Das Ende der Assad-Diktatur hat in Deutschland bereits eine hitzige Migrationsdebatte entflammt. Bei „Markus Lanz“ gerieten CDU-Politiker Alexander Throm und Grünen-Politikerin Steffi Lemke verbal aneinander, als es um die Forderung ging, syrische Flüchtlinge zurück in ihre Heimat zu schicken.
„Markus Lanz“„Mich hat das abgestoßen“: Politikerin kritisiert Debatte nach Assad-Sturz
Knapp über 900.000 Menschen sind seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 nach Deutschland geflohen. Nach dem Sturz des Assad-Regimes fordern nun manche Politiker eine baldige Rückkehr der Geflüchteten in ihre Heimat.
ZDF-Moderator Markus Lanz stellte sich am Dienstagabend der Debatte und wollte wissen, ob es zu früh sei, den Schutzstatus syrischer Flüchtlinge anzuzweifeln.
Alexander Throm über aufflammende Migrationsdebatte: „Es ist natürlich kein Wahlkampf“
Nachdem bereits CDU-Politiker Jens Spahn öffenltich anregte, Flugzeuge zu chartern und rückkehrwilligen Syrern „ein Startgeld von 1.000 Euro“ anzubieten, sagte auch CDU-Politiker Alexander Throm selbstbewusst: „Die Beendigung des Assad-Regimes hat eine grundlegende Änderung im Flüchtlingsrecht, im Migrationsrecht, gebracht. Denn er, das Regime Assad, war der Hauptgrund für Flüchtlingsschutz in Deutschland.“
Da nun laut Throm „der Hauptgrund des Flüchtlingsschutzes (...) weggefallen“ sei, müsse man „auch über das Thema Rückkehr nachdenken“. Throm weiter: „Wir wollen Humanität und Ordnung.“ Nachdem die deutsche Gesellschaft über die letzten Jahre enrom viel an Humanität gezeigt habe, sei es nun an der Zeit für Ordnung. Nicht nur Nahost-Experte Daniel Gerlach, sondern auch Grünen-Politikerin Steffi Lemke schienen mit der Haltung des CDU-Mannes nicht einverstanden zu sein. Lemke gab sogar zu: „Mich hat das ein stückweit abgestoßen, 24 Stunden nach diesen Bildern über Rückführungen, über Abschiebungen zu reden!“
Die Grünen-Politikerin betonte, man werde „selbstverständlich“ über Rückführungen diskutieren, „wenn es eine positive Entwicklung gibt“, aber die Lage in Syrien sei dafür zum jetzigen Zeitpunkt noch zu unübersichtlich. Sie stellte daher erneut klar, dass man „nicht 24 Stunden, nachdem dort ein solcher Diktator nach Moskau fliehen musste“, über Abschiebungen sprechen könne. „Das war (...) wirklich abstoßend nach so kurzer Zeit“, so Lemke streng.
Statt einzulenken, sagte Alexander Throm genervt: „Ich habe auch jetzt gerade von Rückkehr gesprochen - insbesondere freiwilliger Heimreise und Rückkehr. (...) Von Abschiebungen habe ich jetzt in dieser konkreten Situation nicht gesprochen!“
Hier lesen: „Nein, das habe ich nicht gesagt!“ Als Markus Lanz nachhakt, zeigt sich FDP-Mann plötzlich erschrocken
Journalist Nikolaus Blome nickte und sagte, dass es allgemein „völlig legitim“ sei, über die Konsequenzen für Deutschland nach dem Sturz des Assad-Regimes zu sprechen, „ohne dass man in irgendeiner Form die Euphorie (...) der syrischen Flüchtlinge jetzt schmälern will“.
Nahost-Experte Daniel Gerlach gab daraufhin zu bedenken, dass der Grund für den Flüchtlingsschutz noch „nicht weggefallen“ sei. Im Gegenteil: „In Syrien herrscht nach wie vor Krieg.“ Gerlach ergänzte, dass „die Organisation, die derzeit Syrien kontrolliert, (...) auf europäischen Terrorlisten“ steht. Man könne also nicht sagen, „dass in Syrien eine stabile Situation da ist, die es überhaupt erlaubt, einen solchen Prozess anzustoßen“.
CDU-Politiker Alexander Throm reagierte skeptisch und erklärte, dass er sich dennoch eine „klare und zielgerichtete Kommunikation (...) von der Bundesregierung“ wünsche, um „eine weitere neue Flüchtlingswelle“ zu „vermeiden“.
Die Kritik an der aktuellen Regierung nahm Lanz zum Anlass, um zu fragen, ob die Union die aktuelle Situation in Syrien als Wahlkampfthema nutze. Ein Vorwurf, den Throm energisch von sich wies: „Es ist natürlich kein Wahlkampf, jetzt schnell darüber nachzudenken, ob und wie Syrer zurückkehren könnten in ihre Heimat.“ Zwar sei „jetzt Wahlkampf, aber dass Flüchtlingsschutz Schutz auf Zeit ist, Aufenthalt auf Zeit ist, sage ich seit vielen Jahren.“
Alexander Throm kritisiert Steffi Lemke für ihre „moralische Belehrung“
Markus Lanz wollte dem CDU-Politiker offenbar nicht ganz glauben und ergänzte, dass es ihm „um die Frage der Glaubwürdigkeit“ gehe. Der Grund? Die CDU-geführte Bundesregierung habe „dieses klare Signal, das Sie gerade einfordern, (...) fast zehn Jahre lang nie gesetzt“.
„Sie sind mir nicht als großer Migrationskritiker aufgefallen“, stichelte Lanz weiter in Richtung Alexander Throm. Als Grünen-Politikerin Steffi Lemke zufrieden schmunzelte, konterte Throm, dass sich „die Positionierung der Union“ in den „letzten drei Jahren“ verändert habe.
Als Lemke daraufhin davor warnte, dass die Union mit der aufgeheizten Migrationsdebatte Parteien wie der AfD helfe, unterstellte ihr Throm eine „moralische Belehrung“. „Ich habe Sie nicht moralisch belehrt“, stellte Lemke klar. Als der CDU-Mann mit einem beleidigten „Doch!“ antwortete, sagte die Politikerin ruhig: „Wir müssen uns überlegen, wie wir mit dieser sensiblen Demokratie in dieser sensiblen Phase besser umgehen, als wir das alle gemeinsam in den letzten Monaten hinbekommen haben. Das ist mein Plädoyer!“ (tsch)