Nach der bedeutungslosen 24:30-Niederlage gegen Kroatien stehen die deutschen Handballer bei der Heim-EM in Köln im Halbfinale. Die Spieler wissen, was der X-Faktor sein kann: das Publikum und die Lanxess-Arena.
„Was willst du denn jetzt hören?“DHB-Keeper Wolff platzt kurz der Kragen, dann folgt die Ansage
Andreas Wolff (32) war nicht glücklich nach der klaren 24:30-Niederlage gegen Kroatien bei der Handball-EM. Das war dem deutschen Rückhalt bei der Heim-EM in der Mixed Zone der Lanxess-Arena am späten Mittwochabend (24. Januar 2024) deutlich anzumerken.
Wolff war nach der ersten Niederlage einer deutschen Handball-Nationalmannschaft im Kölner Handball-Tollhaus gereizt. Und das bekam ein Journalist auch zu spüren, als dieser Wolff zur Bewertung der Niederlage gegen die bereits ausgeschiedenen Kroaten aufforderte.
Handball-EM: Wolff lässt Niederlagen-Frust kurz raus
Der 1,98-Meter-Koloss witterte tiefgehende Kritik hinter der eigentlich harmlos gestellten Frage, schaute dem Fragensteller mit stechendem Blick in die Augen: „Du willst eine Bewertung von diesem Spiel? Von diesem komplett unwichtigen Spiel? Was willst du denn jetzt hören? Dass alle scheiße waren? Das werde ich jetzt aber nicht sagen!“
Nachdem der Journalist glaubhaft versichert hatte, dass seine Frage gar nicht so kritisch, wie vom deutschen Torhüter aufgefasst, gemeint war, hellte sich die Miene des Torwart-Hünen wieder auf: „Ok, ich hatte das Gefühl, dass ihr das hören wolltet …“ Seine kurze Analyse des Kroatien-Spiels schloss er mit den Worten: „Die Kroaten sind keine Laufkundschaft.“
Das kürzlich beendet Spiel hatte Wolff gefühlt schon längst verdrängt. Dann richtete der Schlussmann seinen Blick auf den übermächtigen Halbfinal-Gegner Dänemark: „Sie haben keine Schwächen. Sie haben das weltbeste Torhüter-Duo in der Geschichte des Handballs, sie haben einen fantastischen Tempo-Handball, sie haben die bemerkenswerte Fähigkeit, den Ball nach Ballgewinnen unfassbar schnell nach vorne zu bringen, das dauert manchmal nur zwei Sekunden von der Parade des Torhüters bis zum dänischen Tor.“
Bei so viel Lob für den Gegner sollte Deutschland gegen den amtierenden Weltmeister eigentlich chancenlos sein. Doch Wolffs Laune hatte sich längst gebessert: „Wir schlagen Dänemark zu 100 Prozent, weil wir so eine geile, junge Truppe haben.“
Wolff beendete seinen Arbeitstag mit einer markigen Ansage und merkte auch noch an: „Wir haben hier ein Heimspiel in Köln. Die Zuschauer können uns in so einem Spiel tragen. Das kann den Unterschied machen.“
Dass es am Freitagabend (26. Januar 2024) ab 20.30 Uhr in Köln-Deutz wieder einmal auf die Zuschauerinnen und Zuschauer ankommen wird, war auch allen anderen Nationalspielern bewusst. Julian Köster (23): „Dänemark ist der Favorit, aber wir haben eine super Mannschaft, eine geschlossene Mannschaft und wir haben 20.000 Fans hinter uns.“
Auch Teamkollege Rune Dahmke (30) glaubt an die Magie von Köln: „Wir müssen über das Kollektiv und den Kampf kommen, ich glaube trotzdem, dass wir eine Chance haben. Ich sage es ganz ehrlich: Das kann uns beflügeln wie nichts anderes. Gerade wenn alle verstehen, dass wir nur mit dem Messer zwischen den Zähnen und völligem Kampf überhaupt eine Chance haben. Wenn wir das verkörpern, holen wir die Halle von der ersten Minute an ab. Wir hatten hier schon ein paar besondere Momente zusammen und dann bin ich mir auch sicher, dass die Dänen spüren werden, dass sie aufpassen müssen.“
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Kai Häfner (34) schlug kritische Töne an, blickte aber auch schon wieder nach vorne: „Wir haben heute ein Drecksspiel abgeliefert. Es ist schon sehr ärgerlich, sehr nervig. Nichtsdestotrotz, wenn jemand vor zwei Wochen gesagt hätte, dass wir im Halbfinale stehen und vorher gegen Kroatien verlieren, hätte ich das unterschrieben. Wenn die Leidenschaft, die Mentalität da ist, mit der Halle … – und wenn jeder einen Sahne-Tag hat, dann können wir auch Dänemark schlagen.“
Johannes Golla (26) fügte hinzu, dass die Unterstützung des frenetischen Kölner Publikums kein Selbstläufer sei, die Mannschaft sich die Anfeuerung erst verdienen müsse. „Dänemark ist eine absolute Weltklasse-Mannschaft. Eine Mannschaft, die ein unglaubliches Selbstvertrauen hat, eine Mannschaft, die eigentlich zum Turnier anreist, um den Titel zu holen. Es ist die denkbar schwerste Aufgabe, die wir im Halbfinale haben, aber wir sind im Halbfinale und werden alles dafür tun, die Überraschung zu schaffen.“
„Wir spielen gegen die stärkste Mannschaft der Welt, aber ..."
„Wir müssen am Freitag erst einmal in Vorleistung treten, das ist immer so. Wir müssen zeigen, dass wir da sind, dass wir mithalten können und dann glaube ich, dass die Halle uns tragen kann. Uns aber nur auf die Stimmung zu verlassen, wäre fahrlässig. Wir sind auf einen guten Start mit Intensität angewiesen, die von uns kommen muss. Und wenn wir das bringen, können wir uns auf die Unterstützung der Zuschauer freuen, die uns dann auch tragen können“, sagte die Abwehr-Kante.
Christoph Steinert (34) brachte die Gefühlswelt der deutschen Handballer auf den Punkt: „Wir spielen gegen die stärkste Mannschaft der Welt, aber wir haben die stärksten Fans der Welt im Rücken.“
Die Message ist klar. Deutschland ist im Halbfinale der krasse Außenseiter, doch die DHB-Auswahl hat Blut geleckt. Die deutschen Profis wissen, dass ein neues Wintermärchen nur dann möglich ist, wenn am Freitag alles passt. Und die Magie der Kölner Lanxess-Arena den Rest besorgt. Auf Köln kommt es an. Wenn nicht jetzt, wann dann?