Nach einer Reihe von skrupellosen Halsketten-Überfällen in Köln stellt sich die Frage, ob die Behörden hilflos sind. EXPRESS.de hakt nach.
Halsketten-ÜberfälleFalsches Alter, keine Papiere – wie eine Jugendbande in Köln den Staat vorführt
Eine Gruppe Jugendlicher aus Nordafrika raubt in der Kölner Innenstadt Menschen aus.
Das Sicherheitsgefühl vieler Menschen ist nach einer Serie von Halsketten-Überfällen und anderen Straftaten erschüttert. Das zeigen auch Hunderte Kommentare in Sozialen Medien. Viele der ertappten Minderjährigen sind polizeibekannt.
Allein eingereiste Minderjährige in Kölner Jugendherberge untergebracht
In einer Jugendherberge, in der die Stadt allein eingereiste Minderjährige untergebracht hat, gab es bereits zwei Durchsuchungen, bei denen Drogen, zig Goldketten, Handys und weiteres mutmaßliches Diebesgut sichergestellt wurde. Nach einer Festnahme sind die Jugendlichen wenig später wieder im Viertel unterwegs. Die Raubserie reißt nicht ab.
Die Opfer sind zumeist hilflos – sind die Behörden es auch? EXPRESS.de hakt nach.
Wie viele unbegleitet eingereiste Jugendliche leben derzeit in Köln?
„Die Anzahl hängt davon ab, wie hoch die Zahl der Zuweisungen durch das Land ist und wie schnell die Weitervermittlung gelingt“, teilt die Stadt dazu mit: „Die aktuelle Zuweisungsquote für Köln liegt bei 632. Die Zahl schwankt täglich.“
Nach einigen Halsketten-Raubüberfällen ist eine Jugendherberge in das Visier der Ermittler geraten, in der die Stadt allein eingereiste Jugendliche untergebracht hat. Wie viele Jugendliche leben in der Einrichtung am Hauptbahnhof?
Die Belegungszahl variiere laut Angaben der Stadt stark, weil es sich um eine Erstaufnahmeeinrichtung handelt. Stand 30. Juli sind es 94 Bewohner und Bewohnerinnen.
Aus welchen Ländern stammen die Jugendlichen?
„Die ausschließlich männlichen Jugendlichen kommen aus den unterschiedlichsten Krisengebieten der Welt; Afghanistan, Syrien, Somalia, Marokko, Algerien, Eritrea, Türkei etc..“, so die Stadt.
Vom wem werden die allein eingereisten Minderjährigen in jener Jugendherberge „Pathpoint Cologne“ am Hauptbahnhof betreut?
„Die Jugendlichen werden durch einen Träger betreut, der mehrjährige Erfahrung mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten hat“, sagt eine Sprecherin der Stadt.
Wie kommt es, dass Jugendliche aus der Einrichtung den ganzen Tag und auch nachts in der Innenstadt unterwegs sind? Gibt es in der Einrichtung einen Sicherheitsdienst? Wie viele Mitarbeitende kümmern sich dort um die Betreuung der Jugendlichen?
„Die Jugendlichen werden im Pathpoint rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr betreut“, so die Stadt. Weiter heißt es: „Die pädagogischen Fachkräfte werden durch Hilfskräfte und Sprachmittler unterstützt. Im Durchschnitt ist für zwei bis drei Jugendliche eine Betreuungsperson vorgesehen. Ein Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr vor Ort.“
Zum Besuch einer Schule oder eines Sprachkurses, aber auch zur Teilnahme an freizeitpädagogischen Angeboten wie Sport verließen die Jugendlichen das Pathpoint, so die Stadt. Und weiter: „Ausgangszeiten gelten analog der Jugendschutzzeiten. Der Tagesablauf wird durch pädagogische Kräfte strukturiert. Es gibt feste Essens- und Ruhezeiten. Mitarbeitende des Trägers begleiten die Jugendlichen zum Beispiel bei Arzt- und Amtsterminen.“
Wie wird mit auffälligen Jugendlichen verfahren, nachdem sie von der Polizei wegen des Verdachts einer Straftat aufgegriffen und anschließend zur Jugendherberge gebracht wurden?
„Die Mehrheit der Jugendlichen nimmt das Betreuungsangebot im Pathpoint gut an, ist motiviert und engagiert, sich eine Zukunft aufzubauen“, betont das Jugendamt. „Bei Verdachtsmomenten von delinquentem Verhalten wird mit der Polizei zu konkreten Einzelpersonen eine kontinuierliche und enge Kooperation gepflegt. Dies dient vor allem auch dem Schutz der Bewohner, die dort völlig unauffällig leben, und der Beschäftigten.“
Welche Konsequenz zieht das Jugendamt aus Straftaten der Jugendlichen?
„Nicht strafmündige Jugendliche unter 14 Jahren werden strenger überwacht – beispielsweise Zimmerkontrollen. Straftaten von über 14-Jährigen werden immer zur Anzeige gebracht. Es gilt eine Null-Toleranz-Strategie“, sagt die Sprecherin der Stadt.
Die Jugendherberge am Hauptbahnhof gilt als Hotspot dieser auffälligen Jugendlichen. Politiker fordern eine „Entzerrung“. Wie viele Bewohnende der Einrichtung wurden bislang in andere Einrichtungen „verlegt“?
„Da es sich beim Pathpoint um eine Erstaufnahme handelt, werden kontinuierlich Jugendliche anderweitig untergebracht. Aufgrund des Fachkräftemangels und des Fehlens von geeigneten Immobilien besteht ein Engpass bei Anschlussmaßnahmen. Es kommt daher zu einer längeren Verweildauer“, heißt es von der Stadt.
Das Jugendamt sei intensiv mit dem Aufbau von weiteren Kapazitäten befasst. Ziel sei es, die Jugendlichen aus Erstaufnahmeeinrichtungen möglichst schnell in Anschlussmaßnahmen unterzubringen.
Politiker und Politikerinnen kritisieren, dass die Jugendlichen zwischen den Kriminalitätsbrennpunkten Breslauer Platz und Ebertplatz untergebracht werden. Gibt es Überlegungen, die Unterkunft zu schließen?
„Die Immobilie ist für die Unterbringung von Jugendlichen geeignet, da sie über die entsprechenden Platzkapazitäten, separate Sanitäranlagen je Zimmer und Aufenthaltsmöglichkeiten für Jugendliche und Personal verfügt“, so die Stadt. „In Anbetracht des allgemeinen Mangels an für die Kinder- und Jugendhilfe geeigneten Immobilien und des ohnehin schwierigen Immobilienmarktes muss die Stadt Köln auf die vorhandenen Angebote zurückgreifen, um ihrer Aufgabe als Gewährleistungsträger nachzukommen. Grundsätzlich wünscht sich das Jugendamt die Unterkünfte ländlicher und weniger urban.“
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In der Vergangenheit sorgten Fälle in Köln für Wirbel, bei denen die Stadt in ihrer Not, Menschen unterbringen zu müssen, horrende Mietzahlungen für Hotels und Pensionen geleistet hat. Die Kritik war groß, da es sich um Steuergelder handelt. Was bezahlt die Stadt für die angemietete Jugendherberge?
Dazu teilt die Stadt auf Anfrage mit: „Inhaltliche Details können aus vertragsrechtlichen Gründen nicht mitgeteilt werden.“
Werden Jugendliche nach einem Halskettenraub von der Polizei geschnappt, geben viele an, 13 Jahre alt oder jünger zu sein. Die Kölner Polizei hat da Zweifel ...
Viele dieser Jugendlichen, so die Kölner Polizei, wüssten genau: Wer jünger als 14 Jahre ist, geht in Deutschland straffrei aus. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder noch nicht verstehen, wann sie etwas Unrechtes tun und daher ihr Verhalten nicht entsprechend anpassen können. Bei einigen ertappten Verdächtigen, die älter wirkten, hat die Polizei medizinische Altersgutachten in Auftrag gegeben.
Haben die Kinder und Jugendlichen keine Papiere?
Viele haben laut Polizei keine Dokumente, weil diese vor oder während der Flucht verloren gingen oder von Schleusern einbehalten wurden. Der Behörde sind auch Fälle bekannt, bei denen die Minderjährigen ihre Ausweispapiere bewusst weggeworfen haben, damit sie erst einmal nicht belangt werden können.
Können die auffälligen Jugendlichen abgeschoben werden?
Die Gruppe der unbegleiteten Minderjährigen ist grundsätzlich vor Abschiebung geschützt. Eine Rückführung sei nur in Ausnahmefällen möglich. Nach dem Aufenthaltsgesetz nur dann, wenn „Familienangehörige oder eine geeignete Einrichtung im Herkunftsland die Betreuung des Kindes gewährleisten können“.