Unter der Woche hat die Pyro-Show beim Pokalspiel des 1. FC Köln gegen Hertha BSC für Aufsehen gesorgt. Ein Kommentar.
Pyro-Debatte beim FCKöln hat viel größere Probleme – oder droht dem Verein die Kapitulation?

Copyright: IMAGO/Nico Herbertz
Die Fans vom 1. FC Köln feuerten vor dem DFB-Pokal-Spiel am 4. Dezember 2024 gegen Hertha BSC Berlin Feuerwerk und Pyrotechnik ab.
Es wurde viel geschrieben und gezetert nach der Pyro-Show beim Pokalspiel des 1. FC Köln gegen Hertha BSC am 4. Dezember 2024. Weltweit gab es große Begeisterung – hierzulande und besonders in Köln viel Entrüstung! Typisch deutsch!
EXPRESS.de beleuchtet die Debatte mit einem Pro- und einem Contra-Kommentar.
FC-Boss Keller ist froh, dass keiner verletzt wurde
- Kommentar von Uwe Bödeker: Köln hat viel größere Probleme als die FC-Ultras
Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller (46) nahm die Aufregung gelassen. Er wusste, dass ein Pokal-Achtelfinale für die eigenen Fans ein Festtag ist.
Da der Klub im ständigen Dialog mit den Ultras steht, war also klar, dass gezündelt wird. Fußball-Fans auf der ganzen Welt teilten die Bilder des rot-weißen Feuerwerks aus Köln und schwärmten: „Traum-Choreo“ oder „Wenn der 1. FC Köln spielt, erstrahlt sogar der Himmel in Rot und Weiß!“
Keller ist, wie nach jedem Heimspiel mit 50.000 Fans, in erster Linie froh, dass keiner zu Schaden gekommen ist, dass es keine Verletzten gab. Dann kann man als Verantwortlicher die schöne Szenerie auch einfach mal genießen, anstatt sich darüber aufzuregen.
Hinter jeder Großveranstaltung stehen Verantwortliche, die nichts mehr fürchten als Verletzte oder gar Tote. Vielfach kann man nur versuchen, die Sicherheit zu erhöhen – und an die Vernunft aller Beteiligten zu appellieren, Rücksicht auf die Mitmenschen zu nehmen. Sei es beim Fußball, im Karneval oder auf Konzerten, Festivals und weiteren Events.
Viele Pyro-Kritiker regten sich auch über die zu erwartenden Geldstrafen auf. Aber das ist kalkuliertes Risiko beim 1. FC Köln: Pyro-Shows in diesem Ausmaß finden nicht bei jedem Heimspiel statt. Vielleicht ein oder zweimal in der Saison. Dann drohen Strafen in sechsstelliger Höhe.
Würde der FC die Sicherheitskontrollen bei über 17 Heimspielen in der Saison derart erhöhen, dass keine Pyrotechnik mehr ins Stadion geschmuggelt werden könnte, müsste deutlich mehr Geld in Sicherheitspersonal, Zäune oder Zugangswege investiert werden.
Für die allermeisten Zuschauerinnen und Zuschauer könnte das deutlich längere Wartezeiten vor dem Stadion bedeuten. Eine Garantie wären die verschärften Kontrollen aber noch immer nicht.
Dass die Fans mit vereinzelten Pyro-Shows dem FC finanziell schaden, ist zudem mehr als fraglich. Kritiker wollen dies vielleicht nicht wahrhaben, aber die Fans unterstützen dabei indirekt soziale Projekte. Der Großteil der Strafen fließt in die Stiftungen des DFB und kommt damit wohltätigen Zwecken zugute. Ein Umstand, der den Fan-Szenen allerdings eher als Randaspekt in die Karten spielt.
Bleibt festzuhalten: Köln hat viele Probleme: Milliarden-Bauprojekte, die nicht fertig werden, marode Brücken, eine chaotische KVB, zu wenig bezahlbarer Wohnraum, überlastete Krankenhäuser, kein Personal für pflegebedürftige Senioren oder ein Straßennetz, was täglich Unfälle und Verletzte provoziert.
Die Ultras des 1. FC Köln sind garantiert keines der großen Probleme von Köln – sie unterstützen ihren Verein nur mit voller Leidenschaft und schießen dabei wortwörtlich ab und zu über das Ziel hinaus.
Wie ist eure Meinung zu Pyrotechnik bei den Heimspielen des 1. FC Köln? Schreibt uns hier per Mail eure Meinung!
- Kommentar von Marcus Flesch: Kapitulation vor den Ultras: FC nicht mehr Herr im eigenen Haus
Groß war die Freude bei den FC-Fans über den Einzug ins Viertelfinale nach dem 120-minütigen Pokal-Krimi gegen Hertha BSC am 4. Dezember 2024. Doch bei vielen Anhängern wurde diese Freude durch die zu erwartende Geldstrafe für die Pyro-Show der Ultras getrübt.
Der 1. FC Köln muss sich die Fragen gefallen lassen, wie solche Mengen an Feuerwerkskörpern unbemerkt ins Stadion gelangen? Und warum sich die Fans damit ungehindert in den Oberrang begeben und zwischen den normalen Fans herumzündeln können?
FC-Geschäftsführer Christian Keller (46) sagte dazu: „Es war erwartbar, dass es bei einem Pokalspiel, das für uns sportlich, wirtschaftlich und atmosphärisch eine gewisse Bedeutsamkeit hat, nicht ohne Pyro-Fackeln geht.“ Das klingt nach Kapitulation vor den Ultras.
Ganz offensichtlich ist der 1. FC Köln im Rhein-Energie-Stadion nicht mehr Herr im eigenen Haus. Die wenigen anwesenden Ordner machten jedenfalls keine Anstalten, dem Treiben Einhalt zu gebieten. Seitens der Ultras wird der Einsatz von Pyrotechnik als Ausdruck von Emotionen gerechtfertigt.
Es besteht auch kein Zweifel daran, dass dabei immer wieder tolle Bilder entstehen, die von anderen Fans per Smartphone festgehalten und auch von den Medien nur zu gerne transportiert werden. Doch es bleibt ein verbotener Spaß – aus gutem Grund.
Erst im November wurden beim Champions-League-Spiel des VfB Stuttgart gegen Atalanta Bergamo mehrere Personen verletzt. Ein Balljunge wurde dabei von einer Fackel getroffen. Noch ein Beispiel gefällig? Im Oktober erlitt eine Frau während der Partie des FC Augsburg gegen Mainz 05 Verbrennungen am Kopf, eine weitere eine Rauchgasvergiftung.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage zu Pyrotechnik teilnehmen:
Einen Teil der Prämie, die der 1. FC Köln durch das Erreichen der nächsten Runde verdient hat, kann der DFB dann wohl direkt verrechnen. Aus der Welt ist die Problematik damit aber nicht zu schaffen. Es werden andere Wege zum Umgang mit Pyrotechnik den Stadien gefunden werden müssen. Vom Verband, von den Vereinen – und nicht zuletzt den Ultra-Gruppierungen.
Solange aber die Regeln sind, wie sie sind, müssen sich auch die Ultras fragen lassen, ob sie durch ihre selbstdarstellerischen Pyro-Shows weiterhin ihren Vereinen wirtschaftlichen Schaden zufügen wollen? Den Vereinen, deren größtmögliche Unterstützung ja eigentlich das Anliegen eines Ultras ist. Denn dann könnten sich alle ungetrübt über sportliche Erfolge freuen.