Am Tag nach dem Rauswurf von Hansi Flick hat Kapitän Ilkay Gündogan seine Mitspieler und den Zusammenhalt in der Nationalmannschaft kritisiert. Er sieht „Barrieren“ und „Scheu“.
„Haben Flick im Stich gelassen“Kapitän Gündogan mit scharfer Kritik an seinen Mitspielern
Am Sonntagnachmittag hatte Ilkay Gündogan (32) gleich eine unangenehme Aufgabe als neuer Kapitän der Nationalmannschaft. Im Mannschaftshotel in Wolfsburg sprach er ein paar Abschiedsworte an Hansi Flick (58). Eine, wie Rudi Völler (63) fand, „wunderbare Rede“ sei es gewesen, für die es viel Applaus gab.
Dem Barcelona-Profi stecken die jüngsten Stunden noch in den Knochen, das verriet er am Montag (11. September 2023) in Dortmund. „Die Stimmung ist gerade ein Mix aus Trauer, Frust und Enttäuschung. Ich als Spieler habe das Gefühl, Hansi im Stich gelassen zu haben. Er war immer fokussiert, voller Tatendrang und Motivation. Leider haben wir es als Truppe nicht geschafft, das in Leistung umzumünzen.“
Ilkay Gündogan: „Wir können eine noch bessere Einheit sein“
Bei der Suche nach Ursachen für das erneute Versagen vieler Spieler im DFB-Trikot machte Gündogan ein paar wichtige Andeutungen. „Wir dürfen uns nicht überschätzen und müssen selbstkritisch sein. Wir müssen uns hinterfragen. Jeder einzelne muss für sich selbst verantworten, ob er in der Vorbereitung auf Länderspiele oder generell in der Saison die richtigen Dinge macht, um topfit zu sein.“
Offenbar hat da der Triple-Sieger von Manchester City ein paar Zweifel. „Es geht darum, eine Basis zu schaffen. Wenn wir zur Nationalmannschaft kommen, brauchen wir die Bestform. Deutschland hat schon immer das Kollektiv stark gemacht. Obwohl wir nicht immer Weltklasse-Spieler hatten, waren wir immer eine Weltklasse-Mannschaft. Wir haben jetzt viele Spieler auf Weltklasse-Niveau, schaffen es aber nicht, das auf den Platz zu bringen.“
Das sei in seinen Augen derzeit das größte Manko. „Ich hatte schon das Privileg, Teil einer sehr guten Mannschaft zu sein. Die besten Mannschaften sind die, die sich auf dem Platz zu einhundert Prozent vertrauen können. Das geht über das Training und die Spiele hinaus. Das geht neben dem Platz weiter. Obwohl wir eine positive Atmosphäre und Grundstimmung hier haben, glaube ich, dass wir eine noch bessere Einheit sein könnten“.
Gündogans Ansatz, wieder eine bessere Einheit zu werden: „Die Fehler, die wir in den letzten Monaten sehr viel gemacht haben, dürfen wir nicht einfach so hinnehmen. Wir müssen uns dagegenstemmen und darauf reagieren. Das fehlt im Moment. Ich habe bei City im Vorjahr viele Fehler gemacht. Aber meine Mitspieler haben geholfen und darauf muss man sich als Mannschaft verlassen können.“
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Wer die Ausführungen des Kapitäns verfolgt hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass es innerhalb der DFB-Elf so gar nicht stimme. „Zwischenmenschliche Probleme gibt’s nicht“, sagt er.
„Es gibt aber Barrieren und Scheu. Nicht jeder ist in der Lage, sich so auszuleben, wie er es von seinem privaten Umfeld oder aus seinem Verein kennt. Das merkt man schon, vor allem bei den jüngeren Spielern. Sie haben nicht den Mut, sich zu 100 Prozent zu entfalten, sowohl im Training als auch außerhalb des Platzes.“
Keine Frage: Nach dem Flick-Rauswurf wird deutlich, dass beim früheren Weltmeister noch viel mehr Dinge im Argen liegen. Neun Monate vor der Heim-EM geben Verband und Mannschaft ein erschreckendes Bild ab.