Festkomitee bezieht StellungNach Bundesliga-Urteil: Angst vor Kosten-Schock im Kölner Karneval

Das DFL-Urteil zu Hochrisikospielen könnte weitreichende Auswirkungen haben. Auch beim Kölner Festkomitee wird genau hingeschaut.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Dienstag (14. Januar 2025) ein Urteil gefällt, das weitreichende Folgen haben könnte. Bundesländer dürfen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen.

Das Urteil betrifft Spiele, bei denen besonders heftige Fankrawalle in der Stadt erwartet werden, meist Derbys. Das Bundesland Bremen hatte der DFL 2015 nach einem Spiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV im Weserstadion eine Rechnung in Höhe von 425.000 Euro gestellt.

Gewerkschaft der Polizei: „Betrifft alle kommerziellen Großveranstaltungen“

Die DFL zog dagegen vor Gericht, hatte aber schon 2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig keinen Erfolg. Jetzt scheiterte auch die letzte Möglichkeit, die Verfassungsbeschwerde. Nach dem Urteil gehen einige davon aus, dass die Entscheidung Signalwirkung haben könnte. Grundsätzlich geht es um das „Verursacherprinzip“ bei kommerziellen Veranstaltungen mit mehr als 5000 Personen.

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Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte das Urteil. „Es kann nicht sein, dass jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten“ werde, „aber die milliardenschwere DFL die Arbeit zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt“, erklärte ihr stellvertretender Vorsitzender Heiko Teggatz.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ging schon einen Schritt weiter. Das Urteil habe eine weitreichende Bedeutung, sagte der Vorsitzende Jochen Kopelke voraus. „Es betrifft nicht mehr nur die Polizeieinsätze bei Fußballspielen, sondern alle kommerziellen Großveranstaltungen mit Konfliktpotenzial.“ Und da kommt vielen der Karneval mit den bevorstehenden Umzügen in den Sinn.

Das Urteil müsse fair und gleich auf alle öffentlichen Großveranstaltungen angewendet werden, sagte auch Thomas Kessen von der Fan-Organisation „Unsere Kurve“. „Wir erwarten nun vom Freistaat Bremen jährliche Rechnungen an die Veranstalter des Bremer Freimarkts. Auch das Münchner Oktoberfest, der Kölner Karneval und die Silvesterpartys am Brandenburger Tor müssen den Veranstaltern in Rechnung gestellt werden.“

Marc Michelske und Christoph Kuckelkorn.

Marc Michelske (l.) ist der neue Rosenmontagszugleiter. Festkomitee Präsident Christoph Kuckelkorn bleibt nach dem Urteil aus Karlsruhe entspannt.

Ob dies die Gesellschaft wolle, dürfe bezweifelt werden – „und ebenso zweifelhaft ist das heutige Urteil“. Auch Philip Krämer (stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses Bündnis90/Die Grünen) kritisierte das Urteil: „Ich bin weiterhin der Ansicht, dass grundsätzlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit im öffentlichen Raum zu den Kernaufgaben des Staates gehört.“

Beim Festkomitee Kölner Karneval blieb man nach Rücksprache mit Juristen sehr entspannt. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich auf sogenannte Hochrisikospiele im Fußball, es ist kein Urteil mit Allgemeingültigkeit für alle Arten von Veranstaltungen“, sagte Vorstandsmitglied Michael Kramp auf EXPRESS.de-Nachfrage.

Festkomitee Kölner Karneval: „Sehen keine Relevanz für uns“

„Eine Situation wie bei einigen Fußballspielen mit Gewaltbereitschaft unter den Fans und regelmäßigen Ausschreitungen haben wir weder beim Rosenmontagszug noch bei den vielen Veedelszöch. Das sind friedliche, fröhliche Veranstaltungen, die zum anerkannten und besonders schützenswerten Kulturgut Karneval gehören. Daher sehen wir bei diesem Urteil keine Relevanz für uns.“

Im Jahr 2024 sorgten rund 2000 Polizeikräfte beim Rosenmontagszug des Kölner Karnevals für Sicherheit. Hinzu kamen private Sicherheitskräfte, welche von Gesellschaften, dem Festkomitee oder externen Sicherheitsunternehmen gestellt wurden.

Auch DFL-Anwalt Bernd Hoefer sieht im Urteil keinen Anlass, Einsätze bei allen Spielen oder generell bei Großveranstaltungen in Rechnung zu stellen. „Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht heute gesagt, dass es ein Gemeinwohlinteresse auch an der Ausrichtung von Spielen der Fußball-Bundesliga gibt.“

Die Bundesliga-Teams in NRW sollen laut Innenminister Herbert Reul (CDU) keine Einsätze bezahlen müssen. „Polizeieinsätze dürfen kein Preisschild haben“, sagte der 72-Jährige. Das könnte man auch als Fingerzeig für den Karneval und andere Events werten. „Für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, ist ein Versprechen des Staates an seine Bürger“, so Reul.

Für alle Polizeieinsätze in Deutschland wegen Spielen der ersten und zweiten Bundesliga werden laut Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) insgesamt 1,6 Millionen Einsatzstunden erbracht. Allein die Personalkosten dafür lägen bei mehr als 104 Millionen Euro.