„Höhle der Löwen“-TeilnehmerKölner Gründer will 4-Stunden-Woche
Köln – Der Kölner Gründer Philipp Maximilian Scharpenack (34) war selbst schon ganz unten. Er wuchs in einem reichen Elternhaus auf. Dann ging es plötzlich bergab. Er putze, räumte Regale im Supermarkt ein und arbeitete am Hochofen, um sich als 16-Jähriger etwas dazu zu verdienen.
Sein bewegtes Leben zeigte ihm, was es heißt, ganz unten und dann plötzlich erfolgreich zu sein. Mittlerweile hat der Wahl-Kölner mehre Firmen gegründet. Das aus der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ bekannt gewordene Unternehmen „Suckit“, das Wassereis mit Alkohol produziert, ist nur eines davon.
Mitten in der Corona-Krise hat er nun einen Podcast gestartet und wirbt in seinem neuen Buch für eine Vier-Stunden-Arbeitswoche, die er selbst seit vielen Jahren lebt.
Herr Scharpenack, „Die Höhle der Löwen“ hat Sie 2016 mit Ihrem Startup „Suckit“ abgewatscht. Wie sehen Sie die Teilnahme an der Vox-Show rückblickend?
Ich fand das damals super gut. Erst einmal hat die Teilnahme an der Vox-Show mir persönlich sehr viel gebracht. Die Sendung hat mir die Chance gegeben, meine Firma und mein Produkt vor einem Millionenpublikum zu präsentieren. Die Präsentation habe ich zwar bei der Kundenakquise bei jedem Supermarkt so gemacht, aber bei Vox in diesem riesigen Rahmen hat mir das besonders viel Spaß gemacht.
Wir haben natürlich auch gemerkt, dass der Auftritt eine gute Medienaufmerksamkeit nach sich gezogen hat und das war für unser Startup von Vorteil. Ich würde es nach wie vor jedem Gründer und jedem Unternehmer empfehlen mitzumachen, auch wenn es keinen Deal gibt.
Unter welchen Voraussetzungen würden Sie sich nochmal bei „Die Höhle der Löwen“ vorstellen?
Ich würde sofort nochmal teilnehmen, wenn ich nochmal eine neue Firma gründen würde, die sozusagen einen einfach verständlichen Business-Case hat. Also ein Geschäftsmodell, das einfach zu verstehen ist.
Das könnte ich mir sofort vorstellen und würde wieder bei „Die Höhle der Löwen“ auftreten.
Nun sind Sie in einem klassischen Business und Buchautor, Sie beschreiben ein Leben mit nur vier Stunden Arbeit pro Woche. Wie sehen Sie diesen Ansatz in der Corona-Krise, in der viele unfreiwillig weniger arbeiten?
Die 4-Stunden-Arbeitswoche als Vorschlag ist sehr plakativ. Doch ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass viele Menschen lange in einer Art offenem Vollzug leben. Das heißt, Menschen müssen morgens zur Arbeit und dort ihre Zeit absitzen, obwohl sie vielleicht zu Hause, im Garten oder im Park eine höhere Effizienz haben würden.
Ich erlebe das auch in meinem persönlichen Umfeld. Viele merken gerade, was es heißt, eine Stunde konzentriert ohne Handy und Ablenkung zu arbeiten. Auch in einer Stunde kann man alles schaffen und abarbeiten, was man sich vorgenommen hat.
Gibt es Ausnahmen, die Ihren Ansatz nicht umsetzen können?
Ich bekomme häufig das Feedback, dass es sich ohne Kaffeepausen und Geschichten vom Kollegen über das Wochenende effizienter arbeiten lässt. Ich sage: Effizienz ist unabhängig vom Arbeitsort. Mit meinem Buch möchte ich auch ausdrücken, dass Effizienz nicht immer an Zeit, beziehungsweise an Arbeitszeit gebunden ist. Natürlich gibt es aber auch Jobs, die davon ausgenommen sind.
Ausnahmen sind zum Beispiel Ford-Arbeiter am Fließband oder alle Pflegeberufe und Polizisten. Doch bei vielen neuen Berufen im Beratungs- und Kreativbereich geht das auf jeden Fall.
Wie genau sieht die weniger starre Arbeitszeit in einem Ihrer Startups aus?
Meinem Vertriebler bei „Suckit“ habe ich damals zum Beispiel gesagt, dass er als Zielvorgabe zehn Supermärkte als Akquise an einem Tag generieren soll. Ob er das im Büro macht und ob er das in acht Stunden macht – oder in nur einer Stunde, das war mir völlig egal.
Am Ende des Tages ist das Ergebnis entscheidend. Ich glaube und hoffe, dass die Corona-Zeit dazu führt, dass Arbeitnehmer und Selbstständige merken, dass sie auch im Homeoffice auf dem Balkon produktiv waren. Und, dass sie dadurch neu gewonnene Zeit anderweitig effizient nutzen konnten.
Ob persönliche Weiterbildung oder Sprachen lernen, diese zusätzliche Bildung kommt dem Arbeitgeber zu Gute. Letztendlich ist nur ein zufriedener Mitarbeiter ist ein guter Mitarbeiter – das war schon immer so.
Bedeutet weniger Arbeit in der aktuellen Corona-Zeit mit Kurzarbeit und Lohnausfall nicht auch gleichzeitig weniger Geld?
Nach dem Tod meines Vaters und der schwierigen Situation zu Hause hatte ich Existenzängste. Ich hatte auch Angst, meine Freunde zu verlieren und viele Jobs, um als eines von fünf Kindern etwas dazu zu verdienen. Diese Lage hat bei mir aber damals dazu geführt, dass ich mehr Vertrauen ins Leben bekommen habe und mehr im Moment gelebt habe.
Ich habe in diese Zeit das Kölsch für 70 Cent vom Kiosk am Rhein mit meinem Kumpel mehr genossen. Das war für mich genauso schön, wie in eine besondere Bar zu gehen und dort einen Cocktail für acht Euro zu kaufen. Ähnlich erlebe ich das aktuell in der Corona-Krise auch in meinem Freundeskreis.
Wir können entweder den Kopf in den Sand stecken oder kreativ und aktiv werden und versuchen, die schwierige Lage positiv für unser Business zu nutzen. Auch mein Umfeld ist gerade bereit zum Aufbruch. Ein Freund hat sich dazu durchgerungen, ein neues „Take-Away“-Konzept für seine Gastronomie zu entwickeln. Die Krise birgt auch Chancen, ich glaube, das ist gerade ein wichtiger Ansatz.
Trotzdem geht es der Wirtschaft größtenteils schlecht und viele Kölner haben weniger Geld in der Tasche, wie können wir damit umgehen?
Es gibt gerade zwar weniger Geld, aber dafür gibt es in der Corona-Krise ein anderes wichtiges Gut und das ist Zeit. Diese neue gewonnene Zeit können wir dazu nutzen, kreativ an Geld zu kommen. Es ist wie bei mir damals. Ich wusste, entweder ich putze weiterhin und bin der Tellerwäscher in der Küche oder ich packe es an und schaue, wie ich kreativ werden kann.
Ich entdecke gerade bei vielen Menschen neue Kreativität, durch die freie Zeit, die sie in der Krise bekommen haben. Der Mensch passt sich immer seinem Budget an. Ich habe viele Menschen in meinem Umfeld, die sich jetzt mehr Gedanken machen, wo sie vielleicht zu lange sinnlos Geld ausgegeben haben.
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Es kann Sinn machen, ein Haushaltsbuch zu führen und Ausgaben und Einnahmen neu zu überdenken. Gerade ist es an der Zeit, sich zu fragen: Brauche ich diesen teuren Leasing-Wagen eigentlich? Oder steige ich lieber auf die KVB um und tue damit auch der Umwelt noch etwas Gutes? In der Corona-Krise sollten wir uns fragen, wo wir sparen können und was wir noch lernen wollen.
Welchen Rat haben Sie für Kölner Berufstätige, die sich gerade fragen, wie es weitergehen soll?
Corona ist jetzt da, das können wir alle nicht ändern. Aber ich hoffe, dass es eine Akzeptanz dafür gibt, die dann in den Aufbruch übergeht. Eine Freundin von mir ist gerade in Kurzarbeit und hat in ihrer freien Zeit nun mit einem Blog angefangen. Jetzt macht es ihr so viel Spaß, dass sie überlegt, ihren Job aufzugeben, weil ihr das so viel Freude macht. Es geht gerade viel ums Verlieren, aber dann geht es auch wieder ums Aufstehen.
Wir müssen den Mut fassen, unsere Kraft neu zu generieren. Dann müssen wir uns den Staub von der Kleidung klopfen und uns fragen, was will ich eigentlich noch vom Leben und was will ich noch lernen? Dann können wir es auch in der Corona-Krise wagen, mit neuen Ideen nach vorne zu gehen.
Das Buch von Maximilian Scharpenack ist im Finanzbuch Verlag erschienen und heißt: „Life to the Max. Meine abenteuerliche Reise zu einem Leben mit nur vier Stunden Arbeit pro Woche.“