„Eine Abart von Fußball“Felix Magath poltert bei Lanz plötzlich laut gegen Bundesliga-Verein

Ex-Trainer Felix Magath spricht am Mittwochabend (3. November) bei „Markus Lanz“ über den Zustand des deutschen Fußballs.

Ex-Trainer Felix Magath spricht am Mittwochabend (3. November 2021) bei „Markus Lanz“ über den Zustand des deutschen Fußballs.

Diesmal stand „Markus Lanz“ ganz im Zeichen des Fußballs. Zusammen mit seinem Gast, Trainer-Legende Felix Magath (68), blickte er sehr kritisch auf den derzeitigen Zustand in der Bundesliga. Dabei ließ der Ex-Bayern-Trainer kein gutes Haar an seinem alten Verein.

von Martin Gätke  (mg)

Hamburg. Fußball ist nicht nur Emotion, Fußball ist eben auch Geschäft. Und zwar ein Milliarden-Geschäft. Markus Lanz (52) diskutierte am Mittwoch (3. November 2021) zusammen mit seinen Gästen darüber, was das für den Sport bedeutet und welche negativen Folgen diese Entwicklung mit sich bringt.

Und für Meister-Trainer Felix Magath, ehemals Coach beim FC Bayern München, der das System bestens kennt, ist klar: „Es geht nur noch ums Geld und nicht mehr um den Sport. Ich denke, diese Entwicklung hat schon lange angefangen.“

Ein Beispiel: Newcastle United. Der englische Klub ist seit einigen Wochen in Besitz eines milliardenschweren saudi-arabischen Investment-Fonds. Und wurde schnell auch Thema der Sendung. Für Magath ist er ein Zeichen dafür, dass Geld den Sport dominiert. Ewald Lienen, Ex-Coach- und -Kicker beim FC St. Pauli, meinte, dass die saudischen Investoren vor allem eines wollen: das Image aufpolieren. „Sports-Washing“ nannte er es.

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Das habe auch mit dem Öl zu tun, das in Zukunft zur Neige gehen wird: „Dass sie dort im Nahen Osten jetzt langsam feststellen, dass das karbone Zeitalter zu Ende geht, dass man über fossile Brennstoffe, die sie ja letztlich verkaufen, irgendwann mal nicht mehr weiterkommt.“ Die Folge: Es werde in Europa investiert. „Man übernimmt Anteile von VW, von allen möglichen großen Firmen, man steigt in Paris ein.“ Das zeige sich auch im Fall der WM in Katar.

Felix Magath bei Lanz: Dietmar Hopp nicht vergleichbar mit Saudis

Für Felix Magath war klar, dass diese Entwicklung auch Folgen für den deutschen Fußball hat. „Worum geht es dann in Wahrheit? Geht es um das Image, geht es um das Sports-Washing?“, wollte Lanz von ihm wissen.

Der Ex-Trainer hielt fest, dass ein Dietmar Hopp (81) in Hoffenheim (der SAP-Mitbegründer ist dort Mäzen) ja nicht vergleichbar sei mit denjenigen, die in England investieren. Schon allein, weil er dort lebe, wo er investiert. Er habe seinen Verein groß gemacht. Aber: „Wenn wir in Deutschland international mitmischen wollen und bei den Besten dabei bleiben wollen, dann werden wir nicht drum herumkommen, auch mehr Geld in die Vereine zu investieren.“

Wie verändert der Fußball die Ideale für unsere Kinder, wenn es nur noch ums Geld geht? Lanz kritisch: „Wenn das der Weg ist, dass das viele Geld dazu führt, dass man keine Liebe mehr zu einem Verein entwickelt, sondern das große Idol ist ein 25-jähriger Multi-Multi-Millionär – wollen wir das unseren Kindern vermitteln?“

Felix Magath bei Lanz: „Bayern ist eine Abart von Fußball“

Magath entgegnete, wie die Realität für ihn in der deutschen Bundesliga aussieht: Der Fußball habe sich schon lange vor allen Dingen in eine Richtung entwickelt. „Es geht doch nur noch ums Geld. Sie gucken doch alle nur noch nach Bayern München“, sagte Magath wütend und redete sich in Rage. „Aber Bayern München ist nicht Fußball, das ist eine Abart von Fußball. Die kaufen sich die Besten zusammen. Da ist nichts entwickelt, da ist nichts zusammengefügt. Weil die mehr Geld als alle anderen in der Liga haben, sind sie seit Jahren unangefochten.“

Auf den Einwand von Lanz, dass Bayern doch der falsche Adressat für Kritik an nicht vorhandener Nachwuchsarbeit sei, ergänzte Journalistin Cathrin Gilbert schmunzelnd: „Bayern kauft immer denjenigen, der in der vergangenen Saison die meisten Tore gegen sie geschossen hat oder sie am meisten geärgert hat, der spielt in der nächsten Saison bei Bayern München.“

Wenn Geld den Sport dominiert, was ist dann mit der Moral? Auch die WM in Katar wurde zum Thema des Talks. Das Gastgeberland der Weltmeisterschaft 2022 steht wegen der Menschenrechtslage und den Bedingungen für ausländische Arbeiter seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit. Lanz erläutert die Kritik an dem Austragungsort, geht auf die Menschenrechtsverletzungen ein, spricht von Verbrechen des saudischen Regimes.

Ewald Lienen bei Markus Lanz: „Würde mich schämen als Fan“

Lienen bedauerte, dass es für viele Medien und Fans erst dann über moralische Fragen gehe, wenn es um den Fußball geht. Gleichzeitig wolle man aber auf den lukrativen Markt nicht verzichten, er nennt China als Beispiel. „Ich würde mich schämen als Fan, wenn ich diese Menschenrechtsverletzungen ignoriere.“

Felix Magath hielt dagegen: „Wir machen uns das zu einfach, weil wir alle mitmachen. Er, sie. Auch ich war im Geschäft, also wir alle leben doch von dem Geschäft. Das ganze Geschäft ist Fußball. Und da gehört natürlich alles mit dazu.“ Er finde es falsch, da jemand exemplarisch in die Ecke zu stellen. Nur dieses eine Land herauszupicken, sei scheinheilig.

Lanz war verwundert: „Ist Katar also ein ganz normaler Austragungsort für eine Fußball-Weltmeisterschaft?“ Magath wehrte sich: „Nein, das habe ich doch nicht gesagt. Aber wir akzeptieren doch alle Katar. Oder haben Sie gehört, dass der DFB gesagt hat: Mit Katar wollen wir nichts zu tun haben? Haben die das gesagt? Katar findet statt. Und wir gehen auch hin. Also über was reden wir denn?“

Markus Lanz über WM in Katar: „Warum spielen wir das Spiel mit?“

Ein Streit brach aus, Lanz erwiderte, er selbst gehe nicht hin und auch der DFB könne im Zweifel die Veranstaltung boykottieren. Man könne auch ein Zeichen setzen. Magaths Reaktion: „Hat der DFB nicht gerade einen Werbevertrag mit Qatar Airways abgeschlossen?“ Im Sommer war der DFB dafür kritisiert worden, dass es Gespräche mit Qatar Airways über eine Partnerschaft gegeben haben soll.

„Warum spielen wir das Spiel dann mit?“, fragte Lanz. Er attestiert Europa, auf der einen Seite für Menschenrechte zu kämpfen, auf der anderen Seite diesen Kampf aber mit der WM-Teilnahme in Katar zu entkräften.

Und während es für Magath vor allem ums Geld geht, gab sich der Ex-St.Pauli-Coach optimistischer. Für Lienen steckt auch eine Chance im Fußball: „Ich glaube, dass gerade der Fußball die Chance bietet, den Finger in die Wunde zu legen. Aber nicht nur für den Fußball, sondern für das, was wir insgesamt machen.“ Er fragt, wem dieses schöne Spiel eigentlich wirklich gehört und warnt: Fußball dürfe nicht zur Ware „degenerieren“.