Bei „Markus Lanz“ wurde über Klimapolitik und Energiewende diskutiert - mit bayerischer Schlagseite. CSU-Politiker Martin Huber geriet dabei nicht nur mit einer Klimaaktivistin von Fridays For Future aneinander, die ihm billigen Populismus vorwarf, sondern auch mit dem ZDF-Moderator. Der verlor irgendwann die Geduld.
Markus LanzZoff im ZDF-Talk – Moderator Lanz verliert die Geduld: „Das ist einfach Quatsch“
Die bayerische Klimapolitik sorgt in vielerlei Hinsicht für Fragezeichen. Während CSU-Chef Markus Söder immer wieder öffentlich gegen die geplanten Vorhaben der Ampel-Koalition stichelt, gilt Bayern selbst bei vielen als Bremser bei der Energiewende. Dagegen positionierte sich CSU-Generalsekretär Martin Huber, der bei „Markus Lanz“ (ZDF) am Donnerstag versuchte, für die bayerische Klimapolitik zu werben. Dieser Versuch - man darf es vorwegnehmen – scheiterte jedoch kläglich.
Schon zu Beginn der Sendung war klar, dass Lanz den CSU-Mann aus der Reserve locken wollte: Wie wichtig sei für Bayerns Ministerpräsident Söder „das Feindbild Berlin und die Ampel?“, fragte der Moderator, worauf Huber nach ein paar Ausschweifungen lospolterte: „Wir sind ein Gegenmodell zur Chaos-Ampel!“ Lanz räumte lachend ein: „Ich habe gedanklich heruntergezählt, bis das Wort Chaos-Ampel fällt.“
Markus Lanz zu Martin Huber: „Warum antworten Sie nicht auf diese einfache Frage?“
Dies brachte den Moderator dazu, auf die allgemein provokante Wortwahl des CSU-Politikers in der jüngsten Vergangenheit einzugehen. „Schurkenstaat, Heiz-Sozialismus, Chaos-Ampel: Wer denkt sich sowas aus?“ Huber erklärte nüchtern: „Die Jobbeschreibung eines Generalsekretärs ist doch, dass man zugespitzt auf Dinge hinweist. Ich versuche nur, meine eigenen Akzente zu setzen.“
Bei einer dieser Zuspitzungen verlor Lanz jedoch die Geduld: Als der CSU-Generalsekretär unterstellte, die Ampelpläne sähen pauschal vor, „dass im nächsten Jahr die Heizungen ausgewechselt werden müssen“, fuhr der Moderator dazwischen: „Das ist einfach Quatsch! Herr Dr. Huber, warum machen Sie das?“
Daraufhin entbrannte in der Sendung eine Grundsatzdiskussion, als Markus Lanz sich vor allem auf das Thema Windkraft fokussierte, bei dem Bayern nach wie vor besonders viel Nachholbedarf zu haben scheint. „Bei Windkraft sind wir im guten Mittelfeld, aber wir werden da aufholen“, versprach Huber zunächst.
Genauere Zahlen und Fakten wollte der Politiker jedoch nicht preisgeben, weshalb der ZDF-Moderator mehrfach nachhaken musste: „Wie viele Windräder haben Sie im vergangenen Jahr in Bayern gebaut?“ Als Huber abermals mit einer Gegenfrage antworten wollte („Wissen Sie, wer die meisten Klagen einreicht gegen Windkraftanlagen?“), wurde der Moderator säuerlich: „Warum antworten Sie nicht auf diese einfache Frage?“ Nach weiteren verbalen Geplänkel entfuhr es Huber schließlich: „Sagen Sie's schnell, dann geben Sie Ruhe.“ Als Lanz mit der Zahl „22“ Licht ins Dunkle brachte und obendrein mickrige zwei Genehmigungen für neue Anlagen aufführte, fügte er ironisch hinzu: „Es macht Spaß mit Ihnen. Ich hatte noch nie jemanden, der partout auf gar keine Frage antwortet.“
Auch Pauline Brünger, Klimaaktivistin und Sprecherin von „Fridays for Future“, platzte irgendwann der Kragen: „Was Herr Huber hier erzählt, ist mir ehrlich gesagt zu billig. Die Wahrheit ist, dass wir in Bayern sehr weit zurück sind, was den Ausbau von Windenergien angeht. Wir haben in der Klimakrise ganz viele Ziel-Konflikte, die wir klug auflösen müssen. In Bayern haben wir dagegen immer noch sehr restriktive Regeln.“ So gelte - von einigen Ausnahmen abgesehen – eine 1.000 Meter-Regel, die den Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung bemisst. Huber relativierte genervt: „Erneuerbare Energien sind ja nicht nur Windkraft. Es geht auch um Biomasse und Wasserkraft. Sie reden immer nur über den Wind! Reden wir doch auch mal darüber, was die Stärken in Bayern sind!“
Daraufhin schaltete sich Windkraftunternehmer Johannes Lackmann ein, der in der Runde klarstellte: „Der Wasserstoff, über den Sie die ganze Zeit sprechen, ist viel zu teuer! Das sind begrenzte Ressourcen, auf denen Sie sich nicht ausruhen können.“ Lackmann weiter: „Wasserstoff brauchen wir nur da, wo er notwendig ist, wie in der Stahl-Industrie.“ Klimaaktivistin Pauline Brünger fügte mit ernstem Blick in Richtung Huber hinzu: „Wir haben bewährte Technologien, von denen wir wissen, dass sie funktionieren. Aber immer, wenn wir das haben, kommen Sie mit einer halbgaren Idee um die Ecke. Das ist an der Stelle reine Blockade!“
Noch mehr ins Mark traf Lackmann den CSU-Mann mit seiner düsteren Prognose: „Die Windenergie wird Ihnen massiv auf die Füße fallen, wenn Sie die nicht ausbauen.“ So werde es in Zukunft wohl eine norddeutsche und eine süddeutsche Preiszone im Strommarkt geben, wobei der Strom im Norden, wo er überwiegend produziert werde, eben günstiger sein werde. Eine „Nordwanderung“ der Industrie sei deshalb nicht auszuschließen. Lackmanns i-Tüpfelchen der Provokation: Das Kürzel BMW könne dann durchaus für „Bremer Motorenwerke“ stehen. „Ihre Argumentation ist eine absolute Unverschämtheit“, keilte Huber zurück und verwies auf die hohen Summen, die Bayern im Rahmen des Länderfinanzausgleichs bezahle.
Martin Huber über den Doktortitel: „Für mich ist das Thema abgeschlossen“
Statt sich inhaltlich auf die Debatte einzulassen, ignorierte Martin Huber immer wieder zahlreiche Fragen und sah sich obendrein genötigt, den ZDF-Moderator darauf hinzuweisen, dass die Anrede „Doktor Huber“ nicht zutreffend sei - was Lanz durchaus bewusst gewesen sein dürfte. Eine Überprüfung seiner Doktorarbeit durch die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ergab unlängst, „dass die Handhabung der Formalia als wissenschaftliche Technik nicht den wissenschaftlichen Anforderungen an eine Dissertation entspreche“.
Demnach hätte Hubers Doktorarbeit „nicht als Dissertationsleistung angenommen werden dürfen“. Huber: „Ich habe mich freiwillig entschieden, den Titel nicht mehr zu führen. Ich will es hier klarstellen, damit nicht ein falscher Zungenschlag reinkommt. Für mich ist das Thema abgeschlossen.“ Nachdem Lanz mehrmals nachbohrte, jedoch keine weitere Antwort von seinem Gast erhielt, stellte Journalistin Kristina Dunz lachend fest: „Das scheint in der Natur der CSU-Generalsekretäre zu liegen!“
Mit Blick auf die Klimapolitik der CSU verging der Politikexpertin vom „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ jedoch wieder das Lachen. Sie warnte Huber: „Jetzt haben Sie einen bayerischen Scherbenhaufen. Die CSU ist mit dafür verantwortlich, wo wir heute stehen – und zwar nicht gut. Es wäre jetzt angebracht, ein bisschen selbstkritischer zu sein.“
Noch trister war das Resümee von Pauline Brünger: „Was man vonseiten der CSU hört, ist blanker Populismus, um eine unzureichende Politik noch irgendwie gut zu verkaufen. Mich erinnert das an vielen Stellen an die Politik in Berlin, die sie so kritisieren.“ Man verliere sich in Märchengeschichten und erzähle den Leuten, dass man die Klimakrise bekämpfen könne, ohne dass man etwas verändern muss, ohne dass es Einschränkungen gebe, ohne dass die Preise steigen – frei nach dem Motto: „Mit ein bisschen Feenstaub kriegen wir das am Ende hin.“ (tsch)