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Gaspedal voll durchgetretenProzess in Köln: Angeklagter rast mit 152 km/h in Kreuzung – Abdul (†21) stirbt

Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei sind an einer Unfallstelle im Einsatz, wo zwei schwer beschädigte Autos stehen.

Bei dem Unfall am 6. Mai 2023 in Köln-Longerich kam der Beifahrer eines Ford (im Hintergrund) ums Leben.

Vor 17 Monaten kam der 21-jährige Abdul bei einem Raser-Unfall in Köln ums Leben. Jetzt stand der Verursacher (19) vor Gericht.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Am 6. Mai 2023 wird Abdul aus dem Leben gerissen. 21 Jahre alt. „Er war kurz zuvor noch so glücklich und froh gewesen“, erzählt seine Schwester am Mittwoch (8. Oktober 2024) gegenüber EXPRESS.de.

Denn ihr Bruder hatte gerade seine Ausbildung zum Lagerlogistiker erfolgreich abgeschlossen, als es nur einen Tag später zu dem schrecklichen Unfall kam.

Abdul (†21) stirbt in Köln: Heftige Vorwürfe gegen Angeklagten (19)

Jetzt stand der Unfallverursacher (19) vor Gericht. Am Kölner Amtsgericht musste er sich wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahren ohne Führerschein und Unfallflucht verantworten.

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Neben der Schwester des Opfers traten auch dessen Eltern als Nebenkläger auf. Der Gerichtssaal war emotional aufgeladen. Auch Angehörige des Angeklagten waren da. Jeder Platz war besetzt, immer wieder war Weinen und Schluchzen zu hören.

Die Vorwürfe gegen den inzwischen 19-Jährigen sind schlimm. Am 6. Mai letzten Jahres soll er gegen 3 Uhr nachts in einem BMW-Mietwagen in die Kreuzung Neusser Landstraße/Bremerhavener Straße gerast sein. Dort knallte er in einen Ford, dessen Fahrer gerade links abbiegen wollte. Beifahrer Abdul (†21) war sofort tot.

Laut Anklage hatte der Angeklagte rund 200 Meter vor der grünen Ampel das Gaspedal des BMWs voll durchgetreten und auf 152 km/h beschleunigt. Erlaubt sind dort 50 km/h.

Prozess vor Kölner Amtsgericht nach tödlichem Raser-Unfall

Obwohl er kurz vorher noch bremste, kam es laut Gutachten mit 134 km/h zum Aufprall. Hätte der Angeklagte sich an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit gehalten, so der Vorwurf, hätte der Zusammenstoß verhindert werden können.

Über seinen Verteidiger Ralf Steiner legte der 19-Jährige direkt zu Beginn ein umfassendes Geständnis ab. „Er bedauert zutiefst, was passiert ist“, so der Anwalt.

Ein Mann hält sich eine Mappe vor das Gesicht, neben ihm steht sein Anwalt.

Ein 19-Jähriger musste sich am Mittwoch (9. Oktober 2024) wegen fahrlässiger Tötung vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Hier mit seinem Verteidiger Ralf Steiner.

In der Unfallnacht war der Angeklagte gemeinsam mit einem Verwandten (23) im Auto unterwegs. Von einem Fest in einem Eventsaal waren sie zu einer nahen Tankstelle gefahren, um Getränke zu kaufen. Im Zeugenstand erzählte der 23-Jährige, dass der Angeklagte auf dem Rückweg zum Fest dann „ein bisschen“ schneller gefahren sei. „Ich habe ihm noch gesagt, er soll nicht übertreiben – in dem Moment hat es geknallt“, erzählte er.

Ein Sachverständiger für Verkehrsunfälle (58) legte dem Gericht das Ergebnis seines Gutachtens vor. Demnach war für den Angeklagten die Kollision vermeidbar, für den Fahrer des Fords nicht. Für den Ford-Fahrer sei die Geschwindigkeit des BMWs nur schwer einschätzbar gewesen, so der Experte: „Er hat ihn erst zwei Sekunden vor der Kollision gesehen.“ Viel zu wenig, um zu reagieren.

Kölner Staatsanwältin: „Das kratzt am bedingten Tötungsvorsatz“

Während der ganzen Zeit saß der Angeklagte mit gesenktem Kopf da, er suchte weder zur Schwester noch zu den Eltern des Toten Blickkontakt. „Ich wünsche und bete die ganze Zeit, dass er das erlebt, was wir erleben müssen“, sagte die Schwester in einer Verhandlungspause gegenüber EXPRESS.de. Ihr Bruder sei ein sehr netter, toller Typ gewesen. Von sieben Geschwistern sei er der kleinste Junge gewesen.

Einem anschließenden Antrag des Opferanwalts und der Staatsanwältin, den Fall ans Landgericht, also der nächst höheren Instanz, zu verweisen, kam die Vorsitzende Richterin nicht nach. Sie habe sich im Vorfeld des Prozesses mit den BGH-Entscheidungen zu den Raserunfällen in Berlin auseinandergesetzt, erklärte sie, und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es bewusste Fahrlässigkeit und kein bedingter Tötungsvorsatz war.

Im Hinblick auf den 19-jährigen Angeklagten erklärte sie: „Er wusste, er ist schon viel, viel zu schnell – doch er fuhr auf eine grüne Ampel zu und hat gehofft, dass er dort rüberkommt.“

In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin schließlich drei Jahre Jugendstrafe. „Er hat Reue gezeigt und muss damit leben, dass durch sein Verhalten ein Mensch gestorben ist. Aber er hatte eine Wahl – er ist in das Auto gestiegen, hat das Gaspedal durchgedrückt. Das Opfer hatte keine Wahl“, erklärte sie. Die Staatsanwältin sah auch die Schwere der Schuld gegeben. „Das kratzt am bedingten Tötungsvorsatz“, argumentierte sie.

Der Verteidiger sprach in seinem Plädoyer vom „schlimmsten Augenblick-Versagen“ und beschrieb seinen Mandanten als jemanden, der bis dahin ein grades Leben führte. „Er war ein gesunder junger Mann, jetzt ist er ein psychisches und finanzielles Wrack“, so der Anwalt.

Der 19-Jährige nimmt Psychopharmaka, ist in psychologischer Behandlung, hat Panikattacken. Der Anwalt: „Es ist erzieherisch nicht geboten, ihn in Haft zu stecken.“ Wenn, dann sehe er eine Strafe auf Bewährung.

Dem kam die Vorsitzende Richterin nach. Am Ende verurteilte sie den 19-Jährigen, der zum Unfallzeitpunkt 18 war, zu zwei Jahren auf Bewährung. Dieser hatte erst im letzten Wort kurz die Eltern des Toten angeguckt und ihnen gesagt, es täte ihm sehr leid. Dann weinte er zum ersten Mal.