Die Olympischen Spiele in Tokio sind nicht die der deutschen Mannschaftssportarten. Egal ob im Fußball, im Handball oder im Basketball – das frühe Aus enttäuschte. Ein Fazit.
Ernüchternde Olympia-BilanzDeutschlands Team-Sportler laufen Ansprüchen hinterher
Tokio. Was ist nur mit den deutschen Mannschaften los? 2016 in Rio de Janeiro sorgten die deutschen Fußballerinnen und Beachvolleyballerinnen noch für viele goldene Momente, auch die Fußballmänner, die Handballer und Hockey-Teams lieferten Edelmetall ab.
In Tokio fällt die Bilanz der Mannschaftssportarten bisher deutlich schwächer aus, erstmals seit Sydney 2000 finden sämtliche Teamfinals ohne deutsche Beteiligung statt.
BASKETBALL: Ein Sieg aus vier Spielen, bei jeder Niederlage hatte der Gegner mindestens zehn Punkte mehr. Das klingt nicht gut. Aber: Allein die Tokio-Qualifikation war für die Mannschaft von Bundestrainer Henrik Rödl (52) ein Erfolg. Gegen Italien fehlte beim Auftakt nicht viel, auch gegen Australien war das Spiel lange offen, gegen Nigeria zeigte die Mannschaft, was in ihr steckt.
Ärgerlich ist eigentlich nur, dass das Viertelfinale gegen Slowenien so klar ausfiel. Doch dabei darf nicht vergessen werden, dass in Dennis Schröder (27), Daniel Theis (29) und Maximilian Kleber (29) gleich drei gestandene NBA-Profis fehlten. Auch deshalb ist mit Blick auf 2022, wenn die Heim-EM in Köln und Berlin steigt, Zuversicht angebracht.
Trotz des tollen Sommers ist die Zukunft von Rödl offen. Es wäre ein denkbar schlechter Zeitpunkt für einen Wechsel an der Spitze.
BEACHVOLLEYBALL: Julius Thole (24) und Clemens Wickler (26) hatten noch die Chance, die deutsche Bilanz aufzuhübschen, blieben aber im Viertelfinale hängen. Das junge Team gilt schon jetzt als Hoffnungsträger mit Blick auf Paris 2024.
Karla Borger (32) und Julia Sude (33) scheiterten dagegen enttäuschend früh nach drei Niederlagen, hatten aber auch eine schwere Gruppe erwischt. Laura Ludwig (35) und Margareta Kozuch (34) erreichten das Viertelfinale, Ludwigs Traum vom erneuten Gold-Coup nach 2016 erfüllte sich nicht. Womöglich greift sie auch in Paris noch einmal an.
Olympia-Handball: Gislason-Team wird den Erwartungen nicht gerecht
HANDBALL: Die deutschen Handballer träumten von einer Medaille, DHB-Vizepräsident Bob Hanning (53) sogar von Gold, doch am Ende bleibt nach dem Viertelfinal-Aus gegen Ägypten vor allem Frust hängen. Der frühere Weltmeistertrainer Heiner Brand (69) spricht von einem „Qualitätsproblem“ und auch Profis wie Hendrik Pekeler (30) übten klare Selbstkritik.
Nach dem historisch schlechten zwölften Platz bei der WM im Januar in Ägypten ist es der nächste Rückschlag für den Deutschen Handballbund - einer, der die Alarmglocken schrillen lassen sollte. Von der Weltspitze war das Team von Bundestrainer Alfred Gislason (61) in diesem Jahr ein gutes Stück entfernt.
Olympia-Hockey: Die Männer können die erste Nullrunde seit 2000 noch verhindern
HOCKEY: Nach starken Auftritten bei der Europameisterschaft und auch in der Vorrunde mit vier Siegen spielten sich die Hockey-Frauen in Tokio in den Favoritenkreis. Doch das böse Erwachen aus den Medaillenträumen folgte im Viertelfinale mit der klaren 0:3-Niederlage gegen Argentinien. Das Team von Bundestrainer Xavier Reckinger (37) verpasste sein Ziel und muss daraus Lehren ziehen.
Auch die Männer lebten den Traum vom Olympiasieg, mussten sich trotz einer guten Vorstellung im Halbfinale aber Australien geschlagen gehen. Nun ist es am Team von Bundestrainer Kais al Saadi (44), der seine Mannschaft in den vergangenen Jahren zum Turnaround führte, die erste „Nullrunde“ des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) seit Sydney 2000 zu verhindern. Alles andere als Bronze im Duell gegen Indien wäre eine herbe Enttäuschung.
Olympia-Fußball: Ein Scheitern mit Anlauf
FUSSBALL: Eins ist klar: So wie vor Tokio darf die Mannschaftsfindung für ein Olympiateam künftig nicht mehr ablaufen. Inklusive der lauten Nebengeräusche waren die Fußballer eine große Enttäuschung. Dass Trainer Stefan Kuntz (58) nicht einmal 22 Profis für die Mission Medaille zusammenbekam, warf ein schlechtes Licht auf alle Beteiligten.
Der Mannschaft fehlte es folglich an der nötigen Qualität, auch nur die Vorrunde zu überstehen. 2016 sah das noch ganz anders aus. Die Männer waren im Finale, die Frauen gewannen sogar Gold. Diesmal verpassten sie die Qualifikation und konnten das schwache Bild der Sportart folglich in Tokio nicht verhindern.
Olympia: Diese deutschen Teams waren gar nicht erst qualifiziert
RUGBY: Auch bei der zweiten Ausgabe der olympischen 7er-Rugby-Turniere waren die deutschen Mannschaften nicht dabei. Beim jeweils ersten Europa-Qualifikationsturnier scheiterten beide Teams des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) vorzeitig.
VOLLEYBALL: Schon die Olympischen Spiele 2016 in Rio fanden ohne deutsche Beteiligung statt und nun wurde auch in Tokio ohne deutsche Mannschaften geschmettert. Die Zeiten, in denen die Nationalmannschaft der Männer intensiven Kontakt zur Weltspitze aufnahm, sind erst mal vorbei.
Fünfter bei den Sommerspielen 2012 in London, Dritter bei der WM 2014 und Rang zwei bei der EM 2017 – von derartigen Platzierungen ist das Team von Bundestrainer Andrea Giani (51) aktuell ein gutes Stück entfernt. Bei den Frauen wartet der Deutsche Volleyball-Verband weiter auf die erste Olympia-Teilnahme seit 2004 in Athen. Doch die junge DVV-Auswahl macht Hoffnung, dass sich dies 2024 in Paris ändern könnte.
WASSERBALL: Schon zum dritten Mal in Folge schauten die deutschen Wasserballer bei Olympia nur zu. Bei der Qualifikation im Februar war die Auswahl des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) chancenlos und verlor alle fünf Gruppenspiele. Der Neuanlauf für Paris 2024 wird nicht leichter, so manch gestandener Nationalspieler springt nicht mehr ins Becken.
Ohne Hagen Stamm (61), der als Bundestrainer nicht mehr zur Verfügung steht, fehlt zudem die Galionsfigur, die zuletzt für etwas Aufschwung gesorgt hatte. Dass die deutschen Wasserballer auch nicht für die WM 2022 in Japan qualifiziert sind, erschwert den Neustart. (dpa/nb)