Der „Nord bei Nordwest“-Star Hinnerk Schönemann spricht im Interview über die höchst erfolgreiche ARD-Reihe und über das Älterwerden - immerhin ist er gerade 50 Jahre alt geworden.
„Nord bei Nordwest“-StarHinnerk Schönemann kann im echten Leben nicht einmal einen Seemannsknoten
Wenn er auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblickt, scheint er mit sich im Reinen zu sein. Nur „Schule“, lacht der Schauspieler, „da würde ich nie wieder reingehen wollen. Das wäre Horror.“
Die Fans der beliebten Küstenreihe „Nord bei Nordwest“ können sich freuen: Nach dem Jubiläumsjahr 2024 - die NDR-Reihe läuft nun seit zehn Jahren - stehen drei neue Filme parat, die ab 2. Januar 2025, ausgestrahlt werden, und weitere sind bereits in Planung.
„Nord bei Nordwest“: Star Hinnerk Schönemann im Interview über die ARD-Reihe
Mit dabei ist natürlich wieder Hinnerk Schönemann, der als Tierarzt und Polizist Hauke Jacobs jedem das Handwerk legt, der den Einwohnern des fiktiven Dorfes Schwanitz Böses will. Die neue, 25. Folge „Fette Ente mit Pilzen“ führt ihn ins „Mandarin“, ein asiatisches Lokal, das in Schwanitz neu eröffnet hat. „Haare? Hartmann!“ ruft dagegen die Hamburger Unterwelt auf den Plan, und im Film „Das Nolden-Haus“ soll es sogar spuken. Die ARD zeigt die Folgen jeweils donnerstags, um 20.15 Uhr; seit Montag, 30. Dezember, sind sie bereits in der ARD-Mediathek zu sehen.
Außerdem entsteht im Februar 2025 ein neuer Film, bei dem Hinnerk Schönemann (im Video oben gibt es alle privaten Infos) selbst Regie führen wird, schon zum dritten Mal bei dieser Reihe. Vor Kurzem hatte der Schauspieler auch privat ein Jubiläum zu feiern, denn seit 30. November ist er 50 Jahre alt. Warum das gar keine große Sache für ihn ist und was er sich für seine Zukunft erträumt, verrät er im Interview.
teleschau: „Nord bei Nordwest“ wurde vor zehn Jahren das erste Mal ausgestrahlt, und Sie sind von Anfang an dabei. Wie hat sich die Reihe im Lauf der Zeit verändert?
Hinnerk Schönemann: Was sich auf jeden Fall verändert hat, ist, dass alle wiederkehrenden Rollen eine größere Aufgabe bekommen haben, selbst die kleinsten. So besteht die Reihe nicht alleine nur aus Hauke Jacobs, der Polizistin Hannah Wagner und der Tierarzthelferin Jule Christiansen, sondern sie erinnert an eine große Familie. Es ist das Geheimnis von „Nord bei Nordwest“ dass alle Figuren ganz liebevoll ihren Raum bekommen haben und alle zusammen Schwanitz ergeben.
teleschau: Die Folgen sind inzwischen aber auch actiongeladener geworden.
Schönemann: Ja, ganz sicher. Ich finde es gut, wenn in so ein beschauliches Dorf ein bisschen Action kommt. Manchmal könnte das sogar noch etwas mehr sein. Da jeder Film für sich alleine steht, können wir immer wieder Neues ausprobieren. Trotzdem bleibt es „Nord bei Nordwest'“ weil es Schwanitz bleibt.
teleschau: So passiert es dann auch, wie in „Haare? Hartmann!“, dass sich eine Schwanitzer Friseurin als ehemalige Auftragskillerin entpuppt.
Schönemann: Die Schwanitzer nehmen sich ja sehr ernst, da ist es spannend, wenn sich die Fälle aus dem Kleinen entwickeln. Die Bedrohung muss nicht immer von außen kommen, das hat zum Beispiel schon der Film „Frau Irmler“ gezeigt. Hier ging es um eine verschrobene Gestalt aus Schwanitz, die ihren Ehemann getötet hat. Diesen Film unter Regie von Felix Herzogenrath würde ich jedem empfehlen, auch „Haare? Hartmann!“ und „'Das Nolden-Haus“ sind unter ihm entstanden.
teleschau: Übernimmt nach zehn Jahren noch derselbe Hund die Rolle von „Holly“?
Schönemann: Nein, inzwischen haben wir einen neuen, der aus der gleichen Wurflinie stammt. Den Großen, Finn, gibt es noch, er spielt auch noch mit, weil er ein bisschen professioneller ist als der junge Hund. Fritz kann noch nicht so viel. Aber sie sehen beide so gleich aus, dass man den Unterschied nicht erkennt. Manchmal arbeiten auch beide zusammen, sodass der Junge von dem Alten noch etwas lernen kann.
teleschau: In der Reihe leben Sie auf einem Boot, und es macht den Eindruck, als könnten Sie tatsächlich Seemannsknoten binden.
Schönemann: Das kann ich natürlich nicht (lacht). Aber Hauke Jacobs findet es schon gut, ein mobiles Zuhause zu haben und jederzeit ablegen zu könnten, wenn er woanders hinfahren möchte. Allerdings liebt er Schwanitz mittlerweile so, dass er erst mal da bleibt.
teleschau: Könnten Sie sich privat auch ein Leben auf dem Boot vorstellen?
Schönemann: Ja, wenn das Boot groß genug ist und die Kinder aus dem Haus sind, könnte ich mir das schon vorstellen. Es hat eine gewisse Art von Freiheit. Man braucht ja auch gar nicht so viel Platz wie in einem Haus, und man könnte eben immer überall hin. Diese Vorstellung ist nicht so weit weg von mir.
teleschau: Sie sind auch von Berlin in ein kleines Dorf mit 50 Einwohnern gezogen.
Schönemann: Ja, die Lebensqualität auf dem Land ist extrem hoch. Man kann hier alles machen: rausgehen, draußen herumtoben, im Garten arbeiten, Trecker fahren. Alles, was man sich so immer so vorstellt als Landleben, das leben wir hier. Ich wüsste gar nicht, was ich in der Stadt soll.
teleschau: Sind Sie auch Selbstversorger?
Schönemann: Nein, wir kriegen hier ja alles, in acht Kilometern gibt's einen Supermarkt, und Internet haben wir auch. Im Prinzip ist es genauso wie in der Stadt, nur dass der Vorgarten ein bisschen größer ist.
teleschau: Und man ein bisschen mehr Ruhe hat!
Schönemann: Das stellt man sich immer so vor. Aber gerade auf dem Land wird man schneller in ein Gespräch verwickelt als in der Stadt, oder die Leute kommen einfach vorbei, weil sie sehen, dass das Auto dasteht. In der Stadt ist man anonymer. Da macht man die Tür zu, und selbst wenn's klingelt, muss man nicht öffnen. Auf dem Land wird man immer gesehen.
teleschau: Dann feiert man zusammen?
Schönemann: Wenn's mal ein Dorffest gibt, schon. Aber sonst trifft man sich nicht alle naselang. Das würde auch meinem Habitus gar nicht entsprechen. Nein, ich bin hier ganz alleine mit der Familie, und das ist gut so. Wenn man mit jemandem eine Interaktion hat, dann ist das auch gut. Aber sonst ist hier jeder für sich alleine.
teleschau: Vor Kurzem sind Sie 50 Jahre alt geworden. Wie fühlt sich das an?
Schönemann: Die Leute sagen immer: „Oh, jetzt hast du einen runden Geburtstag.“ Für mich hat das kaum Bedeutung. Natürlich blickt man zurück, erinnert sich daran, wie es als Kind war und denkt, dass das noch gar nicht so lange her ist. Außerdem macht man sich auch seine Gedanken darüber, was man geschafft hat und was man noch machen will. Aber ich bin nicht traurig darüber oder sage, ich möchte wieder 30 sein. Das ist alles Quatsch, solche Dinge sind mir egal.
teleschau: Ehrlich?
Schönemann: Ja, jedes Jahrzehnt hat enorme Vorteile. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass meine Kinder noch ihren Weg gehen müssen, denke ich, was für ein Glück, dass ich das hinter mir habe. Schule zum Beispiel, da würde ich nie wieder hineingehen wollen. Das wäre Horror.
teleschau: Gibt es etwas, das Sie künftig neu oder anders machen möchten?
Schönemann: Beruflich möchte gerne den Weg als Regisseur ausbauen und Filme machen, die mir gefallen. Darauf hätte ich wirklich Lust. Als Nächstes darf ich jetzt auch im Februar 2025 wieder bei einer Folge „Nord bei Nordwest“ Regie führen, darauf freue ich mich sehr.
teleschau: Und privat?
Schönemann: Privat möchte ich gesund bleiben und mit der Familie zusammen sein. Das sind zwar Schlagwörter, die man von jedem hört, aber das ist auch, was man sich mit 50 wirklich wünscht. Man ist nicht mehr so blauäugig wie mit 20 Jahren. Wenn man jetzt was macht, macht man's auch gleich für die nächste Generation, und man gibt sein Wissen weiter, ob es die Kinder annehmen oder nicht.
teleschau: Wie halten Sie sich fit?
Schönemann: Ich laufe drei bis vier Mal pro Woche zu Hause auf dem Laufband.
Schönemann: Draußen will ich nicht laufen, das hat was mit den Temperaturen zu tun und damit, dass ich ganz leicht umknicke. Ich laufe aber gerne, weil ich merke, dass es meinem Körper guttut. Wenn ich es eine Zeit lang nicht gemacht habe, fühle ich mich nicht mehr so wohl. Außerdem liebe ich Disziplin, ich liebe es, meinen eigenen Schweinehund zu überwinden. Das habe ich schon damals gelernt, als ich Sportler war.
teleschau: Welchen Sport haben Sie gemacht?
Schönemann: Ich habe sehr lange Kickboxen gemacht, und als Kind bin ich gesegelt. Ich habe mich schon immer sehr gerne bewegt, und ich merke, dass das mein Körper das braucht. Das hält mich fit.
teleschau: Wenn Sie Ihrem jüngeren Ich einen Tipp geben könnten, was würden Sie ihm sagen?
Schönemann: Spontan? Gar nichts. Ich durfte mein Leben lang immer alles machen, was ich wollte und war dabei teilweise sehr kompromisslos. Ich würde meinem jüngeren Ich eher zustimmen und sagen: „Ja, hab' keine Angst, das, was Du machst, wird Früchte tragen.“ Insofern würde ich mir selber keinen Rat geben können, sondern eher denken: „Ach krass, das habe ich gemacht?“
teleschau: Dann sind Sie eher der spontane Typ?
Schönemann: Ja. Spontan und intuitiv. Egal, was passiert, ich nehme die Sachen, wie sie kommen und mach das Beste draus.
teleschau: Gehört dazu auch Ihre Entscheidung, vom Tierladen-Besitzer zum Schauspieler zu werden?
Schönemann: Genau. Ich wollte immer mein eigener Chef sein und ich wusste, dass ein Büro für mich nicht infrage kommt. Immer in Interaktion mit anderen oder im Vergleich sein, von wegen: „Hast du das schon fertig?“ - Das hätte ich nicht gekonnt. Also musste ich mir etwas suchen, das mir voll und ganz entspricht, damit ich gut darin sein kann.
teleschau: Und das war das Schauspiel ...
Schönemann: Als sich die Möglichkeit bot, Schauspieler zu werden, wusste ich, dass es etwas ist, das mir viel mehr Raum bieten würde als ein Zooladen. Also bin ich dafür gegangen. Ich habe noch immer ein Faible für Tiere, aber jetzt würde ich auf gar keinen Fall mehr mit ihnen handeln.
teleschau: Insofern passt die Rolle als Tierarzt sehr gut zu Ihnen.
Schönemann: Wenn wir könnten, hätten wir auch so was wie einen Gnadenhof, wie in „Nord bei Nordwest“. Allerdings ist damit sehr viel Verantwortung verbunden, und man ist gebunden, dazu haben wir momentan keine Zeit. Ich helfe Tieren auf meine Weise, zum Beispiel warte ich immer bis Juli bevor ich auf meinen Feldern Heu mache, damit ich keine Kitze verletze und die Tiere in Ruhe ihre Babys kriegen können.
teleschau: Wie ist es, in einer Reihe Regie zu führen, in der man selber spielt?
Schönemann: Das ist weniger anstrengend, als man denkt. Dadurch, dass ich die Rolle kenne, fällt es mir leicht. Es ist eher eine praktische Sache. Ich muss ein bisschen darauf vertrauen, was mein Gefühl mir sagt, wenn ich im direkten Spiel mit den Kollegen bin, damit ich gedanklich dort bleibe und die Verbindung nicht abreißt. Wenn es etwas Technisches gibt, schaue ich es mir natürlich sofort an. Allerdings würde ich gerne einen Spielfilm machen, in dem ich nicht mitspiele und „nur“ Regisseur sein darf.
teleschau: Was würden Sie denn gerne drehen?
Schönemann: Am liebsten würde ich Charaktere verfilmen, die wirklich skurril und dadurch unberechenbar sind, wie es beispielsweise der fiktive Geheimagent Hubert Bonisseur de La Barth in den französischen „OSS 117“-Filmen ist. Die Folgen handeln von einem Spion, der an James Bond erinnert, aber sehr unkonventionell und chaotisch ist. Ein ernstes Thema mit Witz zu verbinden, wie es in diesen Filmen der Fall ist, das wäre mein Traum.
teleschau: Das klingt jetzt ein bisschen wie Columbo ...
Schönemann: Was die filmischen Mittel angeht, ist Columbo natürlich um einige Jahrzehnte älter, aber es geht in die Richtung. Ich finde es spannend, wenn man nicht voraussehen kann, was der nächste Schritt ist. Der Schauspieler hat dadurch große Freiheit und kann machen, was er will. Wenn man schon am Anfang des Titels weiß, wie das Ende ausgeht - von wegen die kriegen sich und das Pferd ist gerettet -, dann würde mir das nicht gefallen.
teleschau: Welche Filme oder Serien sehen Sie sich privat im Fernsehen an?
Schönemann: Ich bin kein Fernsehgucker. Das hat etwas damit zu tun, dass die Kinder ins Bett gehen und ich abends dann auch müde bin. Aber über Streaminganbieter schaue ich natürlich alles, was mich interessiert. Wenn ich auf dem Laufband laufe, habe ich Zeit dafür.
teleschau: Und was schauen Sie dann zum Beispiel?
Schönemann: In der ARD-Mediathek habe ich etwas gefunden, von dem ich dachte: „Wie krass ist das denn? Ich will genau solche Filme machen!“ Die Serie nennt sich „So long, Marianne“ und ist eine norwegische Produktion. Sie beschreibt den Aufstieg von Leonard Cohen und das Leben mit seiner damaligen Freundin. Das ist wirklich eine ganz eigene Welt, das ist ganz toll.
teleschau: Existieren schon Pläne für einen Film, in dem Sie rein als Regisseur fungieren?
Schönemann: Wenn etwas zu 100 Prozent feststehen würde, würde ich sofort ganz stolz erzählen, was es ist und was wir machen. Aber so lange nichts in trockenen Tüchern ist, rede ich nicht darüber. Da bin ich wirklich abergläubisch.
teleschau: Glauben Sie als Schütze auch an Horoskope?
Schönemann: Ich bin manchmal über die Zufälle erstaunt, die im Leben passieren. Da geschehen Ereignisse, die ich mir nicht erklären kann und von denen man sagt: „Das kann's gar nicht geben, das ist absurd.“ Und es gibt Verhaltensweisen, die zum Job gehören, die Handwerk sind sozusagen. Zum Beispiel läuft man als Schauspieler nicht unter einer Leiter durch. Wenn das passieren würde, müsste man den gleichen Weg zurückgehen. Und ich verrate nichts, wenn noch nichts in Sack und Tüten ist. Insofern bin ich vielleicht ein bisschen abergläubisch, aber an Übersinnliches und Horoskope glaube ich nicht. (tsch)