Beim 1. FC Köln gibt es gleich mehrere Baustellen vor dem Start in die heiße Phase der Saison. Diese Probleme muss Trainer Gerhard Struber jetzt in den Griff kriegen.
Alarm im SaisonendspurtFünf große Aufstiegs-Baustellen: Was der FC jetzt schnell in den Griff bekommen muss
Der 1. FC Köln kommt 2025 nicht aus dem Quark. Die „Winterkönige“, die nach der Vorrunde noch strahlend von der Spitze gegrüßt haben, sind aktuell auf Platz fünf abgerutscht – und damit aus den Aufstiegsrängen.
Es ist zwar nur eine Momentaufnahme und mit einem Sieg könnte alles schon wieder ganz anders aussehen, die aktuellen Zahlen sind allerdings alarmierend. Zehn von möglichen 21 Punkten nach der Winterpause sind einer Spitzenmannschaft nicht würdig. Fünf geschossene Tore in sieben Spielen sind die Bilanz eines Absteigers, nicht eines Aufsteigers. Das sind Kölns Baustellen im Aufstiegskampf.
1. FC Köln noch ohne Transfer-Power in der Rückrunde
- 1.: Neuzugänge zünden (noch) nicht
Die Sehnsucht beim 1. FC Köln war groß. Nach der bitteren Transfersperre durfte der Klub im Winter erstmals wieder auf dem Spielermarkt aktiv werden. Die Phase konnte 18 Monate vorbereitet werden, die Profile waren geschärft, die Baustellen offen benannt.
Mit Jusuf Gazibegovic (24) wurde die dringendste Kaderlücke frühzeitig geschlossen. Der Bosnier sollte auf der Rechtsverteidigerposition endlich für Ruhe sorgen, da der Schuh dort bereits seit Jahren drückt. Der Neuzugang von Sturm Graz wurde als „Königstransfer“ verkauft, weil es den Verantwortlichen gelang, den Spieler aus der Champions League ins deutsche Unterhaus zu locken. Doch mittlerweile herrscht Ernüchterung. Von Königsklasse ist Gazibegovic Universen entfernt.
Im aktuellen System kommt der Nationalspieler überhaupt nicht klar. Von seinen hochgelobten Offensivqualitäten ist bislang rein gar nichts zu sehen, defensiv wurschtelt er sich so durch. Ein Upgrade zum (ungelernten) Jan Thielmann (22) ist das bislang nicht.
Joel Schmied (26) war der zweite Neue im Winter. Immerhin zwei Millionen Euro legte Keller für den Verteidiger auf den Tisch. Der Schweizer ist, abgesehen von seiner unnötigen Volleyball-Einlage gegen Düsseldorf, ein solider Neuzugang.
Ob er allerdings eine Verstärkung ist, wird sich erst zeigen, wenn Julian Pauli (19) wieder fit und einsatzfähig ist. Dann muss er um seinen Platz bangen, da Dominique Heintz (31) in der aktuellen Verfassung seinen Platz in der Startelf sicher haben dürfte und Gerhard Struber (48) gewiss nicht seinen Kapitän rasieren würde.
Der Dritte im Bunde ist Imad Rondic (26). Der Angreifer kam spät, sollte aber direkt mit Toren weiterhelfen. Oder doch nicht? Nach der Karlsruhe-Pleite verblüffte nämlich Sportboss Keller mit der Aussage, dass der Bosnier „nicht als Soforthilfe verpflichtet wurde“.
Dabei sollten die Neuen doch eigentlich die Chancen auf den Aufstieg signifikant erhöhen. Sie wurden geholt, um sofort zu helfen. Alles andere ergibt auch keinen Sinn, denn der FC hat im knallengen Aufstiegsrennen keine Zeit.
FC kann sich auf viele Anführer nicht verlassen
- 2.: Aggressiver Leader fehlt
Der FC ist aktuell zu brav für den Aufstiegskampf. Es fehlt ein aggressiver Leader auf dem Platz, der das Ruder lautstark an sich reißt. Einer, der das Publikum aufpeitschen kann, den Gegner nervt und auch mal beim Schiedsrichter Stimmung macht. Ein Typ wie Davie Selke (30).
Die Möglichkeit wäre dagewesen, den Stürmer zu halten. Stattdessen macht der Angreifer nun Konkurrent Hamburg froh. Selke hat nicht nur sagenhafte 16 Tore in 23 Spielen erzielt, sondern ist auch als Führungsfigur unersetzlich für den HSV. Beides fehlt dem FC aktuell: Tore und Temperament.
Einzig Dominique Heintz versucht in diese Rolle hineinzuschlüpfen. Wenn überhaupt jemand mal ein Ausrufezeichen auf dem Platz setzt, dann ist es der sonst so besonnene Pfälzer. Das ist richtig und wichtig, doch wo sind die anderen Mentalitätsspieler? Gibt es aktuell nicht, braucht es aber dringend.
- 3.: Leistungsträger schwächeln
Denis Huseinbasic (23) startete fulminant in die Zweitliga-Saison. In den ersten Spielen übernahm der Bosnier das Zepter im Kölner Spiel und dirigierte als Denker und Lenker. Der FC hatte einen Chef auf Zeit, denn Richtung Winter gingen dem Mittelfeldspieler merklich die Körner aus.
Huseinbasic wirkte überspielt. Obwohl er immer seltener Einfluss auf das Spiel nahm, bekam aber nicht die nötige Pause. Erst nach dem Hamburg-Spiel, in dem er zum wiederholten Male enttäuschte, war die Geduld von Struber aufgebraucht. Seitdem muss sich Huseinbasic hinten anstellen, zweimal schmorte er sogar 90 Minuten auf der Bank. Dabei hat er bewiesen, wie wichtig er in Topform für den FC sein kann.
Das gilt auch für Dejan Ljubicic (27). Der Österreicher formuliert zwar regelmäßig seine Bundesliga-Ansprüche, nachweisen kann er sie aber nur selten. Der Mittelfeldspieler ist zwar engagiert und willens, doch häufig auch glücklos. Allzu oft trifft er in letzter Zeit eine falsche oder überhastete Entscheidung. Er kann ein Unterschiedsspieler sein, ist es aktuell aber nicht.
Davon kann auch Luca Waldschmidt (28) ein Lied singen. Bei keinem anderen FC-Profi stehen das eigentliche Leistungsvermögen und die dargebotenen Leistungen so wenig im Einklang wie beim ehemaligen Nationalspieler. Der Angreifer kann sehr viel, zeigt aber sehr wenig. Zu wenig, um dem FC in der 2. Liga eine Hilfe zu sein.
Bei Max Finkgräfe (20) klaffen derzeit ebenfalls Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Der Youngster kokettiert seit längerem mit der Bundesliga, genügt aktuell aber nicht mal Zweitliga-Ansprüchen. Anderen fehlt die Konstanz.
Florian Kainz (32) ließ gegen Düsseldorf mit einer starken Leistung aufhorchen, nur um eine Woche später in Karlsruhe abzutauchen. Dabei erlaubt die Liga eigentlich keine Durchhänger. Jedes Spiel zählt. Ein Ausrutscher zu viel und der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase.
Offensive im neuen Jahr zu harmlos – Köln jetzt auch noch im Pech
- 4.: Offensive Harmlosigkeit
Der FC hat ein akutes Tor-Problem. Seit dem Jahreswechsel weiß die Struber-Elf nicht mehr, wo die Kiste steht. Fünf geschossene Tore in sieben Spielen sind die Bilanz eines Absteigers, nicht eines Aufsteigers. Das hängt vor allem mit mangelnder Kreativität und offensiver Ideenlosigkeit zusammen.
„Wir haben in den letzten drei Spielen einen von neun möglichen Punkten geholt gegen Gegner, die jetzt auch nicht die Sterne vom Himmel gespielt haben. Bei allem Respekt vor den jeweiligen Gegnern. Wir müssen sicherlich Strategien entwickeln, wie wir offensiv stärker auftreten können, um uns wieder mehr Chancen rauszuspielen“, forderte Sportboss Christian Keller (46) nach der Pleite in Karlsruhe.
Es braucht wieder mehr Mut und Risikobereitschaft im Spiel nach vorne. Ein gesunder Mix aus dem Hurra-Fußball der ersten Monate und dem einschläfernden, aber defensiv zumindest stabilen Gähn-Fußball der letzten Monate.
Wenn Tim Lemperle (23) wieder fit ist, spricht viel für eine offensive Ausrichtung mit zwei Stürmern. Denn in den ersten zehn Saisonspielen erzielte der FC 22 Tore mit der Doppelspitze, seit der Systemumstellung sprangen nur noch 15 Treffer in 13 Spielen heraus.
- 5.: Fehlendes Spielglück
Während das Spielglück lange Zeit über so manch schwachen Auftritt hinwegtäuschte, ist dem FC ebendieses abhandengekommen. Offenbar hat es mittlerweile auch der Fußballgott satt, dass der FC in der Vergangenheit trostlose Spiele regelmäßig 1:0 gewann.
Nun schlägt das Pendel in engen Spielen auch mal gegen den FC aus. Gegen Fortuna Düsseldorf kostete eine Slapstick-Einlage in letzter Minute sicher geglaubte drei Punkte, gegen Karlsruhe machte man einem unfähigen Gegner gleich selbst ein Tor-Geschenk.
Aus verdienten vier Punkten wurde unter dem Strich einer. Der FC muss sich dieses viel zitierte Spielglück also erstmal wieder erarbeiten. Dieses kann noch sehr hilfreich werden auf dem langen Weg zum Ziel.