Andreas Rettig hat als neuer Geschäftsführer eine Herkulesaufgabe beim krisengeplagten DFB übernommen. Der Start wurde zudem durch atmosphärische Probleme überlagert. Ein Kommentar zur Lage.
Neuendorfs FehlerAndreas Rettig startet beim DFB mit großer Hypothek in neuen Job
„Von uns wird frischer Wind erwartet“. DFB-Präsident Bernd Neuendorf brachte es am Montag (18. September 2023) gleich auf den Punkt. Der schwerfällige Fußball-Verband aus Frankfurt, finanziell angeschlagen und im Auge vieler Fans als Grundübel allen Bösen gesehen, braucht dringend neue Impulse – nicht nur beim Bundestrainer-Posten.
Mit der Berufung von Andreas Rettig ist Neuendorf eine Personalentscheidung gelungen, die viele nicht auf dem Zettel hatten. Der langjährige Fußballfunktionär ist ein „Querdenker“ im positiven Sinne. Weniger Kommerz, mehr Fan-Nähe propagiert er seit Jahren. Genau in diesen Bereichen krankt es beim Fußballverband.
Andreas Rettig steht für weniger Kommerz und mehr Fan-Nähe
Dass mit Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff ausgerechnet zwei Vertreter des klassischen Kommerz-Fußballs wütend losgepoltert haben, bejubeln die Gegner der „Weiter-so“-Ausrichtung. Dennoch hat der Präsident, der immer so stolz seine Brille auf der Stirn trägt, in diesem Fall den Durchblick vermissen lassen und dem Rettig-Neustart ein paar unnötige Kratzer verpasst.
Auch wenn er darauf beharrt, dass rein formell die Taskforce nicht über die Geschäftsführer-Personalie zu entscheiden habe, hätte er die Liga-Schwergewichte Bayern und Leipzig zumindest informieren sollen. Zwar hätte in München dann trotzdem niemand Hurra gerufen, immerhin wäre ein großer Kritikpunkt so im Vorfeld verhindert worden.
Überhaupt wirkte die ganze Bekanntgabe des Deals am vergangenen Freitag etwas überstürzt. Beim Bestreben, die Personalie „dicht zu halten“, wurden wichtige Protagonisten überrumpelt. Auch Sportdirektor Rudi Völler musste zunächst überall lesen, dass Rettig nun sein Vorgesetzter sei. Erst am Montag beeilte sich der DFB dann, wohlwollende Zitate von Völler und DFL-Boss Watzke zu verbreiten.
So hatten alle beim Start zunächst genug damit zu tun, das belastete Verhältnis zwischen Rettig und dem FC Bayern zu kommentieren und klarzustellen, dass der Kölner „nicht der neue Oliver Bierhoff“ sei. Wie der „streitbare Geist“ neuen Schwung in den Tanker DFB bringen will, das wird erst die Zukunft zeigen. Nach dem holprigen Start geht es nun an viele, viele Aufgaben.
Die Fußball-Fans können sich sicher sein, dass ihnen mehr Gehör geschenkt werden wird. Und Neuendorf sollte sich für die Zukunft merken, dass im Umgang mit Fußball-Größen nicht nur der reine Verweis auf Statuten reicht.