Interview

Katharina ThalbachBekenntnis verblüfft: „Mag mich nicht im Fernsehen anschauen“

Miss Merkel (Katharina Thalbach) löst den Mordfall, während ihre geladenen Gäste ihr aufmerksam zuhören.

Eine gewisse Ähnlichkeit zur Alt-Kanzlerin lässt sich nicht leugnen: Katharina Thalbach in ihrer Rolle als Miss Merkel.

Die Schauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach hat mit EXPRESS.de über die Reihe „Miss Merkel“, Lampenfieber vor Live-Auftritten, Köln und ihre Synchronstimmen gesprochen.

von Alexandra Miebach  (mie)

In zwei Fällen hat sie schon als Miss Merkel ermittelt, die Filme laufen inzwischen sogar international (unter anderem in Italien und Großbritannien). Und Anfang 2025 soll der Dreh zur dritten Verfilmung der Bücher von David Safier starten.

Am Donnerstag, 24. Oktober, liest Katharina Thalbach (70) im Rahmen des Cologne Comedy Festivals ihre Lieblingsstellen aus „Miss Merkel: Mord in der Uckermark“ vor. In unserem Interview verrät sie, warum sie auch nach mehr als 60 Jahren im Showgeschäft noch Lampenfieber hat.

Katharina Thalbach über Angela Merkels „ikonenhaftes Aussehen“

Was gefällt Ihnen besonders gut an Miss Merkel?

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Katharina Thalbach: Ich finde die Vision von David Safier bezaubernd. Sie verbindet Agatha Christies Miss Marple, die ermittelnde Rentnerin, mit der Figur der ersten deutschen Bundeskanzlerin. Er macht daraus seine Idee von dem, was Frau Merkel in ihrer Rente macht und schafft damit ein Märchen, dass sie eine sehr gescheite Detektivin wird. Durch die Rolle habe ich die Chance, eine Miss-Marple-Figur zu spielen, die ich immer gerne gespielt hätte. Aber niemand spielt Miss Marple so gut wie Margaret Rutherford.

Was hat Sie bei Ihrer Vorbereitung auf die Rolle inspiriert?

Katharina Thalbach: Ich spiele sie jetzt schon das zweite Mal, habe sie 2012 schon in der Guttenberg-Satire „Der Minister“ gespielt, da hießt sie aber Angela Murkel. Damals habe ich mich sehr viel mit ihr beschäftigt, das war noch in Zeiten ihrer Kanzlerschaft, wo sie ja eh die ganze Zeit immer zu sehen war. Ich habe vieles über sie gelesen und mir Dokumentationen angeguckt. Und ihr ikonenhaftes Aussehen, die Frisur und die vielen Blazer, macht eben auch viel aus.

Sie lesen live aus den Büchern vor. Keine Angst, sich zu verlesen? Oder kennen Sie die Textstellen inzwischen auswendig?

Katharina Thalbach: Man verliest sich hin und wieder. Das darf man auch. Live dürfen Fehler passieren. Manchmal sind die Verleser dann auch so komisch, dass es einen guten Lacher gibt.

Katharina Thalbach steht bei dem Pressetermin zu "Die fünf glorreichen Sieben" in der Bar jeder Vernunft auf der Bühne.

Wandelbar ist sie auf jeden Fall: Katharina Thalbach 2019 als José Piñatain in „Die fünf glorreichen Sieben“.

Haben Sie nach so vielen Jahren im Geschäft noch Lampenfieber?

Katharina Thalbach: Ja, auf jeden Fall. Vor Lesungen oder Auftritten im Theater ist das auch nach all den Jahren noch da. Das geht nicht weg zumindest bei mir nicht. Es ist immer ein neues Publikum, neue Städte, ich bin vor Liveauftritten einfach immer aufgeregt.

Wie gehen Sie damit um?

Katharina Thalbach: Da muss ich durch.

Sind Sie bei Drehs auch nervös?

Katharina Thalbach: Da habe ich das nicht so. Man kennt das Team, mit dem man arbeitet und bei Patzern kann man die Szene wiederholen.

Katharina Thalbach: „Köln ist nicht eine der schönsten Städte“

Was ist Ihre Lieblingsstelle aus den Büchern?

Katharina Thalbach: Ich habe mehrere, die ich natürlich nicht verrate, weil ich die ja vorlesen will. Es gibt wirklich schöne Sprüche von David Safier, die ich sehr gerne mag. Und er schreibt tolle Dialoge.

Mit der Lesung treten Sie bald in Köln auf, wo sie schon viel Zeit verbracht haben. Was mögen Sie an der Stadt besonders?

Katharina Thalbach: Köln ist ja leider im Krieg sehr zerstört worden und der Wiederaufbau hat nicht immer tolle Leistungen gebracht. Also ist Köln nicht eine der schönsten Städte. Aber die Kölner sind einfach zauberhaft. Ich liebe die Leute, die rheinische Frohnatur. Das Einzige, was ich nicht habe, ist das Karnevalsgen. Karneval ist nicht so mein Fall.

Die Schauspielerinnen Nellie Thalbach (l-r), Katharina Thalbach und Anna Thalbach präsentieren sich zusammen mit Designer Guido Maria Kretschmer (2.v.r.) bei der Pressekonferenz zum Theaterstück "Mord im Orientexpress".

Schauspielerei liegt in der Familie: Wie Katharina (Mitte) sind auch Enkelin Nellie (links) und Tochter Anna Schauspielerinnen. Hier freuen sie sich mit Designer Guido Maria Kretschmer bei der Premiere von „Mord im Orientexpress“.

Die Lesung findet im Rahmen des Cologne Comedy Festivals statt. Finden Sie, dass Comedy gerade in unruhigen Zeiten wie diesen noch mal besonders wichtig ist?

Katharina Thalbach: Ich glaube, Lachen ist immer wichtig. Das ist – neben der Musik – eine der wichtigsten Eigenschaften, die uns Menschen gegeben ist. Ohne Lachen kann man nicht leben – also ich jedenfalls nicht.

Sie sind Fan von Agatha Christie und ihrer Miss Marple. Was fasziniert Sie an Kriminalgeschichten?

Katharina Thalbach: Ich würde das nicht verallgemeinern. Das sind sehr spezielle Kriminalgeschichte, die mich schon in meiner Kindheit geprägt haben. Meine Großmutter und meine Lehrmeisterin, Helene Weigel, die Witwe von Bertolt Brecht, haben mir die Agatha-Christie-Krimis gegeben. Seither bin ich dieser Frau verfallen. Und seit ich weiß, dass sie in zweiter Ehe mit einem Archäologen verheiratet war, bin ich ihr noch mehr zugetan – ich wollte früher immer selbst Ägyptologie studieren. Christies Figuren Miss Marple und Hercule Poirot begleiten mich jetzt schon seit 60 Jahren.

Krimi und Comedy – wie bei Miss Merkel – wie passt das zusammen?

Katharina Thalbach: Ich finde, das passt gut zusammen. Das hat Tradition, man kennt das von englischen Kriminalgeschichten wie Sherlock Holmes. Das gab es sogar schon in den großen Tragödien von Shakespeare. Die komischen Szenen waren meist die Mörderszenen. Vielleicht hält man den Schrecken besser aus, wenn das Ganze auch noch ein bisschen witzig ist.

Miss Merkel läuft in Italien, soll in Großbritannien und den USA ausgestrahlt werden. Haben Sie Ihre Synchronstimmen schon gehört?

Katharina Thalbach: Auf keinen Fall, das traue ich mich nicht. Dann würde ich mir ja selbst fremd werden. Ich finde es eh schon schwer, mich selbst im Fernsehen anzugucken. Und das dann auch noch mit einer anderen Stimme, da gehe ich ja ganz kaputt.

Wenn Sie mal einen Blick in Ihre Vergangenheit und auf Ihre Karriere werfen – Sie schauspielern ja seit über 60 Jahren: Was war bisher Ihre liebste Phase im Leben?

Katharina Thalbach: Das kann ich nicht sagen. An sich ist immer die Phase, in der ich mich gerade befinde, meine liebste Phase im Leben. Ich erinnere mich gerne, lebe aber im Hier und Jetzt.

Ihre Tochter und ihre Enkelin sind ebenfalls Schauspielerinnen. Wie finden Sie das?

Katharina Thalbach: Da musste ich mich dran gewöhnen. Ich hätte immer gedacht, die werden was Besseres als ich.

Was hätten Sie sich stattdessen für die beiden gewünscht?

Katharina Thalbach: Astrophysik, das hätte ich toll gefunden.

Warum gerade Astrophysik?

Katharina Thalbach: Na ja, das ist das, was uns bestimmt. Wenn ich abends in den Himmel gucke, finde ich das immer wieder faszinierend. Ich finde Wissenschaft allgemein faszinierend, bewundere diese Leute. Ich bewundere aber auch Ärzte, Lehrer, alle die, die der Allgemeinheit dienen. Aber eigentlich sollten wir in einer guten Gesellschaft ja alle der Allgemeinheit dienen, auf unsere Art. Astrophysik finde ich eben einfach toll, weil das was mit Sternen zu tun hat. Die leuchten jede Nacht am Himmel und sind immer da. Das ist einfach spannend.

Sie sind 70 Jahre alt. Schon mal an Ruhestand gedacht?

Katharina Thalbach: Nein, ich bin zwar Rentnerin, aber ich habe auch noch gute Angebote und ich liebe es zu arbeiten, vor allem live vor Publikum. Das würde mir sehr fehlen und ich hoffe, dass ich das noch mindestens so lange machen kann wie Herr Heesters.

Katharina Thalbach: Schauspielerei liegt in der Familie

Katharina Thalbach (bürgerlich Katharina Joachim genannt Thalbach) wurde am 19. Januar 1954 in Ost-Berlin geboren. Ihr Vater war der Regisseur Benno Besson (1922–2006), ihre Mutter die Schauspielerin Sabine Thalbach (1932–1966). Im Alter von vier Jahren gab sie ihr Filmdebüt in „Begegnung im Dunkel“. Mit 15 stand sie im Berliner Ensemble als Hure Betty in Erich Engels Inszenierung des Brecht/Weillschen Welterfolgs „Die Dreigroschenoper“ auf der Bühne.

Sie siedelte vor der Wende in den Westen über, spielte 1979/80 an den Bühnen der Stadt Köln, inszenierte mehrere Opern in der Domstadt. Sie spielte in zahlreichen Kinofilmen (u. a. „Hanni & Nanni“, „Honig im Kopf“) und TV-Produktionen (zuletzt „Kafka“) mit. Thalbach lebt in Berlin, ist seit 2020 mit Koch Uwe Hamacher verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe mit Vladimir Weigl (74) stammt ihre Tochter Anna (51).