Drei Monate vor der Heim-EM tobt beim DFB ein doppelter Vertragspoker. Bleibt Julian Nagelsmann Bundestrainer? Macht Rudi Völler dort als Sportdirektor weiter? Die Entscheidungen rücken näher.
Doppelter Vertragspoker beim DFBRettig mit klarer Haltung zu Nagelsmann: „Haben festen Willen“
Nach dem fünften Länderspiel unter seiner Regie durfte sich Julian Nagelsmann zu Recht als großer Gewinner fühlen. Mit seinen mutigen Personalentscheidungen, der Tatsache, dass er seine Aufstellung im Vorfeld komplett offengelegt und Sprüche über das Motto „Wir kicken“ losgelassen hatte, stand der Bundestrainer unter Druck.
Der 2:0-Sieg beim Vize-Weltmeister Frankreich bestätigte den 36-Jährigen am Samstag (23. März 2024) deutlich. Die Maßnahmen saßen, die Mannschaft versprühte, wie es ihr Trainer treffend formulierte, „Lebensfreude“ auf dem Platz.
Präsident Bernd Neuendorf von Arbeit mit Julian Nagelsmann begeistert
Das Einzige, was an diesem rauschenden Abend in Lyon störte, waren die immer wieder laut werdenden Debatten um die Zukunft. Nagelsmann selbst hatte im Vorfeld des Länderspiel-Doppelpacks den Vertrags-Poker angefeuert. Der Vertrag des Bundestrainers läuft nach der Heim-EM (14. Juni bis 14. Juli) aus.
Eigentlich wollten die Verantwortlichen beim DFB abwarten, wie das Turnier verläuft. Doch der Bundestrainer will vorher Klarheit. Und offenbar wollen plötzlich auch die Verbandsbosse die Spiele im Sommer nicht mehr abwarten. „Wir sind ein gutes Team, verstehen uns gut, tauschen uns intensiv aus“, sagte Präsident Bernd Neuendorf am Samstagabend im ZDF.
Der Verbandschef möchte offenbar nach den Länderspielen eine Vertragsverlängerung mit dem Bundestrainer in Angriff nehmen, wohl unter bestimmten EM-Erfolgsbedingungen. „Ich glaube, von unserer Seite würde dem nichts entgegenstehen. Aber wir müssen miteinander sprechen und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dann zügig zu einem Ergebnis kommen“.
Nach dem Sieg über Frankreich hatte Nagelsmann im ZDF-Studio noch einmal einen Hinweis Richtung Neuendorf, Direktor Rudi Völler (63) und Geschäftsführer Andreas Rettig (60) gesendet und gesagt, es seien „sehr viele Details“ zu klären. „Das liegt natürlich ein bisschen am Angebot, das ist ja klar. Das hat nichts mit finanziellen Dingen zu tun, das möchte ich schon klarstellen“.
Kurze Zeit später nahm er im Rahmen der offiziellen Pressekonferenz wieder etwas Tempo aus der Debatte. „Ein Angebot ist immer der erste Schritt. Ich habe kein Angebot vorliegen. Und ich will auch gar keinen Druck aufbauen. Meine Aussagen sollten den DFB nicht in Zugzwang bringen. Wir haben einen Vertrag unterschrieben bis nach der EM – beiderseits in vollem Bewusstsein“.
Trotzdem wird der Vertragspoker alle beim DFB weiter auf Trab halten. „Es ist nicht so, dass morgen um 21.30 Uhr ein Angebot da sein muss, sonst gehe ich von dannen. Aber wenn es vorliegt, muss ich schauen, was drin steht und die Idee des Arbeitgebers ist“, sagte Nagelsmann. „Erst einmal will ich eine maximal gute EM spielen, das ist mein Hauptfokus. Dann schaun mer mal.“
Neben der ungeklärten Trainerfrage bahnt sich auch beim Sportdirektor eine Wende an. Eigentlich hatte Völler immer betont, dass er nur für die Phase bis zur EM zur Verfügung steht. Doch dem ehemaligen Teamchef macht es in der neuen personellen Konstellation beim DFB Spaß. „Ich glaube schon, dass wir gut aufgestellt sind – und ich habe Gefallen dran gefunden, ein bisschen was zu verändern“, sagte Völler. Auch Neuendorf will ihn gerne bis 2026 halten.
Julian Nagelsmann macht sich für Verlängerung mit Rudi Völler stark
Am Ende kann die Personalie Völler auch zum entscheidenden Faktor für Nagelsmann werden. Der betonte, dass er sich „auf menschlicher Ebene außergewöhnlich gut“ mit dem Weltmeister von 1990 verstehe. „Ich tausche mich mit ihm über Fußball aus, er hat eine große Erfahrung und oft eine andere Perspektive auf die Sachen. Ich bin ein absoluter Befürworter der Idee, mit Rudi zu verlängern.“
Der Vertrags-Doppelschlag ist auf jeden Fall ganz im Sinne des Verbands. „Wir sind mit beiden hochzufrieden. Julian tritt authentisch auf, Rudi verkörpert die Sehnsucht nach Bodenständigkeit. Wir haben den festen Willen, mit beiden zu verlängern“, kündigte Rettig am Sonntag bei Sport1 an. „Jeder weiß, wo er dran ist. Im besten Fall gibt es zwei Vertragsverlängerungen.“