Nach großen Hoffnungen springen die deutschen Teilnehmer bei der Vierschanzentournee vor allem dem Spitzen-Trio aus Österreich hinterher. Ein ARD-Interview war bezeichnend für die Stimmung im DSV-Team.
Hannawald widerspricht ModeratorinBezeichnendes ARD-Interview bei Vierschanzentournee
von Béla Csányi (bc)
Der Skisprung-Zirkus zelebriert die Vierschanzentournee – aber für die deutschen Starter ist das Jahres-Highlight schon nach der Hälfte praktisch gelaufen.
Zum dritten Springen in Innsbruck war die DSV-Auswahl mit viel Resignation im Gepäck gereist. Nachdem Pius Paschke (34) als Weltcup-Führender hoffnungsvoll in die Tournee gegangen war, sind die Aussichten auf einen Sieg und selbst auf das Podest praktisch vom Tisch.
Sven Hannawald äußert Verständnis für Philipp Raimund
Auf der Bergisel-Schanze war vor dem Wettkampf am Samstag (4. Januar 2025) von einer Trotzreaktion nicht viel zu spüren. Mit aller Macht doch noch einmal oben angreifen? Offenbar aktuell kein realistisches Ziel im deutschen Team.
Bezeichnend dafür war ein ARD-Interview mit Springer Philipp Raimund (24) kurz vor Beginn des 1. Durchgangs. Auf die Frage, wer beim ersten von zwei Österreich-Springen auf dem Podest landen werde, nannte der Deutsche lediglich einen Ösi und einen Schweizer.
„Der Jan ist auf der Schanze einfach unschlagbar“, schrieb er die Hoffnungen auf einen deutschen Sieg-Coup schon im Voraus ab, wähnte Jan Hörl (26) als sicheren Sieger. Dahinter nannte er lediglich den Schweizer Gregor Deschwanden (33) als Anwärter auf das Podium.
Angesichts von so viel Zurückhaltung musste auch Reporterin Inken Pallas noch mal nachhaken und das aussprechen, was Raimund offenbar keinem Kollegen offensiv zuschreiben wollte: „Dann wäre auch noch Platz für einen Deutschen. Wir drücken die Daumen.“
ARD-Moderatorin Lea Wagner (30) staunte über den Interview-Einspieler, fasste zusammen: „Selbst darauf gekommen, dass ein Deutscher Podest-Qualitäten hat, ist er nicht. Das sagt schon alles. Das Selbstverständnis der deutschen Adler ist gerade nicht von Selbstvertrauen geprägt.“
Experte Sven Hannawald (50) als bislang letzter deutscher Gewinner des Prestige-Wettbewerbs zeigte dagegen Verständnis für die Zurückhaltung im deutschen Lager und widersprach: „Wenn er sich direkt mit ins Spiel bringen würde, hätte ich schon wieder Angst. Ich bin absolut fein mit dem, was er gesagt hat.“
Dass Raimund weder den vor wenigen Wochen so dominanten Paschke (sechs Siege in den ersten elf Springen) noch den unter anderem mit zwei Olympiasiegen hochdekorierten Andreas Wellinger (29) nennen wollte, war letztlich bezeichnend für den dramatischen Stimmungs-Umschwung im deutschen Skispringen.
Entsprechend wunderte sich im ersten Durchgang auch Kommentator Tom Bartels (59) über die Lage der Skisprung-Nation, sagte: „Sie rätseln alle, warum auf einmal so und soviel Prozent, bestimmt 10 bis 15, weg sind.“
Der immerhin solide erste Innsbruck-Sprung von Wellinger auf 127 Meter am Samstag (Platz 14 zur Halbzeit) sei daher zum Beispiel „den aktuellen Ansprüchen genügend“, befand Bartels. Zufriedenstellend sei das Ergebnis allerdings „nicht, wenn man überlegt, welche Erwartungen man vor der Tournee hatte.“