Im EXPRESS.de-Interview vor dem DHB-Pokal-Final4 sprach WM-Held Carsten Lichtlein unter anderem über seine Aufgabe in Melsungen, den Handball-Tempel Lanxess-Arena und seine Liebe zu Köln. Teil eins liest du hier.
Vor Pokal-Final4 in KölnEx-Profi Lichtlein über Handball-Mythos Lanxess-Arena: „Ist nicht normal“
Bundesliga-Rekordspieler, EHF-Pokalsieger, Europameister und Weltmeister, das sogar im eigenen Land. Carsten Lichtlein (43) hat in seiner aktiven Handball-Zeit viel erreicht. 2022 beendete er nach 22 Jahren seine Spieler-Karriere.
Dem Handball den Rücken gekehrt hat er aber nicht, ganz im Gegenteil: Direkt nach seinem Karriereende wurde er Torwart-Trainer bei der MT Melsungen in der Handball-Bundesliga. Am Wochenende steht für Lichtlein und seinen Klub das Final4 im DHB-Pokal an, am Samstag (13. April 2024) geht es im Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt.
Carsten Lichtlein: „22 Jahre kann man nicht einfach so abschütteln“
Vor dem Großereignis sprach Lichtlein im Interview mit EXPRESS.de unter anderem über das Final4, die WM-Party nach dem Titelgewinn 2007, wie er als Unterfranke Sportbotschafter der Stadt Köln wurde, den Handball-Tempel Lanxess-Arena und seine Liebe zur Stadt Köln. Den ersten Teil des Interviews liest du hier:
Herr Lichtlein, 2022 haben Sie Ihre aktive Handball-Karriere beendet. Seitdem sind Sie Torwart-Trainer bei Handball-Bundesligist MT Melsungen. Wie viel Spaß macht Ihnen die neue Aufgabe?
Carsten Lichtlein: Es macht sehr viel Spaß, weil man im Metier dringeblieben ist. Ich habe damals als junger Torhüter mein Hobby zum Beruf gemacht und jetzt führe ich es trotzdem weiter, auch wenn es als Trainer ist. Jetzt möchte ich meine Erfahrung, die ich in 22 Jahren als Spieler gesammelt habe, weitergeben.
Sie sind ja nicht nur für die Bundesliga-Mannschaft in Melsungen zuständig.
Lichtlein: Genau, ich kümmere mich auch um die Jugendabteilung. Man bringt den jungen Torhütern von klein auf das richtige Stellungsspiel, die richtige Reaktion bei. Darauf muss man achten, weil je älter ein Torhüter ist, desto schwieriger ist es seinen Stil zu ändern, weil er den schon entwickelt hat. Wir wollen ihnen auch den Spaß vermitteln, weil auch die Größe bei den Kindern noch fehlt. Da geht halt mal ein hoher Ball rein, weil sie oben noch nicht ins Eck kommen. Ich glaube, dass die meisten Jugendlichen lieber Tore werfen wollen. Da müssen wir den Jungs auch die Wichtigkeit der Position vermitteln und sagen ‚Du bist der Letzte, der überhaupt noch was retten kann‘. Mein jetziger Job macht mir riesig Spaß.
Juckt es trotzdem manchmal noch in den Händen, sich selber ins Tor zu stellen?
Lichtlein: Klar! 22 Jahre kann man nicht einfach so abschütteln. Diesen Torwart-Instinkt, die Bälle halten zu wollen, den habe ich immer noch in mir. Ich möchte eigentlich schon, aber irgendwann ist es auch mal gut. Der Körper wird ja auch nicht mehr jünger und die 22 Jahre merke ich schon. Manchmal möchte man trotzdem selber noch ins Tor. Aber ich habe hier zwei gute Torhüter, auf die ich mich verlassen kann.
Carsten Lichtlein: „Dann hält man auch die Unhaltbaren“
In Nebojsa Simic haben Sie auch einen der besten Torhüter der aktuellen Bundesliga-Saison unter Ihren Fittichen.
Lichtlein: Das stimmt. Aber auch wenn Adam Morawski reingekommen ist, hat er immer gut performt. Letztes Jahr hatten wir mit das beste Torhüter-Gespann in der Liga. Die Jungs wollen, sind beide sehr ehrgeizig. Man merkt auch, dass das Zwischenmenschliche und die Stimmung zwischen uns passt. Natürlich ist es ein Konkurrenzkampf, jeder will spielen. Aber sie pushen einander zu Höchstleistungen. Das ist das Team im Team sozusagen. Und das ist auch der Grundstein dafür, zusammen Leistung zu bringen.
Gab es denn mal in Ihrer Karriere den Fall, dass es mit einem Torwartkollegen nicht so geklappt hat?
Lichtlein: Nein, das gab es nie. Ich habe mich immer mit allen Torhütern verstanden, egal ob im Verein oder in der Nationalmannschaft. Ich hatte nie einen Torwartkollegen, dem ich nichts gegönnt habe, oder der mir nichts gegönnt hat. Das Verhältnis war immer sehr gut. Es kommt auch immer auf den Charakter an, aber ich bin Teamplayer – und im Team kann man mehr erreichen. Klar, stehst du alleine im Tor, aber die Abwehr kann einem auch helfen gut ins Spiel zu kommen. Und wenn man gut im Spiel ist, hält man auch die Unhaltbaren.
Im Final4 des DHB-Pokals geht es für Sie mit der MT Melsungen im Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt. Vergangene Woche gab es in der Liga ein 25:25. Was erwarten Sie für eine Partie?
Lichtlein: Es war ein sehr spannendes Spiel. Aber man sagt ja immer so schön: ‚Der Pokal hat seine eigenen Gesetze‘. Es wird ein ganz anderes Spiel, eine ganz andere Atmosphäre. Es ist zwar für keinen ein Heimspiel, aber im Handball-Tempel Lanxess-Arena – egal ob ich mit Lemgo gegen Gummersbach oder mit der Nationalmannschaft gespielt habe – war immer was los. Die Halle wird wieder ausverkauft und die Stimmung überragend sein. Für die Jungs wird das auch eine Erfahrung, in so einem Tempel zu spielen. Es wird auf jeden Fall wieder ein intensives Spiel.
Carsten Lichtlein über Kölner Lanxess-Arena: „Das ist unvergleichbar“
Hemmt so eine große Kulisse einen Spieler, vor allem wenn er sie noch nicht kennt, oder motiviert das eher?
Lichtlein: Es motiviert auf jeden Fall, weil es nicht normal ist, dass man vor so einer großen Kulisse spielt. Wenn es allerdings gegnerische Fans sind, kann es auch hemmen. Wenn es mal nicht so läuft, kann das Publikum aber auch über schlechte Phase hinweghelfen. Bei der EM war ich gegen Österreich da, da hat das DHB-Team teilweise mit fünf Toren hinten gelegen und am Ende noch Unentschieden gespielt. Da hat das Publikum die Mannschaft nach vorne gepeitscht. Beim Pokal gibt es jetzt diese vier Ecken mit den Fan-Lagern, dazu auch noch neutrale Fans. Das wird ein Handball-Spektakel, auch wenn es mit der Nationalmannschaft nicht zu vergleichen ist, wo ein Großteil der Halle für ein Team ist. Aber es ist einfach immer ein super Event.
Was macht die Lanxess-Arena – in der Sie mit dem DHB-Team 2007 den WM-Titel holten – und ihre Stimmung im Vergleich zu den anderen großen Hallen in Deutschland denn so besonders?
Lichtlein: Die Lanxess-Arena ist die größte Multifunktionshalle in Deutschland. Die nächstgrößte ist die Mercedes-Benz-Arena mit 15.000 Plätzen. Wenn die Lanxess-Arena ausverkauft ist, ist die Stimmung sensationell, das hat man bei der Handball-EM im Januar wieder gesehen, aber auch wenn die Kölner Haie spielen. Es macht jedem Spaß dort zu spielen, vor allem wenn man wie bei der EM alle Fans im Rücken hat. Das war 2007 schon sensationell. Egal, mit wem man spricht, Spielern oder Fans. Die sagen, dass das unvergleichbar ist.
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Im anderen Halbfinale spielen die beiden Spitzenteams der Bundesliga gegeneinander, Berlin und Magdeburg: Wen von beiden hätten Sie lieber in einem möglichen Finale?
Lichtlein: Eigentlich ist es egal, aber bei Berlin spielt mein Neffe (Nils Lichtlein, Anm. d. Red.). Das wäre ein Familienfest. Ich bin mit ihm Junioren-Weltmeister geworden, das war sehr schön. Im Finale könnten wir dann gegeneinander spielen, aber ein Lichtlein wird dann auf jeden Fall Pokalsieger, wenn es zu diesem Finale kommt.
In der Liga stehen Sie mit Melsungen aktuell auf Rang fünf, was ist im Saison-Endspurt noch möglich?
Lichtlein: Unser Ziel ist es, dass wir uns für Europa qualifizieren. Im Moment sieht es gut aus, aber wir haben noch sechs Spiele zu spielen und nur vier Punkte Vorsprung auf Magdeburg. Wir müssen in jedem Spiel zusehen, dass wir punkten, das Unentschieden gegen Flensburg war wichtig. Wir haben aber auch noch ein schweres Restprogramm mit Berlin und Kiel. Zu den Rhein-Neckar-Löwen müssen wir auch noch, also sind vier Punkte auf Gummersbach nicht viel. Platz fünf sollte für die Qualifikation reichen, das ist unser Ziel.