Hansi Flick könnte mit dem Start ins WM-Jahr zufrieden sein. Dem Bundestrainer reicht ein 2:0 gegen Israel aber nicht mehr. Vielmehr kritisierte er einige Spieler nach dem Erfolg.
Drei WM-WarnschüsseTrotz Sieg: Flick mit klarer Ansage für Draxler, Schlotterbeck und Werner
Im Grunde fing das neue Länderspiel-Jahr so an, wie das alte endete: mit einem Sieg. Das 2:0 gegen Israel war der achte Sieg in Folge – für die Nationalmannschaft ist das die längste Erfolgsserie seit Mai 1979 bis Juni 1980 unter Jupp Derwall (damals 12 Siege).
Aber zum Start ins WM-Jahr reicht es nicht, sich für einen Heimsieg gegen den 77. der FIFA-Weltrangliste auf die Schulter zu klopfen. Am Ende des Jahres will Hansi Flick (57) nach zwei enttäuschenden Turnieren unter Vorgänger Joachim Löw (62) endlich wieder lange bei der WM um den Titel mitspielen.
Deshalb spart der Bundestrainer auch nicht mehr mit Kritik. Minutenlang stand Flick am Samstag (26. März 2022) nach dem Abpfiff mit Nico Schlotterbeck (22) im Sinsheimer Stadion. Beide diskutierten angeregt, und es ging natürlich um das Foul des Freiburgers, das in der Nachspielzeit zum Elfmeter geführt hatte. ZDF-Experte Per Mertesacker (37) sprach gar von einem „Arroganzanfall“. Zum Glück parierte Kevin Trapp (31) den Strafstoß.
Per Mertesacker sprach bei Schlotterbeck von „Arroganzanfall“
„Wenn es ein entscheidendes Spiel gewesen wäre, kein Freundschaftsspiel, und man macht so einen Fehler, könnte man nicht zufrieden sein“, sagte Flick. „Das sind Dinge, die können bei einer Weltmeisterschaft in der 90. Minute tödlich sein. Auf diesem Niveau muss man 90 Minuten voll konzentriert sein und darf keine Fehler machen.“ Immerhin: Bis zu seinem Lapsus „hat er es sehr, sehr gut gemacht“.
Der Debütant gab sich einsichtig. „Arroganzanfall würde ich nicht sagen“, betonte er, „das war einfach schlecht, eine Unkonzentriertheit, das darf mir nicht passieren. Ich muss mich bei Kevin bedanken, so ist es für mich glimpflich ausgegangen.“
Auch PSG-Profi Julian Draxler (28) bekam nach dem Spiel von Flick noch ein paar mahnende Worte mit auf den Weg. „Die Qualität, die in Paris auf seiner Position vorzufinden ist, macht es nicht einfach für ihn“, sagte der Bundestrainer. Dem Mittelfeldmann war anzusehen, dass er zu wenig Spielpraxis hat. Flick hatte zuletzt mehrfach betont, dass für ihn bei der WM nur Spieler infrage kommen, die dauerhaft in ihren Vereinen zum Einsatz kommen.
Julian Draxler denkt an Vereinswechsel im Sommer
Ein Vereinswechsel in diesem Sommer wird deshalb wahrscheinlicher. „Ich muss mehr Spielpraxis haben, Richtung WM. Im Sommer wird man sehen, was passiert. Ich muss mehr spielen als in dieser Saison“, sagt Draxler. „Die Botschaft“ des Bundestrainers vor der gesamten Mannschaft sei „sehr eindeutig“ gewesen, „dass er fitte Spieler braucht“ und solche, die im Klub spielen.
Mit Timo Werner (26) gab Flick einem weiteren Legionär gegen Israel Spielpraxis. Auch der Angreifer hat beim FC Chelsea einen schweren Stand. „Timo hat in den letzten Wochen und Monaten wenig gespielt. Er war krank und hat einiges aufholen müssen“, sagte der Bundestrainer. Immerhin schoss Werner schon sein sechstes Länderspiel-Tor in der Ära Flick. „Es ist wichtig für einen Stürmer, dass er Tore schießt. Man merkt, dass er vom Rhythmus her nicht ganz so im Spiel war. Aber er ist immer einer, der versucht, tiefe Laufwege zu machen.“
Hansi Flick über Timo Werner: „Er war nicht ganz so im Spiel“
Der Angreifer weiß selber, dass er noch weit von einer WM-Form entfernt ist. „Bei Chelsea läuft's nicht so, wie ich mir das wünsche. Umso schöner ist es, dass ich hier das Vertrauen habe. Vielleicht passt das Spiel hier ein bisschen mehr zu mir, ich fühle mich sehr wohl hier“, sagte er.
Daher könnte auch bei Werner eine Luftveränderung im Sommer helfen. „Ich bin weit davon entfernt, dass ich Spielern den Ratschlag gebe, ob sie den Verein wechseln sollen oder nicht“, sagte Flick zwar angesprochen auf die Situation von Draxler und Werner. „Jeder Spieler muss für sich selbst Verantwortung zeigen und seine Situation einzuschätzen lernen. Er muss wissen, was für seine Zukunft am besten ist“.
Dann folgte aber doch der dezente Hinweis an sein Duo, die Lage zu überdenken. „Wenn die Spieler einen Rat wollen, bin ich gerne für sie da. Die Situation, die beide haben, ist aktuell nicht so, dass sie zufriedenstellend ist.“