Telenovelas haben beim türkischen Publikum eine große Fanbase. „Rote Rosen“ (Das Erste) geht daher neue Wege und rückt jetzt Familie Kilic in den Mittelpunkt der Handlung.
„Rote Rosen“Türkische Fanbase freut's: Das wird neu in der Telenovela
Tante Ceyda (Renan Demirkan, 68) freut sich: „Merhaba, hier kommen noch mehr Kilics.“ Neue Wege bei den „Roten Rosen“ – erstmals rückt ab Donnerstag (30. November 2023) in einer deutschen Telenovela das Leben einer deutsch-türkischen Familie komplett in den Mittelpunkt.
Und mit den Schauspielern Yunus Cumartpay (44) als „Mo“, Mehmet Daloglu (27) als „Elyas“ sowie Alinda Yamaci (20) als „Leyla Kilic“ spielen gleich drei Deutsch-Türken aus Köln mit.
„Rote Rosen“: Familie Kilic mischt eifrig mit
Die Handlung ist schnell erzählt: Weil Mo sich von seinem Arbeitgeber in Köln ausgebootet fühlt, schlägt er kurzerhand bei dem Angebot zu, als er auf einer türkischen Hochzeit in Lüneburg erfährt, dass dort eine Wäscherei frei wird. Doch aller Anfang ist schwer, die Arbeit ist viel, das Geld knapp. Erst recht vor dem Hintergrund, dass der Sohnemann in Köln ein ausschweifendes Studentenleben führt.
Während Mo sich voll in den Job stürzt, merkt er nicht, wie unglücklich seine Frau Jördis in ihrer Ehe ist. Erst als sie sich in einen anderen verliebt, wird sein Kampfgeist geweckt. Mo will seine Ehe (und vor allem seine Familie) nicht aufgeben.
Fast wie im richtigen Leben, kleine und große Dramen, unerfüllte Träume, dieses Mal mit türkischem Background. „Wir haben aber ganz bewusst darauf verzichtet, die Geschichte mit türkischen Klischees auszuschmücken“, sagt Produzent Jan Diepers. Man wolle aufgrund von Verwandtschaftsbeziehungen in die Türkei indes schon kulturelle Unterschiede herausarbeiten. Oder dass Mo den enormen Fleiß und das Pflichtbewusstsein der Gastarbeiter geerbt hat, aber auch den großen Familiensinn.
Bauchtanz gibt es allerdings genauso wenig wie katholisch-muslimische Konflikte. Diepers: „Wir sind ein Format, das mit der Religion vorsichtig umgeht, zeigen eher, dass jeder Glaube seine Existenzberechtigung hat.“ Akteur Yunus Cumartpay gefällt die neue Ausrichtung sehr, weil keine Generation verallgemeinert wird. „Schon meine Eltern erste Generation waren ziemlich liberal und haben uns zu nichts gezwungen.“ Bei jungen Erwachsenen habe er derzeit hingegen manchmal das Gefühl, dass sie zurückwanderten zu alten Klischees.
Produzent Diepers hofft natürlich, auch hierzulande eine große deutsch-türkische Community zu erreichen, denn „viele lieben Telenovelas“. Die Türkei ist nach Südamerika einer der erfolgreichsten Produzenten dieses Genres – mit Einschaltquoten bis zu 100 Millionen. „Deren Telenovelas verkaufen sich super“, sagt er.
Mehr als 500 Millionen Menschen auf dem Globus schauen sich Produktionen made in Turkey an. Bestes Beispiel: „Binbir Gece“. Die Telenovela wurde auch in Aserbaidschan, Bulgarien, Kroatien, Kuwait, Rumänien, Mazedonien, Serbien, Griechenland, Montenegro, Bosnien und Herzegowina und Slowenien ausgestrahlt. Na, da wäre es doch mal an der Zeit, dass die „Rote Rosen“ umgekehrt auch in der Türkei eine große Fanbase finden.
Telenovela: Geschichte und Geschichtchen
Die Geburtsstunde der Telenovelas fand im vorrevolutionären Kuba statt. Arbeiterinnen in den Zigarren-Manufakturen hörten vorgelesene Fortsetzungsromane im Radio.
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In den 1950er-Jahren entdeckten vor allem Brasilien und Mexiko den täglichen Fortsetzungsroman fürs TV und verkauften ihre Serien dann weltweit: Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs strahlte sogar das russische Fernsehen die mexikanische Telenovela „Los ricos también lloran“ aus (100 Millionen Zuschauer).
„Die Sklavin Isaura“: Mutter aller Telenovelas
Die erfolgreichste Telenovela aller Zeiten ist die in insgesamt 95 Länder exportierte Serie „Die Sklavin Isaura“. Allein 450 Millionen Chinesen verfolgten die Leiden der weißen Sklavin und verehren seitdem Hauptdarstellerin Lucélia Santos.
Davon können Produzierende nur träumen: In Polen ist „Isaura“ die quotenstärkste Sendung, die je im Fernsehen lief, da sie in Bestzeiten sogar auf 92 Prozent kam. Im Original hat sie 100 Folgen à 60 Minuten Laufzeit. Für Deutschland wurde sie zu 40 Folgen à 25 Minuten zusammengeschnitten, um die Geschichte zu straffen, sie war aber auch hierzulande sehr beliebt.
„Bianca – Wege zum Glück“ war die erste deutschsprachige Telenovela, die vom 1. November 2004 an in 224 Episoden im Nachmittagsprogramm des ZDF ausgestrahlt wurde und rund drei Millionen (zumeist ältere und weibliche Zuschauende) vor den Bildschirm lockte.
Tanja Wedhorn und Oliver Wellinghoff spielten die Hauptrollen und hatten ein strammes Programm: Erstmals musste für eine Fernsehserie jeden Tag über 40 Minuten sendefähiges Material gedreht werden, bei Seifenopern waren es „nur“ 25 Minuten. Das hatte einen zwölfstündigen Arbeitstag für alle vor und hinter der Kamera zur Folge.
„GZSZ“, „Unter uns“: Das unterscheidet die Soap von der Telenovela
Während in Seifenopern wie „Unter uns“, „GZSZ“ oder „Alles, was zählt“ in der Regel drei bis vier Handlungsstränge gleichzeitig verfolgt werden, gibt es in Telenovelas lediglich eine Haupthandlung, mit der fast alle Nebenhandlungen verknüpft sind. Das heißt für gewöhnlich viel Herzschmerz (auch bei sozialkritischen Themen) bis hin zum wunderbaren Happy End.
Anders als Seifenopern haben Telenovelas auch einen klar definierten Anfang und ein vorher festgelegtes Ende. Normalerweise dauern sie bis maximal ein Jahr, Seifenopern sind quasi endlos, allein sinkende Zuschauerzahlen können den „Tod“ bedeuten, aus Kostengründen übrigens oft ohne abgerundetes Ende.