In Mönchengladbach wird der EM-Ernstfall geprobt. Gegen Griechenland soll sich Nagelsmanns Wunsch-Elf in Turnierform zeigen. Einige Akteure stehen dabei besonders im Fokus.
EM-GeneralprobePinke Party soll die letzten Probleme lösen – Mönchengladbach als gutes Omen?
Genau eine Woche vor dem EM-Auftakt kann Julian Nagelsmann (36) zum ersten Mal seine komplette Wunsch-Elf auf den Platz schicken. Die Turnier-Generalprobe in Mönchengladbach gegen Griechenland am Freitag (7. Juni 2024, 20.45 Uhr, RTL) soll im Land für die EM-Ekstase sorgen.
Erst fiel im März Torwart Manuel Neuer (38) aus, dann fehlten gegen die Ukraine die Champions-League-Sieger. Zudem brummte Leroy Sané (28) noch seine Drei-Spiele-Sperre ab. Doch nun kann der Bundestrainer aus dem Vollen schöpfen. 28 Spieler machten sich auf den Weg vom EM-Quartier zum Test an den Niederrhein.
Julian Nagelsmann muss Freitag sein EM-Aufgebot der UEFA melden
Gegen die Griechen, die im Elfmeter-Drama gegen Georgien an der EM-Qualifikation gescheitert waren, soll der Funken vom Platz aufs Publikum überspringen. Ein begeisterndes Spiel mit einigen Toren würde die EM-Euphorie weiter kitzeln. „Das letzte Testspiel ist einfach sehr wichtig für unser Selbstvertrauen. Wir wollen eine Aufbruchstimmung, wir wollen unsere Fans mitnehmen“, sagte Abwehrchef Antonio Rüdiger (31).
Vielleicht hilft das Stadion als gutes Omen. Die DFB-Auswahl bestreitet bereits zum dritten Mal unmittelbar vor einem großen Turnier ein Testspiel im Borussia-Park. Am 2. Juni 2006 bezwang sie Kolumbien mit 3:0 und nahm den Schwung der gelungenen Generalprobe mit in die Heim-WM. Am 1. Juni 2014 trennte man sich mit 2:2 von Kamerun und holte im Anschluss in Brasilien den Weltmeistertitel.
Die Startelf für das Schottland-Duell am 14. Juni in München steht in den Gedanken des Bundestrainers: Neuer – Kimmich, Tah, Rüdiger, Mittelstädt – Andrich, Kroos – Musiala, Gündogan, Wirtz – Havertz. In dieser Formation dürfte das DFB-Team auch in den neuen pinken Trikots gegen die Griechen beginnen.
Auch wenn schon so vieles geklärt scheint, muss der Bundestrainer noch einige knifflige Fragen lösen. Nach dem Testspiel wird er noch zwei Akteure nach Hause schicken. Bis spätestens 24 Uhr erwartet die UEFA das deutsche Turnieraufgebot mit 26 Akteuren.
Klar ist, dass für Rocco Reitz (22) nach seinem Schnupperkurs beim Nationalteam erst einmal wieder Schluss ist. Wahrscheinlich muss auch Frankfurts Verteidiger Robin Koch (27) abreisen, da mit Rüdiger, Jonathan Tah (28), Waldemar Anton (27) und Nico Schlotterbeck (24) vier Abräumer im Aufgebot stehen.
Neben den Reservisten, die um das EM-Ticket bangen, stehen auch einige etablierte Spieler im Fokus. Nagelsmann setzte nach dem 0:0 gegen die Ukraine zur großen Lobeshymne für seinen Kapitän an, weil dieser von Fans und Experten deutlich kritischer gesehen wird.
Ilkay Gündogan (33) weiß das und verwies darauf, dass die „vielleicht härteste Saison“ seiner Karriere beim FC Barcelona körperlich Spuren hinterlassen habe. „Ich habe extrem viele Minuten in den Knochen. Jetzt ist es das Ziel, bis zum Eröffnungsspiel topfit und bereit zu sein, alles in das Turnier zu investieren“, sagte er.
Die Kapitänsbinde schützt auch den Mittelfeld-Star nicht vor Auswechslungen. „Ich glaube, dass der moderne Fußball sich verändert hat. Er ist nicht mehr so strukturiert, dass man sagt, der Kapitän muss immer spielen“, sagte der 76-malige Nationalspieler. Auch er müsse sich „immer aufs Neue beweisen“.
Drei Spiele lang konnte sich Sané nicht beweisen, in Mönchengladbach wird er definitiv zum Einsatz kommen. Der zuletzt von Schambeinproblemen geplagte Münchner weiß den Trainer hinter sich. „Leroy“, sagte Nagelsmann, „hat eine Qualität, auf die wir nicht verzichten wollen, nicht verzichten können.“
Wenn denn der Körper des Bayerns-Stars mitmacht. „Das Schlimme ist: Man weiß nicht wirklich, woran man ist“, sagte Sané. „Die Schmerzen kommen und gehen. Ich weiß, was mir guttut, oder wo die Gefahren sind.“ Aktuell habe er die Sache „gut im Griff“, aber was heißt das schon? „Er wird nicht jedes Spiel 90 Minuten machen können“, weiß Nagelsmann, „das ist nahezu ausgeschlossen.“
Weil 27 Torschüsse gegen die Ukraine nicht zu einem Treffer reichten, wurde der Ruf nach einem echten Stürmer wie Niclas Füllkrug (31) laut. „Fülle hätte uns gutgetan, mit seiner Wucht, seiner Kopfballstärke“, sagte selbst der Bundestrainer. Aber vorerst bleibt es wohl bei der Arbeitsteilung. Florian Wirtz (21), Kai Havertz (24) und Jamal Musiala (21) spielen die Abwehr müde – hat es nach einer Stunde noch nicht mit einem Tor geklappt, kommt Füllkrug und köpft eben eine Ecke rein.
Kai Havertz verteidigt sich gegen Kritik und fühlt sich in Spitze wohl
Arsenal-Profi Havertz kann die Skepsis eh nicht verstehen. „Ich sehe mich hier ganz klar als Neuner, da habe ich auch in den letzten sechs Monaten bei Arsenal gespielt. Da fühle ich mich extrem wohl.“ Außerdem sei es als Offensivspieler recht hilfreich, „wenn man konstant auf dich setzt“.
Im Blickpunkt steht am Freitag natürlich auch Rückkehrer Toni Kroos (34). Maximal acht Begegnungen kann er bis zum angekündigten Karriereende noch machen – das Finale am 14. Juli in Berlin mitgezählt. Die hoffentlich begeisternden Kroos-Abschiedsspiele sollen in Mönchengladbach starten.