„Völliger Blödsinn“Heike Drechsler glaubt nicht an Olympia-Debakel – klare Meinung zu neuer Regel

Heike Drechsler präsentiert stolz ihre Goldmedaille.

2000 holte Heike Drechsler nach ihrem Olympiasieg acht Jahre zuvor in Barcelona auch in Sydney Gold. Vor den Spielen ist die ehemalige Weltklasse-Weiterspringerin als Serien-Star zu sehen.

Heike Drechsler ist voller Vorfreude auf die Spiele in Paris. Bevor er ernst wird, macht die zweimalige Olympiasiegerin einen Ausflug ins Serienfach.

von Antje Rehse  (are)

Sie fischte zweimal Gold aus der Weitsprung-Grube, ist bis heute eine der erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Leichtathletinnen. Ihre sportliche Karriere hat Heike Drechsler (59), die in zweiter Ehe mit dem ehemaligen finnischen Hürdensprinter Arto Bryggare (65) verheiratet ist, längst beendet. Doch die Olympischen Spiele ziehen sie noch immer in ihren Bann.

Vor Olympia 2024 in Paris hat es Drechsler sogar noch einmal für das Weitsprung-Training in eine Sporthalle verschlagen. Die Aufgabe: eine Siebenkämpferin fit für die Spiele zu machen. Allerdings nicht im echten Leben, sondern in der ARD-Telenovela „Rote Rosen“. Die drei Folgen mit Drechsler sind am 7., 8. und 10. Mai im Ersten zu sehen (14.10 Uhr).

Heike Drechsler: „Paris kann ein sehr positives Signal für den Sport setzen“

Wie es zum Wechsel ins Schauspielfach kam, was sie beim Dreh besonders beeindruckt hat und warum ihre Vorfreude auf Olympia in Paris wahnsinnig groß ist, verrät Drechsler im Interview mit EXPRESS.de.

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Im Mai sind Sie drei Folgen lang in der ARD-Serie „Rote Rosen“ zu sehen. Das ist aber nicht Ihr erster Ausflug ins Schauspielfach?

Heike Drechsler: „Richtig. Ich habe bei ‚Nikola‘ mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler mitgespielt. Das war auch besonders. Dann war ich als Trainerin bei ‚In aller Freundschaft‘. Es macht mir Spaß, muss ich sagen. Diesmal hatte ich etwas mehr Text als bei ‚Nikola‘. Mimik, Gestik – das muss ja alles passen. Das war für mich eine Herausforderung. Ich musste mich aber ‚nur‘ selbst spielen, so natürlich wie möglich meinen Text rüberzaubern. Die Handlung hatte Bezug zum Sport und meiner Disziplin, dem Weitsprung, den ich über Jahre dominiert habe. Das war also keine fremde Welt für mich.“

Würde es Sie denn reizen, auch mal eine andere Rolle zu spielen?

„Ja, aber ich weiß, dass es harte Arbeit ist! Es muss auch passen, diese andere Person darzustellen. Aber ich bin immer wieder offen. Es ist eine andere Herausforderung und es ist schön, hinter die Kulissen zu gucken. Zu sehen, wie viele Personen an einer Produktion beteiligt sind und wie viel liebevolle Arbeit dahintersteckt. So wie bei Yvonne, die mit mir den Text durchgegangen ist und sich sehr viel Zeit genommen hat. Es beeindruckt mich immer wieder, mit wie viel Liebe die Sets vorbereitet werden. Ob das ein Hotel ist, ein Wohnzimmer zu Hause oder bei uns eine Sporthalle.“

Es gibt Hollywood-Stars, die sich nicht gerne ihre eigenen Filme anschauen. Wie sieht das bei Ihnen aus?

„Das ist bei mir tatsächlich auch so. Ich habe mir letztens ein altes Interview angeguckt, da war ich 14. Ich lag flach auf dem Rücken. (lacht) Mein thüringischer Dialekt war damals noch sehr ausgeprägt. Und ich war noch nicht so selbstbewusst, eher schüchtern. Ich konnte den Mann, der das Interview geführt hat, gar nicht angucken. Aber wenn man etwas lernen will, muss man es sich ansehen. Ich werde mir die Folgen mit mir wohl anschauen und wahrscheinlich viel lachen.“

Verraten Sie uns etwas zur Story. Sie helfen einer jungen Leichtathletin?

„Die Story passt gut ins Olympia-Jahr! Alinda Yamaci spielt die Siebenkämpferin Leyla, die sich auf die Olympischen Spiele vorbereitet. Sie ist ein junger Mensch mit zwischenmenschlichen Sorgen, die Einfluss auf das Training nehmen. Das ist wie im normalen Leben. Man hat als Sportler oder Sportlerin viele Dinge im Alltag zu bewältigen. Wenn irgendwas schiefläuft, ist man nicht mehr richtig fokussiert. Das kann zu Verletzungen führen oder es läuft nicht wie es soll.“

Heike Drechsler mit „Rote Rosen“-Schauspielerin Alinda Yamaci.

Heike Drechsler mit „Rote Rosen“-Schauspielerin Alinda Yamaci.

Wie waren die Dreharbeiten?

„Mit Alinda Yamaci, die Leyla spielt, haben wir Weitsprungtechnik gemacht. Das war sportlich für sie! Aber sie war fit. Sie hat Fuß, wie man so schön sagt. Sie hat wirklich einen guten Absprung gehabt. Ich glaube, in der Branche musst du auch fit sein. Vor allem, wenn man einen sportlichen jungen Menschen spielt, muss man eine gewisse Kondition mitbringen.“

Wie groß ist denn Ihre Vorfreude auf Olympia in Paris?

„Wahnsinnig groß! Ich werde so viel wie möglich mitnehmen. Den Weitsprung der Frauen werde ich intensiv verfolgen, um zu sehen, wie Malaika Mihambo abschneidet. Die Konkurrenz ist groß. Hallen-Weltmeisterin Tara Davis-Woodhall aus den USA ist definitiv eine Medaillenkandidatin. Durch Mikaelle Assani, die im vergangenen Jahr 6,91 gesprungen ist, hat sie auch etwas Konkurrenz im eigenen Land bekommen. Es ist immer gut, wenn es in Deutschland zwei, drei gute Springerinnen gibt. Die pushen sich gegenseitig, die unterstützen sich. Das ist ein gutes Omen für Paris.“

Die deutsche Leichtathletik hat kein gutes Jahr hinter sich. Sind Sie trotzdem optimistisch?

„Ja, sehr. Die Mannschaft hat viele junge Sportlerinnen und Sportler. Da hoffe ich, dass der eine oder andere über sich hinauswächst. Wenn unsere Spitzenleute gesund sind, sind auf jeden Fall Medaillen drin. Das Niveau in der Welt ist aber Wahnsinn. Wenn ich (Stabhochsprung-Weltrekordler, d.Red.) Armand Duplantis sehe: Das springen manche nicht weit, was der hochspringt. Oder der Diskus-Weltrekord von Jürgen Schult, der jetzt durch Mykolas Alekna gebrochen wurde. Bei den Frauen gab es einen Weltrekord im Halbmarathon. Das lässt hoffen, dass die Stars in Paris abliefern werden.“

Haben Sie eigentlich Kontakt zu Malaika Mihambo?

„Ja, wir waren zum Beispiel zuletzt in Mönchengladbach gemeinsam bei einer Veranstaltung. Es gibt so viele Parallelen. Wie sie sich auf die Spiele vorbereitet, wie sie trainiert, wie sie sich mental vorbereitet. Dadurch ist eine Verbindung da. Sie ist nicht nur eine tolle Weitspringerin, sondern eine tolle Persönlichkeit, an der wir auch nach ihrer sportlichen Karriere noch viel Freude haben werden. Ich wünsche ihr den Sieg von Herzen. Sie hat ja schon alles gewonnen. Immer wieder die nötige Kraft und Motivation zu finden, ist nicht einfach. Ich hoffe, dass sie durch Olympia nochmal mehr Energie schöpfen kann und es allen zeigt.“

Was halten Sie von einer neuen Regel, die gerade im Weitsprung diskutiert wird, statt dem Brett eine Absprungzone einzuführen?

„Ich bin mit Olympiasieger Miltiadis Tentoglou einer Meinung, dass das völliger Blödsinn ist. Man braucht einen Anlauf, man braucht einen Absprung, man braucht eine Fokussierung. Ja, das Brett ist nur 20 Zentimeter breit. Aber das ist eine technische Disziplin. Wenn ich an einen Springer wie Carl Lewis denke: Der konnte sechsmal das Brett treffen. Es ist vielleicht für das Fernsehen wünschenswert, weil dann womöglich bessere Resultate kommen. Aber man sollte sich das gut überlegen. Den Anlauf so zu entwickeln, dass man das Brett trifft, gehört zum Weitsprung dazu. Ohne das Kribbeln, ob der Sprung gültig ist oder nicht, ist es doch langweilig.“

Auf welche Sportarten freuen Sie sich noch?

„Basketball! Das wird richtig spannend. Wir haben ja ein paar Deutsche, die in der NBA spielen. Wenn die alle gesund sind, ist die Chance auf eine Medaille oder sogar den Olympiasieg da. Ich interessiere mich aber eigentlich für alles. Schwimmen, die Mannschaftssportarten wie Basketball, Handball …“

Werden Sie vor Ort sein?

„Nein, ich werde zu der Zeit im Urlaub in Finnland sein. Wir haben aber einen großen Bildschirm. Mein Mann arbeitet für ein Sportmagazin in Finnland. Da werden wir sicherlich alles gucken! Ich wäre gerne nach Paris gefahren, aber das hat von der Planung her in diesem Jahr nicht gepasst. Wir haben dort ein Sommerhaus, es ist wunderschön da. In dieser natürlichen, entspannten Atmosphäre im finnischen Wald Olympia zu genießen, hat auch was.“

Was erhoffen Sie sich grundsätzlich von den Spielen?

„Von dem, was ich gehört habe, wie die Sportstätten in der Stadt verteilt sind, sind die Spiele in Paris wirklich für die Menschen und die Athletinnen und Athleten gemacht. Ich hoffe, dass nichts passiert, gerade in diesen brennenden Zeiten. Paris kann ein sehr positives Signal für den Sport setzen und erreichen, dass die Spiele anders gesehen werden als zuletzt in Peking oder Rio de Janeiro. Wenn man in einer Stadt das Gefühl hat, dass die Menschen nicht unbedingt Lust auf die Spiele haben, ist es schwer, die Atmosphäre rüberzubringen. Paris ist eine Chance.“