Die Kreation aus Ketchup, Mayo und Knoblauchgranulat sei doch seine Spezialität, beteuert Robert Gerich vom Neuöttinger Gasthaus „An(Gerich)tet“. Doch in „Rosins Restaurants - ein Sternekoch räumt auf“ (Kabel Eins) ging es nicht nur der „Teufelssoße“ an den Kragen.
Frank RosinSternekoch sieht „das Ungesündeste, das je vor mir stand“
Neuötting. Das Wortspiel im Gaststätten-Namen erschließt sich erst auf den dritten Blick: Mit dem „An(Gerich)tet“ im bayerischen Neuötting erfüllte sich das Ehepaar Robert und Alexandra Gerich (beide 50) nach Jahrzehnten in anderen Berufen einen Lebenstraum. Eine „gutbürgerliche, bodenständige Wirtschaft“ hatten sie im Sinn.
„Rosins Restaurants“: Ein einziger Albtraum in Neuötting
Die dazu nötigen kreativen Höhenflüge erstickten allerdings schnell in der hektischen Renovierung und dem durch Corona unterbrochenen Tagesgeschäft. „Irgendwie hat es mich nie hier hereingezogen“, kommentiert eine Passantin die schmucklose Fassade, an der nur ein hilflos aufgestelltes Partyzelt und handgeschriebene Zettel auf ein Restaurant mit Take-Away hindeuten.
So uninspiriert die Kundschaft und so improvisiert das Äußere, so dramatisch geht es im Inneren zu: Die Erfordernisse des Familienbetriebs, in dem auch Alexandras 76-jährige Mutter und ihre Schwester mitarbeiten, bringen alle Beteiligten an den Rand der Belastbarkeit. „Aus dem Traum wurde ein Albtraum“, fasst Alexandra die monatelange Selbstausbeutung zusammen. Als letztes erleidet Robert einen Herzinfarkt: Jetzt muss Hilfe her.
Frank Rosin fassungslos: „Hallo? Herzinfarkt!“
Und wer könnte überforderten Gastwirten besser den Kochlöffel halten als die pragmatische Gastro-Allzweckwaffe Frank Rosin? „Jetzt wird alles gut“: Als ihnen der Sternekoch eines Morgens direkt vom Himmel auf den Frühstückstisch zu fallen scheint, können die Gerichs ihr Glück kaum fassen. Alle Hoffnungen, aus dem gesundheitlichen und finanziellen Tief herauszufinden, ruhen auf dem jovialen Dorstener.
Dieser spricht „An(Gerich)tet“-Inhaber Robert Gerich erst mal Mut zu: „Schinken und Käse auf dem Brötchen, dazu Sekt? Hallo, Herzinfarkt!“ Und auch sonst fällt Rosins Urteil angesichts der Gasträume vernichtend aus. Die Frage, die sich ihm vor allem stelle, sei: „Was ist das denn?“ Die Antwort: „Trist, einfach nicht schön.“ Der Bewirtungs-Profi vermisst „den Wohlfühlfaktor, die Inspiration“. In der Küche sieht er einen kleinen Lichtblick: „Hier kann man arbeiten.“
„Rosins Restaurants“: Starkoch probiert „Füllmasse wie Moltofill“
Nach dieser Devise verfährt Familie Gerich sowieso: Bei ihnen entstehen die wichtigsten Zutaten in Handarbeit. „Spätzle statt Fitnessstudio“, staunt Rosin über die „ehrliche Handwerkskunst der Teige“, die in kräftezehrenden Bewegungen manuell hergestellt werden. So gerne wäre Gerich für seine Gäste der „Knödel-Robert“, aber noch sieht Frank Rosin keinen Weg zu dieser Auszeichnung.
„Woran erkennt man beim Werfen einen guten Knödel“, fragt er den verwirrten Klöße-King in spe: „Wenn die Fensterscheibe ganz bleibt.“ Zu fest seien sie noch, der Kaiserschmarrn wiederum zu „teigig“, eine „Füllmasse wie Moltofill“. Die Krone setze alledem das Putenschnitzel mit „Teufelssoße“ auf: „Das ungesündeste Essen, das je vor mir stand“, staunt der Zwei-Sterne-Koch über der Komposition aus Ketchup, Mayo und Knoblauchgranulat - alles schön vermischt und gemeinsam erhitzt.
„Stich ins Herz“ durch Frank Rosin: Chaos-Koch nach Kritik verletzt
Durchaus Anlass für ein kleines Schaudern, wäre da nicht das rührende Engagement von Teufelskoch Robert. Rosins Kritik empfinde der gelernte Metzger als „Stich ins Herz“, als „Messer in den Rücken“, denn er koche mit „Liebe und Leidenschaft“. Das merke er doch, beeilt sich Rosin zu versichern, er sei doch hier, um zu helfen.
Frank Rosin verzweifelt: „Wo ist das sexy sexym, lecker lecker?“
Jetzt gehe es vor allem um die Frage: „Wo ist das sexy sexy, lecker, lecker?“ Und dann zeigt er dem zwar verzweifelten, aber entschlossenen („Wir wollen jetzt lernen, sonst sind wir am A...“) Paar, was er meint: Resolut geht es an die „Fluffifizierung“ der Knödel, kommen Zutaten wie Bärlauch und Rote Beete in die Teiglinge, Calvados zum Kaiserschmarrn, Apfel und Stangensellerie in den Kartoffelsalat. Und siehe da: Dem plötzlich begeisterten Testpublikum schmeckt's!
Von „langweilig“ zu „richtig guad“: Mit ein paar Kochkniffen, aufgeräumten Innenräumen und neuen Geräten in der Küche wird ganz von vorne „an(gerich)tet“. Auf der Speisekarte stehen nun Speisen wie „Flambierter Kaiserschmarrn mit karamellisierten Mandeln und Rumrosinen“ und „Roberts Knödel Trilogie“. Alles neu, alle erleichtert, doch auf eine Spezialität wollen die Gerichs auch in Zukunft nicht verzichten: Zu Backhendl und „Schlemmertoast“ reichen sie nach wie vor - die Teufelssoße. (tsch)