„Nicht das Enegergielevel“Traum-Einstand für Leweling – dabei war Nagelsmann im Training nicht zufrieden

Völlig unverhofft kommt Jamie Leweling zu seinem Länderspiel-Debüt – und wird beim 1:0-Sieg gegen Holland zum Matchwinner. Mit der guten Leistung überraschte der Stuttgarter auch den Bundestrainer.

von Antje Rehse  (are)

Traum-Debüt fast aus dem Nichts: Matchwinner Jamie Leweling (23) sollte bei den Nations-League-Spielen in Bosnien-Herzegowina und gegen die Niederlande eigentlich gar nicht im Kader stehen. Doch zahlreiche Absagen und Ausfälle verhalfen ihm zu seiner ersten Kader-Nominierung – und seinem ersten Einsatz.

Weil auch noch sein Stuttgarter Vereinskollege Deniz Undav (28) gegen Holland kurzfristig passen musste, stand Leweling am Montagabend (14. Oktober 2024) in München unverhofft in der Startelf. Nach 100 Sekunden jubelte er über sein vermeintlich erstes Länderspieltor, das wegen Abseits aber nachträglich zurückgenommen wurde.

Leweling erfuhr erst bei der Teambesprechung von seinem Einsatz

In der zweiten Halbzeit zappelte der Ball nach einem Leweling-Schuss dann wieder im Netz – und diesmal zählte der Treffer!

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Sehr zur Erleichterung des jungen Stuttgarters. „Schlotti (Nico Schlotterbeck, Anm. d. Red) kam zu mir und hat gesagt, dass er im Abseits stand. Da hatte ich schon wieder Angst“, sagte Leweling über die Geschehnisse nach seinem Treffer: „Zum Glück hat es diesmal gezählt.“

Leweling hatte erst bei der Teambesprechung am Vormittag von seinem Einsatz erfahren. „Wir haben kurz überlegt heute früh, ob wir es ihm sagen oder ihn überraschen, wenn wir die Besprechung haben. Wir haben ihn dann einfach überrascht“, berichtete Bundestrainer Julian Nagelsmann (37) nach dem 1:0 (0:0) gegen die Niederlande am ZDF-Mikrofon.

„Das hat mir gereicht“, sagte Leweling. Von Nervosität war beim DFB-Neuling auf dem Platz dann in der Tat nichts zu spüren. Immer wieder schaltete sich der Flügelspieler mutig ins Offensivspiel ein, war an zahlreichen gefährlichen Situationen beteiligt. „Es ist auch nur Fußball. Elf gegen elf – und der Ball“, sagte er nach der Begegnung lässig. „Ich war einfach glücklich, spielen zu können.“

Leweling, so ehrlich müsse man sein, wäre nicht dabei gewesen, wenn alle gesund gewesen wären, betonte Nagelsmann, der dann aber in höchsten Tönen von der Leistung des Debütanten schwärmte. „Er hat viele schwere Bälle mit dem Rücken zum Tor gekriegt, war körperlich sehr, sehr gut. Er hat viele Situationen, die kritisch waren, sehr gut gelöst. Er hat wirklich ein außergewöhnlich gutes Debüt gegeben.“

Nagelsmann selbst hatte daran nicht geglaubt. Im Training hatte ihn der VfB-Profi offenbar nicht vollends überzeugt. „Er war tatsächlich schwer zu bewerten im Training. Wir hatten eineinhalb Einheiten. Ich habe ihm gestern gesagt, dass ich das Energielevel, was er beim VfB hatte, noch nicht so im Training gemerkt habe. Heute hat er mich eines Besseren belehrt“, gab der Bundestrainer zu.

Leweling wurde als Sohn eines Ghanaers und einer Deutschen in Nürnberg geboren, spielte in der Jugend für die Clubberer und später für die SpVgg Greuther Fürth. Für Fürth gab er im August 2019 ind er 2. Bundesliga sein Profi-Debüt, wurde dort auch zum U21-Nationalspieler. Über eine Zwischenstation bei Union Berlin landete er schließlich beim VfB Stuttgart – und ist nach seinem Traum-Einstand in der Nationalmannschaft plötzlich in aller Munde.

„Jamie muss man heute herausheben, nicht nur wegen seines Tores. Er hat ein überragendes Spiel gemacht, ein überragendes Debüt“, sagte Kapitän Joshua Kimmich (29). Durchschnittlich 8,5 Millionen Menschen sahen den Sieg, mit dem sich Deutschland erstmals für die Finalrunde der Nations League qualifiziert hat, im ZDF.

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Anders als Leweling hatte der andere Debütant des Abends, Torwart Oliver Baumann, schon länger von seinem Glück gewusst. Nagelsmann hatte den Einsatz des Hoffenheimers bereits in der Vorwoche angekündigt.

Leweling und Baumann sind die Spieler Nummer 14 und 15, denen Nagelsmann ihr erstes Länderspiel bescherte. Mit 34 Jahren wurde Baumann zum drittältesten Debütanten der DFB-Historie. „Alle Spieler kriegen eine Medaille, wenn sie ihr Debüt feiern. Die von Olli lag schon vier Jahre im Koffer“, erzählte Nagelsmann. (mit sid/dpa)