Kölner KarnevalAngst vor erneuter Party-Eskakation auf Uniwiesen – Zeit wird knapp

Menschen feiern den 11.11.2023 auf den Kölner Uniwiesen.

Am 11.11.2023 strömten zehntausende Menschen auf die Ausweichflächen der Uniwiesen.

Weiberfastnacht steht vor der Tür – aber wo dürfen und sollen die tausenden Jecken feiern? Etwa wieder auf den Uniwiesen und dem gesamten Inneren Grüngürtel?

von Niklas Brühl  (nb)

Wohin mit den Menschenmassen an einem der Großkampftage einer jeden Karnevalssession?

Am 11.11. und an Weiberfastnacht hieß die Lösung seit November 2022, dass im Inneren Grüngürtel eine Ausweichfläche für die überfüllte Zülpicher Straße geschaffen wurde. Mit Bodenplatten sollte das Landschaftsschutzgebiet rund um die Uniwiesen vor schweren Folgeschäden geschützt werden.

Karneval auf Kölner Uniwiesen: „Stadtdirektorin Blome kann sich nicht weiter verstecken“

Vor allem am 11.11.2023 strömten aber so viele Feierwütige in diesen Bereich, rund 50.000 Menschen, dass die geschützten Flächen nicht ausreichten und die Menschenmasse sich bis zum Aachener Weiher erstreckte.

Alles zum Thema Weiberfastnacht

Für die Umweltschützerinnen und -schützer vom BUND Köln soll damit nun endlich Schluss sein. In sechs Wochen steht Weiberfastnacht an – ist der Menschenauflauf im Inneren Grüngürtel noch zu stoppen?

Dr. Helmut Röscheisen, Vorstandsmitglied im BUND, ist am Freitag (5. Januar 2024) im Rahmen eines Pressetermins auf den Uniwiesen vorsichtig optimistisch: „Angesichts des Ausmaßes an Schäden im Landschaftsschutzgebiet kann sich Stadtdirektorin Andrea Blome nicht länger hinter ordnungsrechtlichen Maßnahmen und dem Hinweis auf Gefahrenabwehr verstecken. Die sogenannte Gefahrenabwehr als Dauerbegründung ist nicht länger haltbar.“

Die Feierlichkeiten sind nicht als Veranstaltung, sondern als Gefahrenabwehr definiert. Eine Veranstaltung ist in dem Landschaftsschutzgebiet nämlich verboten und könnte nur durch eine Befreiung theoretisch erlaubt werden.

Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:

Dr. Helmut Röscheisen und der BUND kämpfen bereits seit über einem Jahr gebetsmühlenartig gegen die Ausweichflächen auf den Uniwiesen an, im vergangenen Jahr wurde diese Beschwerde von der Bezirksregierung Köln allerdings nicht aufgegriffen.

Anders sieht das heute aus: Es wurde einer weiteren Eingabe des Naturschutzvereins stattgegeben, eine Entscheidung ist noch ausstehend. „Die Argumente der Stadt für die Ausweichflächen sind mittlerweile erschöpft und nicht mehr zu vertreten. Ich bin optimistisch, dass die Verantwortlichen damit nicht mehr durchkommen“, sagt Dr. Helmut Röscheisen.

Kölner Karneval: „Aachener Weiher glich einer Mülldeponie“

Vor allem, nachdem am 11.11.2023 massive Schäden auf den nicht geschützten Flächen des Hiroshima-Nagasaki-Parks und im Gewässer des Aachener Weihers entstanden sind. Der öffentliche Druck und die Verärgerung der Anwohnerinnen und Anwohner wächst. Coletta Scharf wohnt im Viertel und ist zudem Mitglied im BUND.

Dr. Helmut Röscheisen, Coletta Scharf und Jörg Frank vom Naturschutzverein BUND stehen auf den Uniwiesen.

Dr. Helmut Röscheisen, Coletta Scharf und Jörg Frank vom Naturschutzverein BUND machten am Freitag (5. Januar 2024) erneut auf die Schäden im Inneren Grüngürtel aufmerksam.

Wenn sie an den Massenauflauf vor allem junger Jecken im vergangenen November zurückdenkt, wird sie sichtlich zornig: „Rund um den Aachener Weiher glich die Szenerie einer Mülldeponie. Diese Flächen ebenfalls durch Bodenplatten zu schützen, ist aufgrund der Steigungen der Wiesenflächen nicht möglich. Unmengen von Müll wurden achtlos in die Natur geworfen, die Wege und Wiesen waren gepflastert von Scherben, die Wäldchen wurden als Toiletten benutzt. Im Weiher selbst habe ich alleine am 12. November 270 Glasflaschen gezählt, die auf dem Wasser getrieben sind – wie viele bereits untergegangen waren, lässt sich nur erahnen.“

Müll liegt einen Tag nach dem 11.11.2023 rund um den Aachener Weiher herum.

So sah es am Tag nach dem 11.11.2023 rund um den Aachener Weiher und dem gesamten Hiroshima-Nagasaki-Park aus: Müll, wohin man auch schaut.

Dies habe für die Umweltschützerin vor allem verheerende Folgen für die ansässigen, schützenswerten Vogelarten im Inneren Grüngürtel. Sie selbst habe einzelne Habichte, Teichhühner und Tiere weiterer Arten gesehen, die aufgrund der Glasscherben Löcher in den Schnäbeln hatten und daran später elendig verhungert sind.

Weiberfastnacht: Alternativveranstaltung und Ausweichflächen auf den Uniwiesen?

Die geplante Alternativveranstaltung auf dem Hohenstaufenring, die von der Stadt anberaumt wird, sei ein Anfang. Was den Mitgliedern vom BUND allerdings weiterhin ein Dorn im Auge ist: Die Alternativflächen an den Uniwiesen sollen nebenbei noch weiterhin Bestand haben. Es ist bislang also keine Ablösung des Landschaftsschutzgebietes, sondern nur eine zusätzlich angedachte Alternative für die Feiernden.

„Ob das nun von Oberbürgermeisterin Reker initiierte Großevent an Weiberfastnacht auf dem Hohenstaufenring, für das plötzlich 320.000 Euro an städtischen Mitteln verausgabt werden sollen, den Anwohnenden im Zülpicher Viertel oder gar dem Grüngürtel helfen wird, muss sich erst noch zeigen“, kritisierte BUND-Mitglied Jörg Frank.

„Der Gipfel der Ignoranz besteht jedoch darin, dass der Grüngürtel an Weiberfastnacht trotz neuem Großevent erneut als faktische Eventfläche der Verwüstung preisgegeben wird. Der Schutz des Grüngürtels und eine echte Feier-Alternative für das junge Publikum zu ermöglichen, wäre die Pflicht von Verwaltungsspitze und Rat“, sagt Jörg Frank weiter.

Der BUND selbst hatte bereits im vergangenen Jahr ein Alternativevent auf der Nord-Süd-Fahrt ins Spiel gebracht, dieser Vorschlag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt.

Wenige Wochen vor Weiberfastnacht ist noch nicht klar, wie die Stadt auf die wieder zu erwarteten zehntausenden Jecken reagieren wird. Klar ist jedoch: Es ist Zeit für Entscheidungen, denn die Zeit wird knapp.