Für viele ist sie eine der besten deutschen Fußballspielerinnen der Geschichte, doch jetzt ist Schluss. Dzsenifer Marozsán (30) hat am Montag (13. März 2023) das Ende ihrer Karriere bei der deutschen Nationalmannschaft bekannt gegeben. Am 11. April wird sie in Nürnberg gegen Brasilien ihr 112. und letztes Länderspiel bestreiten.

Marozsán, die seit neun Jahren beim französischen Rekordmeister Olympique Lyonnais spielt, debütierte im Oktober 2010 für die deutsche Nationalmannschaft in einem Freundschaftsspiel gegen Australien. Es war der Beginn von etwas Großem. Seitdem agierte sie im Mittelfeld des Teams als Taktgeberin und Regisseurin.

Dzsenifer Marozsán führte DFB-Team zu großen Erfolgen

Ihre technischen Fähigkeiten stehen für sich, so wie viele der anderen Qualitäten, die Marozsán auf den Rasen bringt. Überblick, Kreativität und Verlässlichkeit zählen zu den stärksten Attributen der Spielerin.

Die größten Erfolge Marozsáns im DFB-Dress waren zweifelsohne der Gewinn der Europameisterschaft 2013 in Schweden, sowie der olympischen Goldmedaille 2016 bei den Spielen in Rio de Janeiro. Im Maracanã-Stadion absolvierte sie ihr wohl bestes Spiel für Deutschland im Finale gegen Schweden, das mit 2:1 endete und zu dessen Matchwinnerin sie wurde.

Marozsán erzielte dabei mit einem traumhaften Schuss von der Strafraumkante den ersten Treffer des umkämpften Duells. Es war einer von insgesamt 33 für die Nationalmannschaft während ihrer aktiven Karriere. Auch an Deutschlands zweitem Tor war die Ausnahmespielerin beteiligt. Ihr direkter Freistoß traf nur den Pfosten, der Ball prallte ab und eine schwedische Verteidigerin machte das Eigentor nach einem missglückten Rettungsversuch.

Dzsenifer Marozsán mit schweren Verletzungen

Zwischenzeitlich war die Mittelfeldfrau von Verletzungssorgen geplagt, die sie unter anderem die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2011, sowie an der Europameisterschaft 2022 kosteten. Auch aufgrund jener körperlichen Beschwerden erfolgte jetzt der Rücktritt aus der Nationalmannschaft. „Durch meine schwere Knieverletzung im Frühjahr 2022 (Kreuzbandriss, Anm. d. Red.) habe ich gemerkt, dass es sich richtig anfühlt, in der Nationalmannschaft aufzuhören“, erklärte Marozsán.

„Hinzu kommt die Doppelbelastung, die nicht optimal wäre. Ich bin zwar im Verein wieder gut dabei, aber das Knie ist nicht mehr das alte – ich muss enorm viel arbeiten, damit ich alle Trainingseinheiten und Spiele absolvieren kann. Ich glaube, es wäre einfach zu viel, dann noch Länderspiele, Vorbereitung und das Turnier zu machen.“

Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.

Dass Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sprachlos gewesen sei, als Marozsán sie am Telefon von ihrem Rücktritt unterrichtete, verdeutlicht, was für eine große Persönlichkeit die Mittelfeldspielerin in den letzten Jahren für die Nationalmannschaft war. Abseits des Platzes gilt sie als ruhig und unaufgeregt. Anders, als einige ihrer Mitspielerinnen, äußerte sie sich kaum zu gesellschaftspolitischen Fragen bezüglich des Frauenfußballs.

„Ich finde es einfach nur schade, dass wir einen Zirkus veranstalten müssen, um respektiert zu werden“, sagte Marozsán dazu in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. „Es ist doch krass, was wir immer wieder anstellen müssen, um Anerkennung und Sichtbarkeit zu erfahren. Das macht mich müde.“

Dzsenifer Marozsán drei Jahre hintereinander Deutschlands Fußballerin des Jahres

Viele Fans fanden in den 2010er Jahren durch die Mittelfeldspielerin zum Frauenfußball. Mit ihrer spielerischen Technik, die sie in der Vergangenheit immer weiter perfektionierte, zog sie große Aufmerksamkeit auf sich und beeindruckte durchweg. Aufgrund ihrer herausragenden Fähigkeiten auf dem Rasen ist Marozsán eine jener Spielerinnen, die mit einzelnen Aktionen, sei es ein Pass, ein Tiefenlauf oder eine ausgeführte Standardsituation, den Unterschied in einer Partie zu machen kann.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Sie wurde 2017, 2018 und 2019 als Deutschlands Fußballerin des Jahres ausgezeichnet. Hinzu kommen zahlreiche andere individuelle Titel, die sie jedoch nie über jene stellte, die sie mit ihrem Team gewann. Die Bundestrainerin würdigte sie als „großartige Persönlichkeit und überragende Fußballerin, die unglaublich viel für den deutschen Fußball geleistet hat“.

Dzsenifer Marozsán ist eine der größten Identifikationsfiguren für den Frauenfußball in Europa. Die sechsfache Champions-League- Gewinnerin ist ein großer Verlust für die deutsche Nationalmannschaft, auch wenn die Gründe für den Rücktritt nachvollziehbar sind.

Dzsenifer Marozsán bekommt würdigen Abschied

Den Frauenfußball brachte sie vor allem mit sportlichen Ausnahmeleistungen auf dem Platz voran, was ebenso wertvoll war, wie öffentlichkeitswirksame Statements ihrer Team-Kolleginnen. Der Abschied von Marozsán in Nürnberg wird ein besonderer und mit vielen Emotionen behaftet, sowohl vonseiten der Fans als auch der Akteurinnen des National-Teams.

Ob die Ausnahmespielerin gegen Brasilien in der Startelf stehen wird, ist noch nicht bekannt. Es wird in jedem Fall das würdige Ende einer Nationalmannschaftskarriere, die dem Frauenfußball sportlich zu mehr Anerkennung verhalf.