Die EM-Generalprobe gegen Griechenland lief nicht nach Wunsch für die Nationalmannschaft. Aber erneut brachten die Einwechselspieler frischen Wind und sorgten so am Ende doch noch für den Sieg.
Fehlersuche nach Last-Minute-SiegMit dem Leverkusen-Gen ins EM-Turnier – neuer Druck für die Startelf
Es sollte eine völlig losgelöste Tor-Party werden, die die EM-Euphorie im Land auslöst. Am Ende rettete aber nur ein Glanzlicht die Nationalmannschaft vor dem Fiasko eine Woche vor Turnierstart.
Das Traumtor von Pascal Groß (32) kurz vor Abpfiff sicherte am Freitagabend (7. Juni 2024) den 2:1-Sieg gegen Griechenland. Danach lagen sich die Fans dann doch kurz in den Armen, nachdem es zuvor heftige Pfiffe und Buh-Rufe gegeben hatte.
DFB: Pfiffe und Buh-Rufe der Fans nach schlimmer erster Halbzeit
„Das Stadion war nicht zufrieden, wir waren in der Halbzeit nicht zufrieden. Wir mussten eine Reaktion zeigen, das haben wir getan“, sagte Julian Nagelsmann (36) nach dem Last-Minute-Erfolg. „Es war auch ein Test für die Psyche, um mit Druck umzugehen. Das fand ich sehr wertvoll.“
Dennoch grübelten in der Nacht viele Verantwortliche, warum dieser Abend dann doch so kompliziert wurde. „Man hat gespürt, dass die Fans uns am Ende helfen wollten“, sagte DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig (61) zu EXPRESS.de. „Durch die Wechsel kamen auch neue Impulse ins Spiel. Aber die große Fehlerzahl in der ersten Halbzeit macht schon nachdenklich“.
Der Bundestrainer versuchte den Abend nüchtern mit Blick auf die EM-Spiele einzuordnen. „Wir haben den Job erfüllt. Am Ende ist es auch in den Gruppenspielen pragmatisch. Du musst einfach ein Tor mehr machen. Es gibt bei der EM eine sehr hohe Leistungsdichte, wo du keinen Gegner mit angezogener Handbremse 3:0 aus dem Stadion schießen kannst. Wenn wir dreimal in der Vorrunde 2:1 gewinnen, dann würde ich das jetzt unterschreiben.“
Ein Faktor fiel auch bei der Generalprobe auf: Von der Bank kommt stets neuer Wind ins Spiel. Ob Chris Führich, Deniz Undav oder Maximilian Beier gegen die Ukraine oder nun Pascal Groß, Leroy Sané oder Benjamin Henrichs – die Einwechselspieler schmollen nicht, sondern beleben direkt.
„Das liegt an der Akzeptanz ihrer Rolle. Wenn man als Spieler auf der Bank sitzt und unzufrieden ist, gelingt es ganz selten, dass man nach einer Einwechslung eine gute Leistung bringt. Wenn du die Rolle akzeptierst, dann kannst du für dich und die Mannschaft was gewinnen. Die Jungs akzeptieren das und erfüllen ihren Job, weil sie auch erfolgreich sein wollen“, sagte Nagelsmann.
Bis zu 9,7 Millionen Menschen schauten das Länderspiel bei RTL
Deshalb deutete der Bundestrainer auch an, dass die EM-Startelf „nicht in Stein gemeißelt“ sei. Er habe 13 Spieler, die für die erste Elf infrage kämen. Einer davon sei auch Rückkehrer Sané, wie er auf EXPRESS.de-Nachfrage erklärte. „Wir haben sechs Spieler für die Zehner-Position. Jeder da vorne weiß, dass er nicht immer eine Garantie hat, von Beginn an zu spielen. Leroy hat es gut gemacht.“
Der Siegtreffer in fast letzter Minute erinnerte den Coach direkt an den Double-Sieger. „Späte Tore sind immer – da kann man Leverkusen ja mal fragen – ganz cool für die Psyche einer Mannschaft. Die haben mindestens 15 Spiele in der 90 plus x-ten Minute entschieden. Am Ende braucht man die nötige Geduld“. Mit dem Bayer-Gen zum Titel? Die bis zu 9,7 Millionen Menschen, die die Übertragung bei RTL verfolgt hatten, dürften ihre Zweifel haben.
Aber Nagelsmann blieb nur der Optimismus. „Es tat mir weh, wie wir in den letzten Turnieren abgeschnitten haben. Auch in Katar war die Mannschaft nicht so schlecht, wie sie dargestellt wurde. Ich will, dass sie sich belohnt und glaube extrem an die Mannschaft. Ich will nicht, dass wir zurückblicken und sagen, wir haben irgendwas verschenkt. Wir versuchen alles Menschenmögliche, um den Titel zu gewinnen“.