Seit Monaten wird der Preiskrieg zwischen den Supermärkten und den Lebensmittelherstellern mit harten Bandagen geführt – die einen stellen die Lieferung ein, die anderen listen Artikel ganz aus. Immer wieder gibt es Lücken im Regal, Produkte werden zur Mangelware. Nun spricht Rewe-Chef Lionel Souque über diese Grabenkämpfe.
Sind einige Regale bald leer?Rewe-Chef spricht Klartext: „Jetzt bestellen wir nicht mehr“
Dieses Jahr birgt besonders viel Zündstoff bei den Verhandlungsgesprächen zwischen Herstellern und Lieferanten: Angesichts der massiven Inflation, den teuren Ressourcen, der Energiekrise und den Problemen bei Lieferung und Logistik auf der einen, und einer Kundschaft, die immer weniger Geld im eigenen Portemonnaie hat, auf der anderen Seite, kämpft jeder um seine Marge.
Die Folgen sind in den vergangenen Wochen in fast allen Supermarkt-Regalen der Nation sichtbar gewesen: Fast überall gibt es Lücken, fehlen Markenprodukte. Bei Rewe gab es keine Kellogs-Cornflakes mehr, keinen Jacobs-Kaffee, keine Mars-Süßigkeiten, auch Mirácoli oder Tierfutter von Whiskas, alles fehlte. Auch bei Edeka gab es keine Mars-Produkte, aber auch keine Coca-Cola, Fanta, Sprite. Bei Aldi musste man auf Pepsi-Produkte verzichten und bei Kaufland gab es kein Ritter Sport.
Rewe-Chef Lionel Souque: „Werden Stress mit Pepsi haben“
Der eine verweigert die Lieferung, der andere nahm die Ware nicht ab. Solange keine Einigkeit über Preise besteht, herrscht Flaute im Regal. Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ hat jetzt Rewe-Chef Lionel Souque über diese hart geführten Preiskämpfe Klartext gesprochen – und gibt einen Ausblick auf die kommenden Monate, die nicht minder problematisch sein dürften.
Der Lebensmittelkonzern Mars erhöht seine Preise, doch Rewe gehört zu den Supermärkten, die da nicht mitgehen wollen. Souque erklärt, man prüfe sehr genau, ob Preiserhöhungen der Markenhersteller angemessen sind – „und wenn sie es nicht sind, machen wir nicht mit.“
Mars ist dabei längst nicht der einzige Hersteller, mit dem der Kölner Konzern im Clinch liegt. Souque erklärt: „Wir werden Stress mit Pepsi haben.“
Pepsi habe Rewe zum 1. Januar 2023 mit „unglaublichen Preiserhöhungen“ für die Marke „Rockstar“ konfrontiert, ein bekannter Energydrink, sagt der Rewe-Chef. Diese Forderungen würde Rewe nicht akzeptieren. „Und mal ehrlich: Wer braucht schon ‚Rockstar‘? Es gibt doch genug andere Energydrinks“, stichelt Souque.
Rewe: Stress mit Pepsi und Nestlé – „jetzt bestellen wir nicht mehr“
Auch bei Sonnenblumenöl gebe es weiterhin Probleme. Wir erinnern uns: Nach Beginn von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine sind die Preise explodiert, zudem gab es Engpässe, viele Regale waren leer, vor allen Dingen die der günstigeren Eigenmarken. Aktuell sind sie wieder niedriger – eigentlich.
Laut Souque wollen einige Lieferanten auf dem hohen Niveau bleiben, unter anderem Nestlé mit seiner Marke Thomy. „Wir haben erwartet, dass die mindestens um einen Euro heruntergehen, aber die machen das nicht. Jetzt bestellen wir Thomy nicht mehr“, erklärt Souque. „Man kann doch nicht sagen, die Rohstoffe werden teurer, deshalb erhöhe ich die Preise. Und wenn die Rohwaren dann billiger werden, senkt man den Preis nicht?“
Rewe: Vor allem mit internationalen Firmen gibt es Probleme
Nach Einschätzung des Rewe-Chefs seien es vor allem große internationale Konzerne und US-Firmen, die so fordernd sind, mit deutschen Anbietern habe man sich hingegen einigen können. „Ich vermute, die sind der Auffassung, dass sie in Deutschland zu wenig verdient haben“, so Souque. Hierzulande seien die Preise für Lebensmittel im europäischen Vergleich niedriger gewesen. „Große börsennotierte Konzerne versuchen jetzt, auf der Welle zu reiten und Geld zu verdienen. Deshalb erhöhen sie die Preise überproportional“, hält der Rewe-Chef vor.
Das Problem: Zwar greift die Kundschaft vermehrt zu Eigenmarken, da sie ohnehin insgesamt günstiger sind (auch wenn der Preis laut der Konsumforschung der GfK sogar noch stärker als bei Markenartikeln in Bewegung ist), doch wenn etwa Edeka kein Coca-Cola verkauft, gehen die Menschen in einen anderen Supermarkt.
Souque gibt zu: „Ja, uns tut das weh, wir wollen uns ja einigen“. Man habe rund 10.000 Lieferanten und nur mit wenigen Konflikte. „Aber wir müssen denen zeigen, dass wir uns nicht erpressen lassen.“ Einige Hersteller hätten schon zwei, dreimal in diesem Jahr erhöht, Rewe habe rund die Hälfte der Preiserhöhungen verhindern können.