Zahlreiche Ereignisse der vergangenen Woche haben einmal mehr verdeutlicht: Das Verhältnis zwischen den USA und Europa wird immer schwieriger. Darüber diskutieren am Sonntagabend die Gäste bei Caren Miosga im Ersten. SPD-Chef Lars Klingbeil versucht sich an einem Spagat aus Kritik und Kooperation.
Das „Du“ angebotenWerden die jetzt „beste Freunde“? SPD-Chef Lars Klingbeil spricht klartext, wie mit Friedrich Merz klarkommt
Fast kein Tag vergeht ohne eine Schlagzeile über die Donald Trump geführte US-Regierung. In der vergangenen Woche waren es gleich drei.
Am Montag wurde bekannt, dass ein Journalist zu einem Chat eingeladen wurde, bei dem wichtige US-Politiker einen Angriff auf Huthi-Rebellen im Jemen planten. Am Mittwoch tauchten Telefonnummern und Passwörter mehrerer Politiker der Regierung im Internet auf. Am Donnerstag offenbarten sich bei Friedensgesprächen zum Krieg in der Ukraine Zweifel über den Einfluss der USA auf den russischen Präsidenten Putin.
SPD-Chef Lars Klingbeil bei Caren Miosga: „Beste Freunde“ will er mit Friedrich Merz nicht werden
Das Onlinemagazin „Watson.de“ nahm all das zum Anlass, um eine Frage zu stellen: Was wäre, wenn die Politiker in Washington einfach dumm wären? „Wenn sie offenbar wirklich dämlich sind, steht uns das Schlimmste noch bevor“, heißt es in dem Kommentar wörtlich.
Doch Zeit-Online-Reporterin Rieke Havertz kommentiert in der Polit-Talkshow „Caren Miosga“: „Es geht hier nicht um Kompetenzen, es geht hier um Loyalitäten.“
Wie muss Europa reagieren? Das fragt Moderatorin Caren Miosga am Sonntagabend ihre Gäste, vor allem SPD-Chef Lars Klingbeil.
Der verhandelt gerade in einem kleinen Team über eine Wiederauflage der schwarz-roten Koalition, und Friedrich Merz, der vermutliche neue Bundeskanzler, habe ihm sogar schon das Du angeboten, erzählt Klingbeil. „Beste Freunde“ wolle man jedoch nicht werden.

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Caren Miosga diskutierte mit Journalistin Rieke Havertz, SPD-Chef Lars Klingbeil und Konfliktforscherin Florence Gaub über die neue US-Regierung.
Von Dummheit möchten die Gäste bei Miosga im Bezug auf die US-Regierung natürlich nicht sprechen. Dennoch findet Lars Klingbeil klare Worte. „Was mich am meisten schockiert, ist diese Art, dass man so wie pubertierende Teenager kommuniziert über eine sehr ernste Sache“, sagt der Politiker mit Blick auf den mittlerweile veröffentlichten Chat.
Konfliktforscherin Florence Gaub vermutet, dass darin Sicherheitsinformationen weitergegeben worden seien. Allerdings sagt sie auch: „Ich glaube, dass es klar sein muss, dass es hinter verschlossenen Türen eine Art von Sprache gibt, die nicht die öffentliche diplomatische Sprache ist.“ Rieke Havertz spricht von dem „größten Sicherheitsproblem, das Trump je hatte“.
„Ich sorge mich um die USA“, sagt Lars Klingbeil. Die ersten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden die Vereinigten Staaten bereits verlassen. „Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, es wird gegen Journalisten jeden Tag agiert, es wird gegen Gerichte agiert, die Institutionen des Staates werden in Frage gestellt. Das sind sehr gefährliche Prozesse, und ich frage mich, wie die USA sich in den nächsten Jahren entwickeln. Ich beobachte das mit großer Sorge.“
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Dennoch fordert der SPD-Politiker: „Wir müssen die Hand immer ausgestreckt halten. Wir dürfen uns nicht zurückziehen. Wir müssen die Zusammenarbeit immer suchen, aber trotzdem kritisch beobachten, was in den nächsten Jahren in den USA passiert.“
„Diese Bundesregierung muss große Dinge schaffen. Das ist das, wozu wir verdammt sind“, sagt Klingbeil über die Aufgaben der schwarz-roten Koalition.
Die Unterhändler der Vereinigten Staaten haben in der vergangenen Woche mit Russland und der Ukraine einen Waffenstillstand im Schwarzen Meer ausgehandelt, den Russland jedoch anschließend an die Lockerung von Sanktionen knüpfte. Die wird es nicht geben, sagt die Europäische Union. Inzwischen haben Frankreich und Großbritannien angekündigt, die Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine zu prüfen.
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Das bisherige Ergebnis der Friedensverhandlungen empfinde er als ernüchternd, sagt Klingbeil. Doch Trump wolle ein Ergebnis erreichen. „Das kann zu unseren Lasten gehen als Europäer, das kann vor allem zu Lasten der Ukrainer gehen“, so der SPD-Chef weiter.
Ob sich Deutschland an möglichen Friedenstruppen für die Ukraine beteiligen wolle? „Ich halte das nicht für den richtigen Zeitpunkt, um über diese Fragen öffentlich zu spekulieren“, winkt Klingtbeil ab. Es sei aber der Zeitpunkt, über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu reden. Zudem müssten ukrainische Soldaten ausgebildet und die ukrainische Armee generell gestärkt werden. (tsch)