Mega-Hit „Layla“Morddrohungen gegen Macher Ikke Hüftgold – Heino will Song auch singen

Der Limburger Sänger Ikke Hüftgold alias Matthias Distel, aufgenommen in seinem Studio.

Produzent Ikke Hüftgold (hier am 18. März 2022 in seinem Studio) erhielt wegen der Sexismus-Debatte um den Song „Layla“ inzwischen sogar Morddrohungen.

Die Debatten um den Sommerhit „Layla“ reißen nicht ab. Immer mehr Volksfeste boykottieren ihn, unterdessen entstehen schon internationale Versionen des Songs. Produzent Ikke Hüftgold im Interview.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Es ist DER Song des Sommers und DAS Aufreger-Thema. „Layla“ von DJ Robin und Schürze bricht alle Rekorde und sorgt für zahlreiche Debatten. Dass auf dem Kiliani-Volksfest in Würzburg und der Düsseldorfer Rheinkirmes das Abspielen des Ballermann-Hits verboten wurde, weil dieser zu sexistisch sei, bestimmt die Schlagzeilen.

Hinter dem Skandalsong steckt Produzent Ikke Hüftgold (45, „Dicke Titten, Kartoffelsalat“, „Modeste Song“). Der Sänger, der mit bürgerlichem Namen Matthias Distel heißt, sprach mit EXPRESS.de ausführlich über die Folgen und Auswüchse der „Layla“-Debatte.

Ikke Hüftgold: „Für uns ist ‚Layla‘ natürlich ein Jackpot“

Was denken Sie als Manager, Chef der Plattenfirma und Produzent über den Rummel um „Layla“?

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Ikke Hüftgold: „Ich bin da sehr zwiegespalten. Auf der einen Seite ist das für uns, was den wirtschaftlichen Erfolg und die Aufmerksamkeit angeht, natürlich ein Jackpot. Andererseits bin ich auch ein politisch denkender Mensch, der auch über den Tellerrand schaut. Und da muss ich sagen: Das ist doch alles absurd. Aber vielleicht musste nach drei Jahren Debatten über Corona, MeToo und Gender-Wahnsinn jetzt mal so ein Thema her.“

Warum ist die Debatte in Ihren Augen absurd?

Ikke Hüftgold: „Wir verletzen mit dem Song vielleicht die Grenzen des guten Geschmacks. Aber wir wollen doch niemanden herabwürdigen. Wir fordern nicht zu Schlägereien, Vergewaltigungen oder Straftaten auf. Im Vergleich zu den Texten der Rap-Szene sind doch Begriffe wie ‚Puff‘ oder ‚schöner, jünger, geiler‘ komplett harmlos. Sexistisch ist der Text auch ganz und gar nicht. Wir haben extra im Video die ‚Layla‘ von einem Mann spielen lassen, um der Debatte zu entkommen. Trotzdem ist sie nicht mehr zu stoppen.“

Alles fing mit den Verboten in Würzburg und Düsseldorf an.

Ikke Hüftgold: „Ja, und täglich erhalte ich fünf, sechs Nachrichten von Kommunen oder Festzelt-Betreibern, die den Titel auch verbieten wollen. Ich sage aber, mit Verboten stellen wir irgendwann die Demokratie infrage und bewegen uns Richtung Diktatur. Da wird die Meinungs- und Kunstfreiheit beschädigt und somit das Grundgesetz unterwandert. Mit Zensur katapultieren wir uns ins Mittelalter. Wir machen doch bloß Stimmungsmusik. Als Geschäftsmann bin ich natürlich froh um jedes Verbot. Das hat dann den Effekt, wie damals mit Falcos ‚Jeanny‘. Die Leute bleiben entweder weg oder gehen erst recht hin und grölen das Lied dann in jeder Pause oder übertönen alle anderen Titel. So wird ‚Layla‘ dann quasi zur Freiheitshymne.“

DJ Robin & Schürze (l), Sänger des Partyhits „Layla“, posieren für die Fotografen.

Sie haben den Mega-Hit geschrieben: DJ Robin und Schürze (l.) haben mit „Layla“ das Diskussions-Thema des Sommers gelandet.

Welches Feedback erhalten Sie sonst noch?

Ikke Hüftgold: „Leider sind wir schon mehrmals angeschrieben und beleidigt worden. Es gab auch schon Morddrohungen. Das natürlich alles immer nur anonym im Internet. Wir haben die Fälle zur Anzeige gebracht und die Nachrichten der Polizei übergeben, die dann hoffentlich die Konsequenzen zieht. Mich haben aber auch Mütter angeschrieben, deren Töchter ‚Layla‘ heißen. Die fürchten nun, dass ihr Kind gemobbt wird. Aber: Wir haben auch schon mal eine Anna-Lena und ‚Beate, die Harte‘ besungen. Da hat sich auch keiner beschwert.“

Ikke Hüftgold: „Bei Udo Jürgens, Roland Kaiser und Peter Maffay hat sich niemand beschwert“

Und es gab auch schon andere deutsche Hits mit sehr eindeutiger Botschaft.

Ikke Hüftgold: „Genau. Ich erinnere mich an ‚17 Jahr, blondes Haar‘ von Udo Jürgens, ‚Santa Maria‘ von Roland Kaiser oder ‚Und es war Sommer‘ von Peter Maffay mit der Textzeile ‚Ich war 16 und sie 31‘. Hits von anerkannten, großartigen Künstlern, die mit Preisen überschüttet wurden, sogar das Bundesverdienstkreuz erhielten. Da hat niemand diesen Koryphäen Sexismus vorgeworfen.“

Wie gehen DJ Robin und Schürze, die den Song geschrieben haben und singen, mit der Situation um?

Ikke Hüftgold: „Die Jungs waren vor diesem Lied eher moderat unterwegs, hatten alle zwei Wochen mal einen Auftritt. Jetzt sprengt der Rummel alles, es gibt irre Anfragen. Für das komplette Jahr 2022 sind sie ausgebucht, haben teilweise drei Auftritte pro Tag. Die Dominanz eines Songs war noch nie so groß. Der Rekord steht derzeit bei zwei Millionen Streams an einem Tag nur bei Spotify. Pro Tag hören den Song sechs bis zehn Millionen Menschen. Der Zweitplatzierte hat 31,2 Prozent der Aufrufe von ‚Layla‘.“

Wie geht es mit dem Song weiter?

Ikke Hüftgold: „Am Freitag (22. Juli 2022, d. Red.) ist die holländische Version erschienen. Eine englischsprachige haben wir auch schon aufgenommen. Es gibt Anfragen von Bands aus Polen oder Frankreich. Der jamaikanische Reggae-Pop-Musiker Shaggy hat angefragt, auch Heino will den Titel covern. Das hätte sicher seinen Reiz, aber wir wollen das Lied derzeit auch nicht verwässern, sondern selber das Momentum nutzen. Eins ist klar: Der Text wird nicht geändert. Am 31. Juli sind die Jungs im ZDF-Fernsehgarten. Da wird auch die Originalversion gespielt.“

„Layla“ wird auch im ZDF-Fernsehgarten in Original-Version gesungen

Sie selber haben schon mal für einen Skandal gesorgt. Nach einer ausgeuferten Freibier-Party am Strand von Mallorca erhielten Sie fünf Jahre Zwangspause am Ballermann.

Ikke Hüftgold: „Natürlich bin ich eine streitbare Figur. Aber der Oberbürgermeister von Würzburg hat ja nicht an mich gedacht, als er den Song gehört hat. Ich bin jetzt zwölf Jahre in dem Zirkus und kann das alles gut einordnen. Wir halten gut die Waage zwischen harter Arbeit, auch mal über die Stränge schlagen und sozialem Engagement. Mich freut etwas ganz anderes.“

Was denn?

Ikke Hüftgold: „Wir Stimmungssänger sind lange genug verdammt worden und unter anderem für die Corona-Verbreitung verantwortlich gemacht worden – erst wegen der Feiernden beim Après-Ski in Ischgl, dann wegen der Partys auf Mallorca. Jetzt profitiert die ganze Branche von ‚Layla‘, weil ganz viele Veranstalter plötzlich Mallorca-Partys planen. Party-Schlager ist plötzlich Mainstream.“