Die Kölner Dragqueen Marcella Rockefeller empfindet den diesjährigen CSD wichtiger als jemals zuvor. Denn: Köln sei nicht mehr die tolerante Stadt, die sie einmal war und deren Ruf sie immer noch genießt.
„In die Fresse bekommen“Köln intolerant? Dragqueen packt aus
Köln. Seit 12 Jahren steht die Kölner Dragqueen Marcella Rockefeller nun schon auf der Bühne.
Doch ähnlich wie der Kölner Influencer David Lovric, der als geschminkter Mann schon angefeindet und körperlich attackiert wurde und deswegen bestimmte Veedel konsequent meidet, erlebt auch Marcella Rockefeller die Domstadt.
Kölner Dragqueen: Stadt nicht mehr tolerant?
„Ich bin vor etwa 13 Jahren nach Köln gezogen, weil es für mich die weltoffenste Stadt Deutschlands war. Ich bin damals über die Severinsbrücke gelaufen, habe das Panorama gesehen und gedacht: In dieser Stadt will ich leben. So war es auch eine ganze Weile. Aber den Titel: 'Toleranz-Hochburg' oder 'weltoffene Stadt', das brauchen wir uns nicht mehr auf die Fahne zu schreiben. Das ist Köln schon lange nicht mehr“, so das erschreckende Fazit der Wahl-Kölnerin.
Als Dragqueen, aber auch als Privatperson habe er aus dieser Entwicklung bereits Konsequenzen gezogen.
Köln CSD 2021: Dragqueen würde nicht mehr in Verkleidung Bahn fahren
„Ich gehe nicht mehr mit meinem Freund Händchen haltend über die Ringe und nehme mir grundsätzlich ein Taxi. Ich würde in Verkleidung niemals mehr Bahn fahren – an jeder Ecke gibt es dumme Blicke. Natürlich ist das mit der Verkleidung in gewisser Weise provoziert, aber mit Sicherheit keine Einladung verbal oder körperlich attackiert zu werden“, so die Dragqueen.
Ihre Kunstfigur sieht die 33-Jährige als Sprachrohr für die offene Gesellschaft. Auch das CSD-Wochenende sei nun wichtiger denn je, um auf die Anliegen von Schwulen und Lesben aufmerksam zu machen.
CSD 2021: Vom Lady Gaga-Kostüm zur Kölner Dragqueen
Die Idee zur Kunstfigur Marcella Rockefeller sei 2009 an Karneval entstanden. „Wir waren eine Gruppe Jungs und sind alle als bekannte Frauen gegangen – ich war 'Lady Gaga.' Viele fanden das toll und haben mich darauf angesprochen, dass ich das doch öfter machen soll. Und so habe ich gemerkt, dass Marcella mein Sprachrohr sein kann“, so die Dragqueen und spricht an, wofür sie letztendlich ein Sprachrohr sein möchte.
CSD 2021: Hasskriminalität gegen LGBTQ-Personen gestiegen
„Die Hasskriminalität geht nach oben, es gibt mehr Gewalt gegenüber LGBTQ (Anm. d. Red. Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) als im Vorjahr. Natürlich gehe ich trotzdem weiterhin für die Akzeptanz, Toleranz und den offenen Dialog auf die Straße. Leider muss ich auch 2021 noch für meine Menschenrechte demonstrieren und das kann ich als Dragqueen besser, als in Jeans und T-Shirt.“
Er selbst sei jedoch auch schon ungeschminkt und ohne Verkleidung in Köln angegriffen worden.
Kölner Dragqueen: „Von deutscher Glatze eins in die Fresse bekommen“
„Ich habe schon von einer deutschen Glatze mit Bomberjacke eins in die Fresse bekommen. Angriffe gibt es immer wieder aus verschiedenen Richtungen. Dafür ist keine bestimmte Kultur verantwortlich“, stellt sie weiter klar. Trotz der Attacken will sie weiterhin dafür einstehen, „dass Kinder, die heute auf die Welt kommen, sich morgen nicht mehr falsch fühlen müssen.“
Coronabedingt tritt Marcella Rockefeller nicht mehr so häufig auf. Doch in der Vergangenheit ist sie auf mehreren CSDs aufgetreten und war beim „Come-Together-Cup“ dabei. Mittlerweile macht die kölsche Dragqueen eigene Musik mit Peter Plate von „Rosenstolz“ und will weiterhin in Köln, aber auch national als Dragqueen auftreten.
Zusammen mit den kölschen Dragqueens Laila Licious und Kimberly Kiss engagiert sich Marcella Rockefeller außerdem aktuell mit dem Hard Rock Cafe im Rahmen des „Happy Pride Month“ für die Aidshilfe Köln – und jeder Willige kann spenden.
Kölner Aidshilfe: Hard Rock Café und Dragqueens machen mobil
Dieses Jahr hat sich das Hard Rock Café etwas Besonderes einfallen lassen und 500 Flaggen in unterschiedlichen Designs entworfen – darunter natürlich auch der beliebte Regenbogen-Klassiker.
Die Flaggen können im Restaurant am Heumarkt für eine Spende von mindestens 2 Euro erstanden werden. Die Summe kommt zu 100 Prozent der Aidshilfe Köln zugute. Der vielfältig engagierte Verein setzt sich seit 1985 für Menschen mit HIV und Aids ein und engagiert sich für den Abbau von Vorurteilen, Diskriminierung sowie ein vorurteilsfreies Miteinander.