Neuwahlen mitten im Karnevalsendspurt. Welche Auswirkungen hat der Termin auf Wahlhelfer, Wagenbauer, Redner und TV-Anstalten? EXPRESS.de fragte in der jecken Szene nach.
Vier Tage vor WeiberfastnachtNeuwahlen sorgen für Stress im Karneval – „im Kopf qualmt es schon“
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Bundeskanzler Olaf Scholz fuhr 2024 im Kölner Rosenmontagszug als Faultier mit. Im kommenden Jahr dürfte er nicht mehr solch eine prominente Rolle spielen.
Nach dem Ampel-Aus in Berlin steht Deutschland vor Neuwahlen. Am 23. Februar 2025 wird ein neuer Bundestag gesucht – vier Tage vor Weiberfastnacht.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Moll (55) kommentierte das, als sie Olaf Scholz (66) zufällig am Fahrstuhl traf, mit rheinischem Gemüt: „Wird bei uns aber lustig: Wahlkampf im Karneval, Wählen im Karneval – Jesses Maria! Ich geh‘ im Clown-Kostüm wählen“, sagte die Frau aus Eschweiler zum Kanzler.
Bundestagswahl am 23. Februar 2025: Festkomitee will mit Wagen warten
Hinter dem Spaß unter Genossen steckt aber die Frage, inwiefern der Endspurt im wilden Karnevalstreiben Einfluss auf die wichtige Wahl haben könnte. An jenem Sonntag ist in Köln von frühmorgens (Herrenfrühschoppen im Brauhaus Sion) bis tief in die Nacht („Lachende Kölnarena“) wieder viel los.
Pullman-Hotel, Kristallsaal, Theater am Tanzbrunnen, Wolkenburg, Flora, Maritim-Hotel, Stadthalle Köln, Sartory, Gürzenich, E-Werk – überall tobt am Wahltag das karnevalistische Treiben auf der Zielgeraden. „Die Erfahrung zeigt, dass sich ehrenamtlich aktive Menschen oft in verschiedenen Bereichen gleichzeitig engagieren“, sagt Christoph Kuckelkorn (60), Präsident des Festkomitees Kölner Karneval.
Viele Menschen, die im Karneval aktiv sind, melden sich meist auch hilfsbereit für die Wahlen. „Die Chancen stehen dennoch gut, gerade in Köln, wo Zehntausende Ehrenamtliche den Karneval gestalten, auch genügend Wahlhelfer zu finden. Ich denke nicht, dass sich die Karnevalssession negativ auf die Organisation der Wahlen auswirken wird“, sagt Kuckelkorn auf EXPRESS.de-Nachfrage.
Mehr Probleme bekommen schon die Wagenbauer um den neuen Zugleiter Marc Michelske (40) für den Rosenmontagszug. Einige Entwürfe mit bisherigen Mitgliedern der Regierung dürften hinfällig sein. Acht Tage nach der Wahl rollt dann der Zoch durch die Stadt.
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Marc Michelske (l.) ist der neue Rosenmontagszugleiter. Er wird mit Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn aufgrund der Wahlen noch einmal kurzfristig an die Wagen gehen müssen.
„Für den Rosenmontagszug halten wir sicherlich noch ein, zwei Wagen zurück, die dann erst sehr kurzfristig gestaltet werden. Damit rechnen wir im Grunde jedes Jahr. Wir wollen so aktuell wie möglich sein und haben in der Vergangenheit auch schon Wagen über Nacht umgebaut und mit nasser Farbe durch den Zoch fahren lassen“, sagt Kuckelkorn.
Dass die Bundestagswahl unmittelbar vor den tollen Tagen steigt, ist auch für die Redner eine Herausforderung. Die ZDF-Mädchensitzung wird bereits am 15. Januar aufgezeichnet, dann jedoch erst an Weiberfastnacht ausgestrahlt. Die ARD-TV-Sitzung wird am 19. und 21. Februar aufgenommen, aber erst nach der Wahl an Rosenmontag gesendet. Heißt: Die Menschen in der Bütt wissen bei den Aufzeichnungen nicht, wie die künftige Regierung aussehen wird, das TV-Publikum beim Betrachten sehr wohl.
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Jörg Runge wird als „Tuppes vum Land“ wieder auf den Bühnen zu sehen sein. Er will seine Rede während der Session stets aktualisieren.
„Die Mainzer sind da diesmal klar im Vorteil, weil deren Sitzung am Freitag vor Rosenmontag live ausgestrahlt wird“, sagt Jörg Runge (52). Der „Tuppes vum Land“ findet die Situation aber durchaus spannend.
„Es macht ja auch Spaß, das zu verarbeiten. In meinem Kopf qualmt es derzeit ganz schön.“ Nur eins ist dem Redner sehr wichtig: „Ich hoffe, dass viele Menschen trotz des jecken Trubels zur Wahl gehen oder Briefwahl machen, um die Demokratie zu stärken. Sonst haben wir schon am Sonntagabend Aschermittwoch.“
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Karnevals-Redner Martin Schopps hofft, dass die TV-Sender bei der Ausstrahlung der Sitzungen genau darauf achten, ob die Reden noch aktuell sind.
Martin Schopps (50) sieht im Wahltermin auch keine große Hürde für sein Programm. „Ich bin ohnehin nicht als politischer Kabarettist bekannt“, sagt er zu EXPRESS.de. „Ich glaube, dass die Leute lieber etwas Blödsinn aus ihrem Alltag hören wollen. Natürlich werde ich ein, zwei Strophen zur Wahl in mein Krätzchen einbauen und ein paar Sprüche fallen lassen. Die TV-Sender müssen dann bei der Ausstrahlung genau schauen, ob das alles noch so passt und zur Not schneiden oder untertiteln. Aber im Grunde kann sich ja jeder vorstellen, wie die Wahl ausgehen wird.“
Redner JP Weber (48) kommentierte die Lage gewohnt bissig: „Wollt ihr mich wirklich verar…? Das ist eine Woche vor Karneval, da hab‘ ich Session. Das Einzige, was ich da auf so ‘nem Zettel wählen will, ist Blaue oder Rote Funken“, sagte er grinsend. Die Neuwahlen haben weitere Folgen: Auch 2029 muss dann wieder im Winter gewählt werden. Am 12. Februar ist dann bereits Rosenmontag …