Julia Koschitz ganz unverblümt„Heiraten? Das war noch nie mein Ding!“

Julia Koschitz beim 22. NRW Empfang des Landes NRW und der Film- und Medienstiftung NRW im Rahmen der Berlinale 2025 in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Julia Koschitz (hier im Februar 2025 beim NRW-Empfang auf der Berlinale) hält nicht viel von der Ehe.

Julia Koschitz hat mit uns über das ernste Thema Gewalt an Frauen, aber auch über Liebe auf den ersten Blick und Alterserscheinungen gesprochen.

von Laura Schmidl

Der neue Mann scheint perfekt: Aufmerksam, romantisch, zuvorkommend. Ein bisschen zu perfekt. Der vermeintliche Mr. Right entpuppt sich nach und nach als kranker Stalker ... Darum geht es in „Ewig Dein“, dem neuen Thriller mit Julia Koschitz (Montag, 14. April,  um 20.15 Uhr im ZDF und bereits jetzt in der Mediathek).

Die Schauspielerin beschäftigte sich dafür nicht zum ersten Mal mit dem Thema Gewalt gegen Frauen. Mit uns hat die österreichische Schauspielerin über dieses schwierige Thema gesprochen.

Julia Koschitz spielt Stalking-Opfer sehr intensiv

In „Ewig Dein“ geht es – grob gesagt – um Stalking. Haben Sie sich auf diese Rolle besonders vorbereitet?

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Julia Koschitz: Wir hatten bei dieser Produktion den Vorteil, dass die Regisseurin Johanna Moder, Manuel Rubey (spielt Hannes, den Stalker von Koschitz Rolle Judith, Anm. d. Red.) und ich uns schon früh zusammensetzen konnten, um über das Buch zu sprechen. Wir haben uns ausgiebig mit den Figuren und den jeweiligen Beziehungen auseinandergesetzt und damit, was wir mit dieser Geschichte erzählen wollen. Da wurde schon viel angelegt für meine Vorbereitung. Ich habe mich natürlich auch mit dem Thema Gaslighting und Stalking beschäftigt, aber nicht zum ersten Mal. Das Thema Gewalt gegen Frauen, oder in einer Beziehung, ist mir in meiner Arbeit schon öfter begegnet. In meinem Anfänger-Engagement am Theater z. B. habe ich in einem Inzestdrama gespielt, wo ich mich zum ersten Mal mit dem Thema sexuellen Missbrauch auseinandergesetzt habe.

Sind Sie persönlich schon einmal als Schauspielerin von Stalking betroffen gewesen?

Julia Koschitz: Ich habe es eine Zeit lang bei einem männlichen Kollegen mitbekommen, der von einer Frau gestalkt wurde. Und in sehr abgeschwächter Form habe ich es auch selbst erlebt, dass ein Fan versucht hat, Kontakt aufzunehmen und dabei meine Grenzen nicht gewahrt hat. Das war, von seiner Seite aus, immer freundlich und eigentlich harmlos, deswegen aber trotzdem nicht angenehm.

Wie war denn der Dreh für Sie? Es gibt diese Vergewaltigungsszene. Ist das für Sie besonders schwierig?

Julia Koschitz: Es ist nicht schwierig, wenn man mit Kolleginnen und Kollegen arbeitet, die so respektvoll und so gut sind wie bei diesem Projekt. Auch bei solchen Szenen geht es um die Frage, was man transportieren will und wie man das am besten erreicht. Alles wird genau besprochen, und das im Beisein einer Intimacy-Koordinatorin, die bei solchen Szenen mittlerweile immer anwesend ist. Jeder legt im Vorhin-ein seine Grenzen fest und daran wird sich gehalten. Dann ist das alles kein Problem. Wir haben diese Szene in einem sehr geschützten Rahmen gedreht.

Hannes (Manuel Rubey) hält Judith (Julia Koschitz) am liebsten mit beiden Händen ganz fest.

Manuel Rubey (l.) als Hannes kommt Julia Koschitz im ZDF-Film „Ewig Dein“ zu nahe.

Im Film ist es so, dass die Freunde von Judith ihr nicht glauben, was Hannes anbelangt. Warum?

Julia Koschitz: Es ist ein unglückliches Zusammenspiel aus ihrem Rückzug und seiner Manipulation. Nachdem er ihr körperlich Gewalt angetan hat, sucht sie nicht etwa Hilfe und Unterstützung bei Freunden, sondern zieht sich zurück. Aus Scham, die sich bei Opfern dieser Gewalttat häufig einstellt. Das wiederum gibt ihm Raum, seine Position in ihrem Freundeskreis und der Familie zu verteidigen. Er schafft es, diese so für sich zu gewinnen und zu manipulieren, dass ihre vertrautesten Menschen ihr Verfolgungswahn attestieren, statt sie zu schützen. In der Geschichte herrscht immer eine gewisse Latenz: Wer ist hier eigentlich wahnsinnig? Ist sie es oder er?

Das ist vermutlich nicht weit von der Realität entfernt, die manche Frauen erfahren...

Julia Koschitz: Na ja, es ist ein Thriller und natürlich dramaturgisch überhöht, aber Daniel Glattauer, der Autor des Romans, hat genau die Verhaltensmuster beschrieben, die Gewalttäter dieser Art aufweisen. Gerade neulich habe ich das wieder in einem Bericht über Femizide in Deutschland gehört. Es ist ein erschreckend aktuelles Thema, wenn man sich die steigenden Zahlen ansieht. Es gibt sicher unterschiedliche Gründe dafür, aber einer ist sicher ein struktureller, wenn man bedenkt, wie juristisch mit häuslicher Gewalt umgegangen wird im Vergleich zu Taten, die im öffentlichen Raum passieren. Das Strafmaß ist viel geringer. Da fragt man sich, warum das so ist?

Im Film scheint Hannes zuerst total verliebt. Von seiner Seite war es Liebe auf den ersten Blick – die natürlich komplett abdriftet. Aber wie ist es bei Ihnen: Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?

Julia Koschitz: Ich würde es nicht so nennen. Aber ich bin in meinem Leben mehrmals Menschen begegnet, mit denen sich sofort eine tiefere Verbindung hergestellt hat. Meistens habe ich es erst im Nachhinein erkannt, aber eigentlich war gleich am Anfang klar, dass mich etwas Besonderes mit dem- oder derjenigen verbindet.

Julia Koschitz: Das sind meine „Red Flags“

Bei Hannes kommen dann schnell die ersten „Red Flags“, also Warnhinweise. Haben Sie „Red Flags“, was potenzielle Partner und generell neue Menschen angeht?

Julia Koschitz: Übergriffiges, besitzergreifendes Verhalten bringt mich ganz schnell auf Distanz. Wenn jemand meint, für mich Entscheidungen treffen zu können, mich ständig überreden will oder meint, mir die Welt – oder noch besser – mich erklären zu müssen. Das geht gar nicht. Man muss auf Augenhöhe sein. Und ich muss beim anderen das Gefühl haben, dass ich gesehen und respektiert werde, dass meine Grenzen gewahrt werden. Selbst am Anfang, wo man mit all seiner romantischen Sehnsucht miteinander verschmelzen möchte.

Apropos „romantische Sehnsucht“. Sie haben auch mal gesagt, Sie halten nichts vom Heiraten. Auch als junges Mädchen nie vom kitschigen weißen Kleid und Kutsche mit weißen Pferden geträumt?

Julia Koschitz: Nein, hatte ich nie. Vielleicht liegt's daran, dass ich ein Scheidungskind bin, vielleicht war es aber auch einfach nie mein Ding.

Sie sind vor ein paar Monaten 50 geworden. Hat dieser runde Geburtstag irgendetwas ausgelöst oder verändert?

Julia Koschitz: Außer, dass mich gerade viele Menschen auf diese Zahl ansprechen, hat sich nichts geändert. Es gibt andere Auslöser, die mich über mein Alter nachdenken lassen.

Was sind das für Momente?

Julia Koschitz: Ich fühle mich alt, wenn ich nicht in der Lage bin, eine neue App schnell genug zu bedienen. Oder, wenn ich nach einer durchgefeierten Nacht am nächsten Tag unbrauchbar bin. Wenn ich plötzlich merke, dass ich unflexibel werde und es mir zu bequem mache. Aber ich fühle mich auch im positiven Sinne älter. Ich kümmere mich nicht mehr so ausgiebig darum, was andere Leute denken, sondern hinterfrage eher, was ich für richtig halte.

Julia Koschitz: Ihre Privatsphäre ist ihr heilig

Die österreichische Schauspielerin Julia Koschitz wurde am 26. Dezember 1974 in Brüssel geboren. Als Tochter Wiener Eltern wuchs sie in Frankfurt am Main auf. 1995 bis 1998 absolvierte sie ihre Schauspielausbildung in Wien, spielte anschließend im Landestheater in Coburg und Regensburg. 2004 bis 2007 spielte sie in der TV-Serie „München 7“ mit.

Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Rolle als unleidliche Dr. Hassmann in „Doctor's Diary“ an der Seite von Florian David Fitz und Diana Amft. 2024 war sie im Kinofilm „Der Vierer“ in einer Hauptrolle zu sehen. Über ihr Privatleben gibt Koschitz meist nicht viel bekannt. Koschitz hat keine Kinder, auch ihren Beziehungsstatus macht die Schauspielerin nicht öffentlich. Aktuell lebt sie in München.