Mr. Aldi junior (†58)Berthold Albrecht: Selbst sein Tod war ein Geheimnis
Er war 16 Milliarden Euro schwer, führte die Liste der reichsten Deutschen zusammen mit Bruder Theo und Onkel Karl an. Berthold Albrecht (58), Sohn des Aldi-Mitbegründers Theo Albrecht, Mitglied der geheimnisvollsten und scheusten Familie Deutschlands.
Er hätte in Saus und Braus leben können, mit wechselnden Frauen, wilden Partys, heißen Schlitten und Luxusreisen. Er gönnte sich nichts davon. Von seinem Tod erfahren wir jetzt durch Zeitungsanzeigen, Tage nach seiner Beisetzung. Die Todesursache bleibt geheim – wie so vieles aus seinem Leben.
Die Anzeige der Discounter-Familie ist groß, aber schlicht. Viel steht nicht drin über Berthold Albrecht. Er habe es verstanden, „der Unternehmensgruppe Aldi Nord wichtige Impulse für die Zukunft zu geben“. Er sei „überall sehr beliebt“ gewesen. Und: „Berthold war eine Kämpfernatur, so dass er bis zuletzt noch hoffnungsvoll war.“
Warum Berthold nur zwei Jahre nach seinem Vater Theo Albrecht († 88) gehen musste, erfahren wir nicht. Es hat Tradition, dass man im Hause Albrecht nur das Nötigste preisgibt. Am besten weniger.
Nicht ohne Grund, das zeigte 1971 die Entführung von Bertholds Vater Theo. 17 Tage war er in der Gewalt zweier Ganoven, kam gegen ein Lösegeld von 17 Millionen D-Mark frei. Jahre stritt er vor Gericht, um das Lösegeld steuerlich absetzen zu dürfen.
Sein Haus sanierte eine Billigfirma aus Polen
Von Berthold weiß man nur, dass er nichts mit dem Tagesgeschäft von Aldi Nord zu tun hatte, sich höchstens um den US-Markt kümmerte. Die Geschicke des Discount-Riesen liegen schon viele Jahre in den Händen einer Stiftung, in der familienfremde Manager die Geschicke lenken. Stets im Sinne des Clans: effizient, verschwiegen, sparsam.
Als Theo senior noch lebte, hieß es hinter vorgehaltener Hand, er traue seinen Söhnen die Führung des Unternehmens nicht zu – daher die Einrichtung der Stiftung. Das die ihm nebenbei auch noch Steuern sparte, war für den Alten zudem ein unschlagbares Argument. Berthold soll es im Hintergrund gefallen haben.
Fünf Kinder hat er mit Ehefrau Babette, 1990 bekommt das Paar Vierlinge. Wie Berthold tickt, zeigt sich, als die Schule seiner Kinder finanzielle Hilfe für eine Renovierung braucht. Berthold hilft, aber nur unter der Maßgabe, dass darum kein Aufhebens gemacht wird. Sein Haus in Essen lässt er vor ein paar Jahren zum Spottpreis sanieren – von einer polnischen Billigfirma.
In diesem Sommer taucht er überraschend auf einer Oldtimer-Rallye in Italien auf, lenkt einen 1 Million Euro teuren Mercedes höchstpersönlich. Es ist nicht seiner. Er wirkt matt, sieht älter aus, als er wirklich ist. Aber welchen Vergleich hat man schon? Es gibt sonst so gut wie keine Fotos von ihm.
Spröde und bescheiden bis in den Tod
Diese Aldis, sie waren schon immer anders: 1946 übernehmen Karl und Theo den Tante-Emma-Laden ihrer Eltern in Essen-Schonnebeck. Jahre später kontrollieren sie mit ihren Märkten schon das ganze Ruhrgebiet. Es folgt ganz Deutschland, heute kaufen selbst Amis und Australier bei Aldi.
Die revolutionäre Idee der Kaufmannsbrüder: Läden mit kleinen Sortimenten, keine Deko, kein Schnickschnack, wenig Personal. „Unsere Werbung liegt im billigen Preis“, sagt Karl Albrecht 1953. Es bleibt das einzige Statement der Unternehmensgeschichte.
Die Imperiums-Gründer tragen Anzüge von der Stange. Bertholds Vater Theo benutzt bis zwei Jahre vor seinem Tod noch Bütten-Briefumschläge aus den 60ern, auch wenn er die alte vierstellige vorgedruckte Postleitzahl stets durchstreichen muss.
Onkel Karl bedankt sich auf der Feier zu seinem 90. Geburtstag mit drei Sätzen: „Ich wollte nicht, dass ihr alle kommt. Ich habe Hunger. Ich gehe bald nach Hause.“ So sind die Albrechts: spröde und bescheiden. Auch im Tod.
Vermutlich wurde Berthold auf dem Städtischen Friedhof in Essen-Bredeney beigesetzt, dort haben beide Aldi-Gründer Grabstellen für ihre Familien gekauft. Bepflanzt wurden sie nur dann, wenn es bei Aldi auch Grünpflanzen im Angebot gab.