In den Hochwassergebieten ist die Trinkwasserversorgung teilweise komplett zusammengebrochen. Andernorts steht sie noch, doch hier ist mit Verunreinigungen zu rechnen. Deshalb gibt es in vielen Städten ein Abkochgebot für Wasser. Wir erklären, was dahintersteckt.
Was Sie wissen müssenWegen Hochwasser muss vielerorts Wasser abgekocht werden
Köln. Der Pegel in den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geht weiter zurück. Doch Normalität wird erst in Wochen, Monaten oder Jahren einkehren.
Denn nicht nur viele Häuser sind stark beschädigt oder zerstört – auch die Strom-, Wasser- und Gasversorgung ist beeinträchtigt oder sogar komplett zusammengebrochen.
Heißt: Die Menschen in den betroffenen Regionen stehen vor zwei Problemen. Die einen haben – auf nicht absehbare Zeit – überhaupt keine Versorgung, die anderen haben zwar Trinkwasser, welches aber stark verunreinigt sein könnte.
Viele NRW-Städte und -Kreise empfehlen Abkochen von Trinkwasser
Deshalb gilt in den stark betroffenen Regionen in der Regel ein Abkochgebot für Wasser. Dieses wurde auch vom Kreisgesundheitsamt Mettmann angeordnet, obwohl die das Gebot umfassenden Orte Ratingen-Breitscheid, -Lintorf, -Hösel und -Eggerscheidt sowie Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath nicht so stark von der Flut betroffen sind, wie andere Kreise im Westen Deutschlands nach dem Hochwasser. Dort ist die Versorgung größtenteils komplett zusammengebrochen.
Nach dem Hochwasser desinfiziert die RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft das Wasser wegen Verunreinigungen mit Ozon, UV-Licht und Chlor in extrem hoher Konzentration. Deshalb ist hier mit gravierenden Geschmacks- und Geruchsveränderungen zu rechnen.
Auch in Mülheim an der Ruhr, Teilen von Oberhausen und Bottrop gab es wegen Verunreinigungen und der extremen Chlor-Behandlung des Wassers ein Abkochgebot. Auch der Kreis Euskirchen empfiehlt ein Abkochen von Trinkwasser.
Die RWW bietet auf ihrer Webseite eine Trinkwasseranalyse an – bei Eingabe der eigenen Adresse kann man hier überprüfen, ob man selbst von verunreinigtem Trinkwasser betroffen ist.
Trinkwasser in Stolberg: Fortschritte bei Versorgung nach Hochwasser
Immerhin: In der vom Hochwasser stark betroffenen Stadt Stolberg bei Aachen gibt es Fortschritte bei der Trinkwasserversorgung.
Weite Teile der Stadt seien inzwischen wieder mit Trinkwasser versorgt, sagte eine Sprecherin des regionalen Wasserversorgers Enwor am Sonntagmorgen (18. Juli). Das Wasser aus den Leitungen sollte aber weiterhin abgekocht werden, weil Schmutzwasser in das System gelangt sein könnte – hierzu gebe es Laboruntersuchungen.
Wasser abkochen: Wer warnt vor verunreinigtem Wasser? Was muss ich tun?
Doch was gilt allgemein? Woher weiß ich, wie ich mich bei Hochwasser zu verhalten habe?
Das Umweltbundesamt teilt hierzu mit: „Wenn über das örtliche Gesundheitsamt keine Abkochempfehlung oder eine Verwendungseinschränkung angeordnet wird, kann das Trinkwasser bedenkenlos weiter verwendet werden.“
Eine entsprechende Empfehlung kann etwa über eingeworfene Zettel im Briefkasten, über Smartphone-Warn-Apps oder Radiodurchsagen und weitere Medienberichte erfolgen.
Gibt es die Empfehlung, das Wasser abzukochen, gilt das in der Regel für jegliches Wasser, das mit dem Mund in Berührung kommt. Also auch für Wasser zum Zähneputzen und zum Obst und Gemüse abwaschen.
Das Wasser muss dann mindestens drei Minuten lang sprudelnd kochen, um Bakterien abzutöten. Wasser für die allgemeine Körperpflege muss nicht abgekocht werden, solange es nicht in den Mund oder offene Wunden gelangt.
Hochwasser: SWB Regional weist auf kritische Situation hin
Die SWB Regional weist ebenfalls darauf hin, dass das Abkochgebot in den betroffenen Regionen der Stadtwerke bestehen bleibt –„sofern Wasser zum Trinken, Kochen oder zur Zubereitung von Speisen und Getränken genutzt wird, es sei denn, das Wasser kommt aus Flaschen“. Zum Waschen und Reinigen könne das Wasser ohne Einschränkung genutzt werden.
Bürgerinnen und Bürger, die Zugang zu einer intakten Wasserversorgung haben, sollten die Entnahme aber auf das Notwendigste beschränken, da dieses Wasser auch für die übrigen Bereiche genutzt werden müsse.
Wasserwagen versorgen Menschen mit Trinkwasser
Die Stadtwerke Bonn weisen weiter darauf hin, dass die Situation in den von der Flutwelle am stärksten betroffenen Orten „besonders kritisch“ sei.
„Hier ist das Transport- und Verteilsystem in Teilen nahezu vollkommen zerstört. Ein Wiederaufbau ist in angemessener Zeit nicht möglich. Hier werden deshalb weiterhin Wasserfässer und -container, sowie mobile Aufbereitungsanlagen eingesetzt und wo möglich mit intakten Leitungsabschnitten verbunden.“
Eine gängige Praxis, wie auch das Umweltbundesamt auf seiner Webseite erklärt. „Bei Einstellung der Trinkwasserversorgung erfolgt die Versorgung der Bevölkerung über Wasserwagen oder Mineralwassergebinde“, heißt es dort etwa. (so)