, machen Blödsinn, dann gehe ich in die Maske, ziehe mich um – das alles macht Spaß. Ich habe in den über zehn Jahren nicht einen einzigen Tag gehabt, an dem wir nicht gelacht haben – das ist ein unsagbares Glück. In welchem Job hat man das denn? Es gibt nur zwei Möglichkeiten, dass ich aufhöre: Wenn ich merke, dass mein Publikum mich nicht mehr sehen möchte, oder wenn ich nur noch mit Bauchschmerzen in den Tag starte, weil mir das alles keine Freude mehr macht. Dann würde ich sofort sagen: „So, Kinder, das war's!“
Horst Lichter: Fröhliche Seele mit vielen Schicksalsschlägen
Horst Lichter (geboren am 15. Januar 1962 in Nettesheim) machte seine Kochlehre in der „Alten Post“ in Bergheim, arbeitete in einer Brikettfabrik und im Bergbau. 1995 eröffnete er die Kneipe und das Restaurant Oldiethek in Rommerskirchen-Butzheim (wurde 2010 geschlossen). Bekannt aus vielen Kochshows (u. a. „Lafer! Lichter! Lecker!“). Seit 2013 macht er „Bares für Rares“ (ZDF).
Mit 26 Jahren erlitt er einen Schlaganfall, mit 28 folgte der zweite, zusammen mit einem Herzinfarkt. Lichter hat drei Kinder aus erster Ehe, von denen eines bereits als Säugling am plötzlichen Kindstod starb. Aus einer weiteren Beziehung ging eine Tochter hervor. Er ist in dritter Ehe mit Nada Lichter verheiratet. Das Paar lebt nahe Köln. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, u.a. „Keine Zeit für Arschlöcher – hör auf dein Herz“ (2016).