„Schmierentheater“, „Skandal“Niederlage am Grünen Tisch: Union-Boss geht auf DFB und Bochum los

Dirk Zingler spricht auf dem Rasen mit Horst Heldt.

Dirk Zingler, hier am 21. Dezember mit Geschäftsführer Horst Heldt, schäumt nach dem DFB-Urteil vor Wut.

Union Berlin wird gegen das DFB-Urteil Berufung einlegen. Vereins-Präsident Dirk Zingler ist stinksauer.

von Antje Rehse  (are)

Nach dem Feuerzeugwurf auf den Bochumer Torhüter Patrick Drewes im Spiel beim 1. FC Union Berlin hat das DFB-Sportgericht dem VfL nachträglich einen 2:0-Sieg zugesprochen. Nun haben die Eisernen auf das Urteil reagiert.

25 Tage nach dem Eklat beim unterbrochenen Bundesliga-Spiel zwischen den Köpenickern und dem Tabellenletzten (1:1) scheint das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.

Union-Boss: „Dieses Urteil schadet dem Fußball enorm“

Wenig überraschend: Union Berlin legt Einspruch gegen die Niederlage am Grünen Tisch ein. Vereins-Präsident Dirk Zingler findet in einer Pressemitteilung deutlich Worte.

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„Dieses Urteil schadet dem Fußball enorm, wird das nicht zu akzeptierende Werfen von Gegenständen aber nicht verhindern“, sagte Zingler. „Vielmehr setzen wir uns der Gefahr aus, dass in Zukunft nicht die sportlichen Leistungen der Mannschaften entscheiden, wie ein Spiel ausgeht, sondern mögliche Schmähungen, Beleidigungen, Rauch oder eben der Wurf eines Gegenstandes.“

Ein solcher Wurf, betonte Zingler, sei durch keinen Veranstalter zu verhindern. „Umso wichtiger ist es, diese Personen zu identifizieren, aus der Veranstaltung zu entfernen und mit der höchstmöglichen Strafe zu belegen, um potenzielle Nachahmer davon abzuhalten“, so der Union-Boss.

„Es ist schon schlimm genug, dass Personen bei Konzerten oder Sportveranstaltungen immer wieder Gegenstände auf Bühnen, in Innenräume oder auf den Rasen werfen“, sagte Zingler, der heftige Vorwürfe gegen den DFB und den VfL Bochum erhebt: „Viel schlimmer ist es jedoch, wenn jemand versucht, sich aus diesen für keinen Veranstalter zu verhindernden Ereignissen einen Vorteil zu verschaffen, insbesondere dann, wenn auch unbeteiligte Dritte dadurch erheblich benachteiligt werden. Das ist hier der Fall: Der eigentliche unsportliche Skandal hat nach dem Ereignis auf dem Rasen und heute vor Gericht stattgefunden.“

Das Sportgericht gab in Frankfurt/Main hatte zuvor Einspruch des VfL gegen die Wertung des Spiels stattgegeben. „Für eine besondere Schauspieleinlage von Herrn Drewes oder für ein Komplott oder eine Schmierenkomödie haben wir nicht die entsprechenden Anhaltspunkte bekommen“, sagte Stephan Oberholz als Vorsitzender des Gremiums nach der rund dreistündigen mündlichen Verhandlung auf dem DFB-Campus.

Das Spiel wurde damals nach dem Vorfall und der Unterbrechung durch Schiedsrichter Martin Petersen ohne Drewes fortgesetzt und beendet. Da Bochum sein Auswechselkontingent bereits ausgeschöpft hatte, ging Angreifer Philipp Hofmann kurzzeitig ins Tor. Beide Teams passten danach den Ball lediglich hin und her, um die Begegnung zu beenden.

Warum der Referee aus Stuttgart die Partie in Berlin nicht abbrach, erklärte der 39-Jährige ausführlich. Es habe keine Einwände von der Polizei gegeben, das Spiel nicht fortzuführen – und auch beide Mannschaften hätten es so gewollt.

Drewes wurde später im Krankenhaus untersucht. Ein Test auf Gehirnerschütterung sei unauffällig verlaufen, hieß es von Vereinsseite. Der 31-Jährige berichtete vor dem DFB-Sportgericht von Schwindel, Übelkeit und Schmerzen an der Einschlagstelle. Teamarzt Mark Sandfort nannte als Zeuge vor Gericht als erste Verdachtsdiagnose in dem Moment ein Schädelhirntrauma – „in leichter Form zwar, aber ausschließen konnte ich es nicht.“

Dazu sagte Zingler nun: „Wenn die nutznießende Partei ihre Schwächung selber erklären kann, brauchen wir keine unparteiischen Schiedsrichter mehr und dem Betrug bzw. einem Schmierentheater ist Tür und Tor geöffnet. Die benachteiligten Parteien werden nie in der Lage sein, das Gegenteil zu beweisen.“

Wenn das Urteil bestehen bleibt, dann hat es auch sichtbare Auswirkungen auf die Tabelle – und den Abstiegskampf: Das bisherige Schlusslicht Bochum schließt durch den ihm zugesprochenen Sieg zum punktgleichen Vorletzten Holstein Kiel auf und hat nur noch zwei Zähler Rückstand auf den 1. FC Heidenheim.

Zingler: „Das heutige Urteil zeigt, dass die oft benutzte ‚Hinzurechnung‘ eines Ereignisses zu einem Verein fragwürdig, oft sogar falsch ist. Wenn die Konsequenzen daraus sich sogar zu Lasten unbeteiligter Vereine erstrecken, wird es vollkommen absurd.“ (mit dpa)