Interview

Florian WirtzTop-Fußballer über Verhältnis zu Jamal Musiala: „Wäre nicht gesund für uns beide“

Deutschlands Florian Wirtz in Aktion.

Florian Wirtz (hier am 7. Juni 2024) ist Deutschlands Super-Juwel. Nach dem Double mit Leverkusen peilt er nun den EM-Titel an.

Internationale Top-Vereine haben Florian Wirtz im Visier. Nach seiner Double-Saison mit Bayer Leverkusen will der Ex-Kölner nun Europameister werden. EXPRESS.de sprach mit dem Super-Techniker.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Er ist der Mann für die besonderen Momente im deutschen Spiel. Wenn Florian Wirtz (21) an den Ball kommt, dann passiert meist etwas Außergewöhnliches.

Seit seinem Wechsel 2020 vom 1. FC Köln zu Bayer Leverkusen ist das Mittelfeld-Juwel der Senkrechtstarter im deutschen Fußball. Mit dem Double räumte er in der abgelaufenen Saison schon mächtig ab.

Florian Wirtz: Wollen die Energie von 2014 auch in unserer Truppe

Bei der traditionellen Kicker-Bundesliga-Umfrage wählten 51,1 Prozent der 227 befragten Profis Wirtz zum besten Feldspieler der Saison. Vor dem Start in die Heim-EM traf EXPRESS.de den gebürtigen Pulheimer zum großen Interview im EM-Quartier.

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Der Countdown läuft. Wie sehr kribbelt es schon vor dem Eröffnungsspiel?

Florian Wirtz: Die Vorfreude spürt man in der ganzen Mannschaft. Man merkt auch, dass sich viele Leute auf die EM freuen. Ich denke, wir haben unseren Teil dazu beigetragen in den letzten Monaten, dass es wieder besser wurde. Es freut uns natürlich, dass wir die Fans wieder auf unsere Seite bekommen haben. Vor solch einer Heim-EM muss jeder den unbedingten Willen haben, das Turnier gewinnen zu wollen. Das spürt man in der Mannschaft, dass jeder es kaum erwarten kann, dass es losgeht.

Welche Erinnerungen haben Sie an frühere Turniere der Nationalmannschaft?

Florian Wirtz: An die WM 2014 kann ich mich noch sehr gut erinnern, ich habe jedes Spiel geguckt. Man hat mitbekommen, welche Energie dort in der Mannschaft war. Da können wir uns schon was abschauen und es in unsere Truppe übertragen. Das Camp bietet auch viele Möglichkeiten, um den Teamgeist zu entwickeln. Es gibt nur kein Meer wie in Brasilien, dafür einen Pool (lacht).

Florian Wirtz mit einer T-Shirt-Kanone.

Wirtz schießt scharf: Bei der Ankunft im EM-Quartier schoss Florian Wirtz Trikots in die Menge der wartenden Fans.

Sie sind schon U21-Europameister, Double-Sieger mit Leverkusen. Wie süchtig macht das Gewinnen von Titeln?

Florian Wirtz: Titel zu gewinnen, ist sehr schön. Man sollte jeden Wettbewerb mit dem Ziel angehen, ihn zu gewinnen. Leider haben wir mit Leverkusen ein Finale verloren. Deshalb ist noch ein Platz frei für den EM-Titel. Dann hätte ich doch noch ein Triple (lacht).

Ist es schwieriger in der Nationalmannschaft in Schwung zu kommen, weil man nicht eingespielt ist?

Florian Wirtz: Nein, das ist nicht schwer. Hier trifft man auf Spieler, die eine ganz besondere Qualität haben, die im Finale der Champions League standen. Man freut sich, die Jungs aus den anderen Vereinen zu sehen. Es ist eher ein Privileg, mit ihnen zu spielen.

Erwartet Julian Nagelsmann eine andere Spielweise von Ihnen als in Leverkusen?

Florian Wirtz: Nein. Ich finde mich bei der Nationalmannschaft auf einer ähnlichen Position wie im Verein wieder, muss nichts Neues oder anderes machen, deshalb fühle ich mich hier auch wohl. Ich versuche, der Mannschaft zu helfen. Es gibt klare Anweisungen an die Mannschaft, an die sich jeder halten muss. Im letzten Drittel kann dann jeder seine Stärken einbringen.

Als Teil des magischen Dreiecks mit Jamal Musiala und Kai Havertz?

Florian Wirtz: Wir wollen gar nicht so sehr aus der Mannschaft hervorstechen. Wir wollen zusammen erfolgreich sein, dazu wollen wir drei im offensiven Bereich unseren Teil beitragen.

Wann wäre die EM in Ihren Augen ein Erfolg?

Florian Wirtz: Für mich wäre es nur eine erfolgreiche EM, wenn wir ins Finale kommen. Wie, wäre mir auch egal, wir wollen nach Berlin. Alles andere zählt nicht.

Haben Sie genügend EM-Tickets für Ihre Familie erhalten?

Florian Wirtz: Ich versuche natürlich den Großteil meiner Familie und der Freunde im Stadion bei mir zu haben, aber es ist nicht so einfach mit den Tickets. Ich schätze die Unterstützung, daher möchte ich ihnen auch die Chance geben, das Turnier mit mir zu erleben.

Welche Spiele erwarten Sie in der Vorrunde?

Florian Wirtz: Es wird wahrscheinlich so kommen, dass sich viele Mannschaften gegen uns hinten reinstellen werden. Ich glaube, dass wir Lösungen parat haben werden, um auch zuschlagen zu können.

Jamal Musiala und Florian Wirtz nach dem Spiel.

Die Super-Techniker verstehen sich gut: Florian Wirtz (r.) und Jamal Musiala ergänzen sich fast blind auf dem Feld.

Sie und Jamal Musiala sorgen für die besonderen Aktionen. Wer von Ihnen ist besser?

Florian Wirtz: Ich verstehe mich mit Jamal auch außerhalb des Platzes gut. Wir wollen am wenigsten miteinander verglichen werden, sondern wollen nur zusammen erfolgreich sein. Wer am Ende mehr Tore schießt, ist mir persönlich egal. Es wäre nicht gesund für uns beide, wenn wir uns beide ausstechen wollen. Wir sind beide 21, wollen beide Titel gewinnen und wissen, dass wir uns beide gegenseitig dafür brauchen.

Woher kommt Ihr blindes Verständnis mit Jamal?

Florian Wirtz: Unser Spielstil ähnelt sich ein wenig, wir denken relativ gleich auf dem Platz. Manchmal ergibt es sich einfach, dass wir uns die Bälle so zuspielen können. Er ist ein Spieler, mit dem kann man nur gut zusammenspielen.

Sie verbringen auch im Camp viel Zeit miteinander. Was machen Sie da so?

Florian Wirtz: Wir chillen miteinander, spielen Basketball oder Fifa zusammen, was halt Freunde so machen. Wir sind auch froh, wenn wir mal andere Sachen als Fußball im Kopf haben.

Wie gefällt Ihnen das Zusammenspiel mit Toni Kroos?

Florian Wirtz: Das ist schon unglaublich, seine Pässe und sein Spielverständnis zu sehen. Wir können sehr froh sein, dass er sich entschieden hat, uns anzuführen. Er kontrolliert das Spiel, gibt uns Rhythmus, jeder profitiert davon.

Leverkusens Florian Wirtz präsentiert bei der Meisterfeier in der BayArena die Meisterschale.

Mit Bayer Leverkusen durfte sich Florian Wirtz als Double-Gewinner am 26. Mai 2024 von den Fans feiern lassen.

Mit Julian Nagelsmann und Xabi Alonso haben Sie zwei junge Trainer. Ticken beide ähnlich?

Florian Wirtz: Sie haben Gemeinsamkeiten, jeder hat seine eigene Spielidee. Ich bin froh, dass ich von zwei so guten Trainern lernen darf. Beide sind ähnliche Persönlichkeiten, die versuchen, einen positiven Draht zu den Spielern zu halten. Es ist natürlich gut, wenn Trainer auch mit einem sprechen und auch schon mal einen Witz machen.

Bleiben Sie eigentlich definitiv bei Bayer Leverkusen?

Florian Wirtz: Jeder kennt meinen Vertrag. Es ist gerade nicht unbedingt die Zeit für mich, darüber zu reden. Ich habe eine sehr gute Zeit in Leverkusen, fühle mich sehr wohl und habe noch einen Vertrag bis 2027. In meinem Kopf ist gerade nur die EM, dafür gebe ich 100 Prozent. Alles andere ist mir gerade eigentlich egal.

Florian Wirtz: „Es ist nicht die Zeit, um über meinen Vertrag zu reden“

Was sagen Sie zu Ihrem deutlichen Vorsprung in der Umfrage der Bundesliga-Spieler?

Florian Wirtz: Das ist natürlich ein Riesen-Kompliment, darüber kann sich jeder Spieler freuen, der da gewählt wird. Das bestätigt meine Arbeit, die ich jeden Tag mache. Ich will mich aber nicht ausruhen.

Hatten Sie eigentlich schon Zeit, die irre Saison mit Leverkusen noch mal sacken zu lassen?

Florian Wirtz: Das letzte Jahr muss ich im Sommer noch mal in Ruhe Revue passieren lassen. Dazu brauche ich auch noch etwas Zeit, um zu verstehen, was wir da erreicht haben. Diese Erfolge werden ewig bleiben. Nach der EM werde ich mich zurücklehnen und das noch mal genießen.

Abschließend: Wer ist Ihr EM-Favorit?

Florian Wirtz: Deutschland, natürlich. Wir wollen das gewinnen, so gehen wir das an.